Die leere Wiege: Roman (German Edition)
Schwangerschaftstest. Du reagiertest auf eine Weise, mit der ich nicht gerechnet hatte, denn du fingst an zu weinen. Du nahmst mich in die Arme und brachst in Tränen aus. Mit beiden Händen betastetest du meinen Bauch, und ich spürte, wie heiß sie waren. Deine Lippen berührten meinen Hals und glitten zu der Kuhle über meinem Schlüsselbein. Auch dein Atem war heiß.
»Wir werden ein Kind bekommen«, sagtest du. Es klang wie ein Gebet, leise und andächtig. Mir schwindelte vor Erleichterung, und ich überließ mich deinen Armen. »Aber ich liebe dich nicht, Rose.«
Du klangst mitleidig und kläglich, als wäre deine mangelnde Liebe etwas, auf das du keinen Einfluss hast.
»Könntest du es denn?«, fragte ich kaum hörbar. »Könntest du mich lieben?« Es war ein Flehen, demütig und bar jeder Scham.
Du bliebst stumm. Schließlich sagtest du: »Ich werde unser Kind lieben, das schwöre ich dir.«
Du berührtest meinen Bauch, als wolltest du den Schwur damit unterstreichen. Da wusste ich, dass du das Baby wolltest. Aus tiefstem Herzen. Mehr, als du Emma wolltest.
Ich hätte sagen können, dass ich es nicht wollte, wenn du nur wegen des Babys bei mir bliebst, aber das wäre eine Lüge gewesen. Ich wollte dich, ganz gleich, was es kostete, auch wenn du mich nicht liebtest. Wenn ich dich mit einem Baby einerseits an mich binden und andererseits von Emma fernhalten konnte, dann genügte mir das. Ich würde dich schon noch dazu bringen, mich zu lieben. Und wenn nicht, würdest du wenigstens bei mir bleiben.
Ich nahm dich in die Arme, wiegte dich und dachte an unser Baby. Ich würde nicht zulassen, dass Emma dich mir fortnahm.
Du schliefst ein. Meine Gedanken blieben bei Emma, rankten sich um die Frau, die ich nicht kannte, bündelten sich zu bitterer Eifersucht, verwandelten sich in süß schmeckenden Hass. Sie war die Frau, die du vor mir gehabt hattest. Tränen stiegen mir in die Augen. Ich wiegte dich im Rhythmus deines Atems. Ein paar deiner goldenen Locken fielen über mein Handgelenk, und ich dachte an Samsons Kraft und dass ich mir, wie Delila, ein Messer wünschte, um dir deine Kraft zu rauben, damit du mich nie mehr verlassen könntest. Doch meine Waffe war subtiler. Sie lag tief versteckt in meinem Bauch.
23.
In den folgenden Monaten gingst du sehr behutsam mit mir um. Streit gab es zwischen uns nicht mehr, nur noch Schweigen. Ich dachte, wir wären auf dem Weg, eine normale Familie zu werden, so wie ich es mir immer erträumt hatte. Zum ersten Mal in meinem Leben lief alles so, wie ich es wollte. Das Kind, das ich unterm Herzen trug, war in Sicherheit, und niemand konnte ihm etwas anhaben.
Mich machte die Schwangerschaft glücklich. Glücklich und primitiv, wie eine Füchsin, die vor dem Werfen eine Höhle gräbt. Wunderbar weich und warm fühlte ich mich in meiner Höhle, doch sobald ich mit der Außenwelt in Berührung kam, wurde ich gereizt und bissig. Zu Hause igelte ich mich auf dem Sofa ein und zog mir die Decke über. Ich mochte nicht mehr draußen sein, erst recht nicht, als die Nächte länger wurden und der Winter begann. Lieber blieb ich in der Wohnung, stellte die Heizung so heiß, wie es die alten Heizkörper schafften, und zog mehrere Pullover übereinander an.
Als ich im fünften Monat war, ließen wir eine Ultraschalluntersuchung machen. Ich spürte das kalte Gelee auf dem Bauch, während die Gynäkologin mit der Sonde darüberfuhr und auf dem Monitor ein grobkörniges Bild erschien.
»Ich mache noch ein, zwei Tests, und dann bekommen Sie das Ergebnis.«
Das Ultraschallgerät piepste. Wir starrten auf den Monitor. Ein verschwommenes helles Etwas regte sich in einem Meer aus schwarzen und weißen Flecken. Ich sah einen Arm, der sich hob, und ein tretendes Bein.
Du hattest dich in das Bild auf dem Monitor vertieft und hieltest dabei meine Hand.
Ich erkannte das Profil unseres Babys. Es drehte sich zu uns um, als wüsste es, dass wir es beobachteten. Ich hätte weinen können.
Die Ärztin führte die Sonde am Rücken des Babys entlang und maß die Länge der Wirbelsäule. »Alles prächtig. Die Wirbelsäule ist vollständig, Kopf und Herz sehen einwandfrei aus. Angesichts der Größe tippe ich auf ein Alter von einundzwanzig Wochen.«
»Die Geburt ist auf den zweiundzwanzigsten März datiert worden.«
»Möchten Sie das Geschlecht des Babys wissen?«
Ich wusste, dass es ein Junge war, so sicher, als hätte ich das Kind bereits entbunden. Du nicktest, denn du
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