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Die leere Wiege: Roman (German Edition)

Die leere Wiege: Roman (German Edition)

Titel: Die leere Wiege: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ruth Dugdall
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zu spät.«
    »Gut, aber warte noch einen Moment.«
    Widerwillig streifte ich die Jacke über und sprang die Treppe hoch. Du lagst auf dem Sofa und trankst Bier.
    »Jason?«
    Dein Blick blieb auf den Fernseher gerichtet.
    »Macht es dir was aus, wenn ich für ein paar Stunden fort bin?«
    »Nein«, sagtest du mit gleichmütigem Lächeln.
    »Ich bleibe auch nicht lange.«
    »Lass dir ruhig Zeit.« Du nahmst dein Handy und begannst, durch deine SMS zu scrollen.
    Ich bückte mich und gab dir einen Kuss, ehe ich wieder nach unten ging und Annie verfluchte, weil sie mir die Zeit stahl, die ich dir widmen wollte.
    Annie stand draußen in der Kälte und winkelte ihren Arm an, damit ich mich einhaken konnte. Im Marschtempo legten wir den Weg zum Gemeindehaus zurück.
     
    »Sie freut sich, Sie zu sehen«, erklärte Maureen.
    Ich wusste sofort, von welcher »Sie« die Rede war, denn ich war schon so oft hier gewesen, dass Rita nicht mehr vorgestellt werden musste. Auch die älteren Damen, die regelmäßig kamen, wussten Bescheid und drehten sich lächelnd nach mir um.
    »Sie hat auf Sie gewartet. Es ist ja auch schon eine Weile her, seit Sie zum letzten Mal bei uns waren.«
    Annie warf mir einen vorwurfsvollen Blick zu.
    Ich wurde rot. »Ich hatte viel zu tun.«
    Maureen nickte. »Rita sagt, dass sie das weiß. Sie haben jemanden kennengelernt.«
    »Ja.«
    »Rita sagt, er sehe gut aus, nur seine Haare seien zu lang.«
    Ich lachte, denn das war typisch für Rita. Sie zog Männer vor, die Preisboxern ähnelten, mit Muskelbergen und Glatze.
    »Ihre Mutter ist auch hier, Rose.«
    Ich bekam eine Gänsehaut, denn meine Mutter erschien nur selten, und wenn, dann blieb sie meistens stumm. »Was sagt sie?«
    »Es geht um ihn. Um diesen Mann.«
    »Und?«
    »Sie mag ihn nicht, Rose. Sie sagt, er schätze Sie nicht genug.«
    Die Wahrheit zu hören passte mir nicht. Ich versuchte, das Beste daraus zu machen. »Wir kennen uns doch auch erst seit wenigen Wochen.«
    »Ihre Mutter sagt, dass er eine andere liebt.«
    »Er ist frisch geschieden. Deshalb ist er noch nicht ganz über sie hinweg.«
    Mit einem Mal trat Maureen auf mich zu und sah mich tief besorgt an. »Ihre Mutter sagt, es sei gefährlich. Sie sollten die Beziehung beenden, am besten sogleich, denn jetzt können Sie es noch. Ihre Mutter möchte Sie vor Leid bewahren.«
    Annie tätschelte meinen Arm mit ihrer runzligen Hand. Maureen sah mich noch immer an, so intensiv, dass ich nach Atem rang.
    »Ich möchte, dass er bei mir bleibt.«
    Maureen schwieg. Plötzlich war nur noch das Weiße in ihren Augen zu sehen. Dann tauchten die Pupillen wieder auf, zwei schwarze Punkte, die mich fixierten, und ich dachte, ich hätte meine Mutter vor mir.
    »Da ist ein Kind im Spiel.«
    Mein Herz machte einen Satz. »Unser Kind?«
    »Seines. Es wird Sie beide für immer verbinden, aber es wird schmerzhaft für Sie sein.«
    Was sollte das bedeuten? Meinte sie den Schmerz bei der Geburt?
    »Ihre Mutter bittet Sie, diesen Mann zu verlassen.«
    Ich befreite meinen Arm aus Annies Hand. »Das kann ich nicht.«
    Maureen stand so dicht vor mir, dass ich ihren Atem roch, süß und scharf zugleich, als hätte sie Rum getrunken. »Tun Sie es bald. Denn wenn das Kind erst da ist, sind Sie aneinander gefesselt. Sie werden nie mehr frei sein.«
    Ihr Blick durchbohrte mich auf eine Weise, die ich unerträglich fand.
    »Okay«, sagte ich, nur um sie loszuwerden. »Ich verlasse ihn.«
    Maureen starrte mich lange Zeit an. Dann lächelte sie. »Ihre Mutter ist verschwunden, Rose. Ich spüre eine neue Präsenz. Ist hier jemand, der in der Geisterwelt eine Katze namens Ginger hat?«
    Maureen näherte sich einer der alten Damen. Der Bann war gebrochen. Nur Annie schaute mich von der Seite an. Mein Gesicht brannte.
    »Jetzt weißt du, weshalb ich dich mitgenommen habe«, flüsterte sie, und ich spürte ihren dicken Schenkel an meinem. »Seit Wochen hat deine Mutter versucht, dich zu warnen. Maureen und ich waren der Meinung, dass du Bescheid wissen solltest.«
    »Ich will nach Hause, Annie. Den Tee und die Kekse lasse ich heute weg.«
    Annie drückte mich an sich. »Dann geh, Schätzchen. Tu, was deine Mum dir gesagt hat. Sie weiß, was für dich das Beste ist. Lauf los.«
    Ich lief tatsächlich los, denn ich sehnte mich so sehr nach dir, und in meiner Eile stolperte ich. Aber auf meine Mutter würde ich nicht hören. Ich konnte mich nicht von dir trennen, ganz gleich, wie sehr du Emma lieben mochtest. Schließlich hatte

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