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Die Lebküchnerin

Die Lebküchnerin

Titel: Die Lebküchnerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sybille Schrödter
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meinem Körper entdeckt hätte. Stell dir vor, als ich der Baderin davon berichtete, meinte sie, das könne Aussatz sein. Ich glaube es nicht. Nur weil ich dort, wo diese Flecken sind, nichts mehr fühle?«
    »O Gott im Himmel!«, rief er aus. »Geh! Fass mich nicht mehr an! Hörst du? Hände weg!«
    Das ließ sich Benedicta nicht zweimal sagen. Schwer atmend hob der Wärter seine Bruche auf und wickelte sie sich hastig um den Leib.
    »Bleib weg!«, schnaubte er. »Komm mir nicht zu nahe, Weib! So was wie du, das gehört auf den Siechkobel.«
    Daraufhin lief er so schnell los, dass sie ihm kaum folgen konnte. Im Nu waren sie beim Eingang angelangt. Er blieb stehen und brüllte: »Fort mit dir!«
    Der andere Wärter machte eine lüsterne Anspielung darauf, ob sein Freund den Spaziergang durch die einsamen Gänge genossen habe, doch der junge Aufseher zischte nur: »Schweig!«
    Benedicta eilte grußlos an den beiden Männern vorbei, die Treppen hinauf und dem Licht entgegen. Draußen atmete sie erst einmal erleichtert auf und sog begierig die Sommerluft ein. Die Luft in den Gassen, die ihr am ersten Tag in Nürnberg so vorgekommen war, als stänke sie gen Himmel, empfand sie in diesem Augenblick als frisch und rein. Im Rathausbrunnen wusch sie sich gründlich die Hände, bis sie nichts mehr daran erinnerte, welchen Dienst der Wärter für seine Freundlichkeit erwartet hatte. Dann hockte sie sich auf den Brunnenrand und grübelte angestrengt über die Frage nach: Wer konnte wirklich etwas für Crippin tun? Schließlich fiel ihr ein einziger Mensch ein, der das drohende Unrecht noch verhindern konnte, aber nur, wenn er redlich war. Wenn dieser Jemand gemeinsame Sache mit Burchard machte, war Crippin verloren. Doch das konnte Benedicta erst beurteilen, wenn sie ihn aufsuchte und von ihrem Verdacht berichtete.

35
    Das Bäckerhaus in der Stöpselgasse war prächtiger als das von Meister Burchard und auch das von Crippin. Es besaß ein Stockwerk mehr, eine mit vielen Quer- und Längsbalken gebaute Fassade, einen Erker und sogar einen kleinen Laden im Haus, wo Bäckermeister Ebert sein Brot verkaufen konnte.
    Zögernd betrat Benedicta das Geschäft. Es bestand aus einem Tisch, der die Backstube vom Verkaufsraum trennte. Ein bulliger Mann mit roten Haaren stand dahinter und fragte sie freundlich nach ihren Wünschen.
    »Ich möchte zu Bäckermeister Ebert.«
    »Der bin ich«, erwiderte er und lächelte.
    Das Lächeln wird ihm sicher gleich vergehen, befürchtete Benedicta. Sie räusperte sich. »Ich komme wegen Eures Sohnes.«
    Schon verfinsterte sich das Gesicht des Bäckermeisters. »Was hat der Faulpelz nun schon wieder angestellt? Und wer bist du überhaupt?«
    »Ich bin Brunhild, die Schwester von Anselms Weib.«
    »Ach, so ist das, du bist eine von diesen hergelaufenen Frauenzimmern, deretwegen der gute Anselm die arme Lukarde verschmäht hat.«
    Benedicta holte tief Luft und versuchte, den Vorwurf einfach zu überhören. »Ihr wollt wissen, was ich gegen Gieselbert vorzubringen habe. Das ist nicht ganz einfach, weil ich keine Beweise habe.«
    »Nun rede nicht länger drum herum, sondern rück damit heraus, was du willst. Aber ich sage dir gleich. Ein Verdacht ohne Beweis, damit kannst du mich nicht beeindrucken.«
    Benedicta geriet ins Schwitzen. Es war nicht nur die Hitze der Backstube, die ihr zusetzte, sondern die Furcht, der Bäckermeister könne wirklich mit Burchard unter einer Decke stecken.
    »Meister Heller sitzt im Lochgefängnis, weil sein Brot zu wenig wiegt.«
    Ebert lachte dröhnend. »Meister Heller doch nicht! Er ist der Bravste von allen, der eher Brot verschenken würde, als die Kunden zu betrügen.«
    »Genau das denke ich auch. Aber es gibt zwei Zeuginnen, denen er das Brot verkauft haben soll.«
    »Aber das kann doch nur ein Irrtum sein. Was sind schon zwei Zeuginnen, wenn es um einen Mann mit einwandfreiem Leumund geht? Da werden wir einen Gegenzeugen bringen, der bestätigt, dass so etwas in der Backstube des Meister Heller nicht vorkommt.«
    Und bevor Benedicta etwas sagen konnte, hatte der Bäckermeister bereits laut nach seinem Sohn geschrien.
    »Auf Gieselbert werden sie hören, denn er steht schließlich mit ihm in der Backstube. Und da kann der gute Heller nichts treiben, was den Augen seines Lehrjungen entgeht. Wir schicken ihn gleich zum Gericht.«
    Benedictas Knie wurden weich. Ihr Mund war so trocken, dass sie kein Wort hervorbrachte, aber sie musste etwas sagen. Sonst hatte sie

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