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Die leere Wiege: Roman (German Edition)

Die leere Wiege: Roman (German Edition)

Titel: Die leere Wiege: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ruth Dugdall
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das Zimmer kahl wie eine leere Leinwand. Es war nun ebenfalls bereit für den Neubeginn.
    Am nächsten Tag betrat ich einen Laden, vor dem ich häufig gestanden und die viktorianisch anmutenden Schaukelpferde und mit winzigen Jacken bekleideten Teddybären im Schaufenster bewundert hatte. Ich umklammerte mein Portemonnaie, in dem das grobkörnige Ultraschallfoto steckte, und dachte an den winzigen Arm, der mir auf dem Monitor zugewinkt hatte. Die Erinnerung machte mir Mut, denn der Laden war so fein, dass er mich immer eingeschüchtert hatte. Die Glasschiebetüren glitten auf, und die kalte Luft aus der Klimaanlage schlug mir entgegen. Entschlossen wagte ich mich weiter vor und schlenderte mit sehnsüchtigem Blick durch die Kinderzimmer, von denen jedes individuell gestaltet war.
    »Kann ich Ihnen helfen?« Aus der Gruppe müßig herumstehender Verkäuferinnen löste sich eine elegante Brünette und kam mit beflissenem Lächeln auf den rosa Lippen auf mich zu.
    »Ich sehe mich nur ein bisschen um.«
    Sie blieb beharrlich. »An welche Farbe hatten Sie denn gedacht?«
    »Blau. Definitiv blau.«
    »Oh, dann wird es also ein Junge.« Sie streckte die Hand aus, als wollte sie meinen Bauch berühren. Ich wich zurück. »Dann werde ich Ihnen als Erstes unser Neuenglandzimmer zeigen. Ganz neu und entzückend.«
    Ich folgte ihr. Trotz ihrer High Heels wiegte sie sich geschmeidig in den Hüften, und ihre Knöchel waren so schlank, dass sie unmöglich ein Kind ausgetragen haben konnte.
    Das Zimmer, das sie mir zeigte, war perfekt. Es hatte cremefarbene Wände mit Zierleisten, auf denen himmelblaue Schwäne und Gänse abgebildet waren. Auch die Vorhänge waren himmelblau. Das Gitterbett hatte eine rötliche Farbe, wie Ahornsirup. Ich berührte das Holz und spürte, wie solide es war.
    »Ist das nicht zum Sterben schön? Das Holz ist aus Kirsche und kommt aus Amerika. Dazu passend haben wir einen Wickeltisch und eine Kommode im Sortiment.«
    Ich drehte das Preisschild um. Es war handgeschrieben, in schwarzer Tinte. Die Summe belief sich auf über zweitausend Pfund. »Meine Güte!«, sagte ich erschrocken.
    »Sicher, es ist nicht gerade preiswert, aber diese Möbel halten mehrere Generationen aus. Die werden Sie noch für Ihre Enkel verwenden können. Solche Dinge werden vererbt.«
    Ich trat zurück. Ganz vernarrt war ich in das kleine Bett aus Kirsche und die winzigen himmelblauen Gänse und Schwäne, aber ich hatte nicht mal zweitausend Pence auf der Bank, geschweige denn zweitausend Pfund. Schäbig und ärmlich kam ich mir vor und verspürte auf einmal großes Mitleid mit dem kleinen Wurm in meinem Bauch.
    »Sie könnten es abbezahlen«, schlug die Verkäuferin mit gesenkter Stimme vor, »in monatlichen Raten.«
     
    Als du nach Hause kamst, küsste ich dich und zog dich so dicht an mich, wie mein vorstehender Bauch es zuließ. »Ich habe eine Überraschung für dich«, sagte ich, stellte mich auf die Zehenspitzen und küsste die zarte Stelle hinter deinem Ohr.
    »Ach ja?« Deine Hände glitten unter meine Bluse zu meinen geschwollenen Brüsten. Du küsstest meinen Hals.
    »Das meine ich nicht.« Ich nahm deine Hand und führte dich über den Flur. »Es ist etwas viel Schöneres. Bist du so weit?«
    Ich umfasste den Türgriff, bis ich es nicht mehr aushielt und die Tür mit einer ausholenden Geste aufstieß. Die kleine Kammer wurde von dem rötlichen Bettchen dominiert, für das ich auch noch himmelblaues Bettzeug erstanden hatte. An dem kleinen Fenster hingen die himmelblauen Vorhänge, die ein wenig zu lang waren. Neben dem Bettchen stand für mich ein Schaukelstuhl, in dem ich das Baby stillen wollte; er war ebenfalls aus Kirsche. An einem weißen Ständer hingen an mit Baumwolle bezogenen Kleiderbügeln weiße Strampelanzüge, und auf dem Kissen saß ein Plüschbär mit blauer Weste. Der Kinderwagen stand in der Mitte der Kammer. Er stammte aus demselben Laden und war mit kariertem Burberrystoff bezogen. Ich berührte den Wagen und stellte mir vor, wie ich ihn durch die Straßen schob.
    Du schwiegst bei dem Anblick. Nach einer Weile sagtest du mit einer Stimme, die aus der Ferne zu kommen schien: »Sag mal, bist du noch bei Trost?«
    Es war wie eine Ohrfeige.
    »So was können wir uns doch gar nicht leisten. Womit hast du das bezahlt?«
    »Wir können es abbezahlen«, antwortete ich mit zittriger Stimme. »Monatlich, über vier Jahre.«
    »Vier Jahre? Rose, das ist eine Ewigkeit. Wie teuer war das?«
    Ich rundete die Summe

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