Die leere Wiege: Roman (German Edition)
ab. »Zweitausend Pfund.«
»Du machst wohl Witze? Hast du schon mal daran gedacht, dass du in ein paar Wochen aufhörst zu arbeiten? Hast du vergessen, wie unsicher der Restaurantbetrieb jetzt nach Weihnachten ist? Zweitausend Pfund, Rose! Das sind drei Monatsmieten.«
»Jason«, flehte ich. »Es ist doch für das Baby. Ich möchte, dass es nur das Beste bekommt.«
»Spinnst du? Meinst du, das Baby interessiert sich für diesen Kram hier?« Mit einer wegwerfenden Geste umfasstest du das Zimmer und machtest all die Mühe, die ich investiert hatte, damit zunichte. »Das Baby wäre selbst in einem Reisebett glücklich. Hauptsache ist doch, dass es geliebt wird.«
Mit einem Mal betrachtete ich den wunderschönen Raum mit neuen Augen und stellte fest, dass er geradezu grotesk war.
»Es tut mir leid, Jason.«
Ich legte eine Hand auf deinen Arm. Du stießest mich fort. Ich taumelte zurück und griff haltsuchend nach dem Kinderwagen, doch meine Hand rutschte ab, und ich ging zu Boden.
»Du denkst einfach nie nach, Rose. Immer dreht sich alles nur um dich und das, was du dir wünschst.«
Plötzlich fuhr ein stechender Schmerz durch meinen Unterleib. Ich rang nach Luft und hielt mir den Bauch.
»Die Mitleidstour zieht nicht, Rose. Ich gehe aus.«
Wieder durchzuckte mich der Schmerz. Ich krümmte mich und hielt mich an dem Kinderwagen fest.
»Hör auf mit dem Getue.«
Der Schmerz war schlimmer als die Krämpfe, die ich von meinen Perioden kannte. Er beherrschte meinen Bauch, und ich war unfähig, mich aufzurichten.
»Jason, hilf mir.«
»Nein, Rose, du willst ja nur, dass ich bleibe.«
Ich lag auf dem Boden und kniff die Augen zusammen, denn der Schmerz war unerträglich. Als Nächstes hörte ich, wie die Wohnungstür zuschlug.
24.
Cate fuhr die Coronation Road entlang und parkte ganz am Ende der Sackgasse. Sie wollte nicht, dass Mr Wilks beobachtete, wie sie ihre Unterlagen zusammensuchte, Lipgloss auflegte und sich die Wimpern tuschte, also all das tat, was sie bei ihrem hastigen Aufbruch vergessen hatte. Amelias Knöchel war inzwischen bandagiert, und alle vier Stunden brauchte sie ein Schmerzmittel. In der Nacht hatte sie bei Cate geschlafen und im Traum gewimmert. Wenn Cate ihre Tochter ansah, übermannten sie die üblichen Schuldgefühle. Doch diesmal kam noch hinzu, dass sie nicht dabei gewesen war, als Amelia vom Klettergerüst gefallen war.
Sie hatte Amelia bei Julie abgegeben, mitsamt den Schmerzmitteln und dem Versprechen, am Abend rechtzeitig zurückzukommen. Julie gegenüber war sie höflich, aber kühl gewesen, denn sie wurde das Gefühl nicht los, dass der Unfall nicht passiert wäre, wenn die Kinderfrau besser auf Amelia geachtet hätte.
Im Grunde wollte sie nicht einmal in der Coronation Road im Wagen sitzen und sich schminken, sondern zu Hause sein, sich mit ihrer Tochter aufs Sofa kuscheln und den verlorenen Schlaf nachholen. Im Rückspiegel betrachtete sie ihre verquollenen Augen und fuhr sich durch die Haare, in dem vergeblichen Versuch, einen halbwegs passablen Eindruck zu machen.
Eigentlich hasste Cate Hausbesuche, denn da war sie auf fremdem Territorium und deshalb im Nachteil. Einmal hatte sie den Vater eines Inhaftierten besucht, um zu prüfen, ob er seinem Sohn nach der Entlassung ein angemessenes Zuhause bieten konnte. Der Mann hatte sie tätlich angegriffen. Zwar war ihr das nur ein einziges Mal passiert, aber das Unbehagen blieb. Sie erinnerte sich an den Tag, als sie die fremde Wohnung betreten hatte, an die aggressive Haltung des Vaters, wie sie versucht hatte, den Rückzug anzutreten, und der Mann auf sie zusprang und sie gegen die Wand drückte. Erst als er die Faust hob, setzte ihr Adrenalin ein. Sie stieß ihn fort, rannte zur Tür und hörte als Letztes, wie seine Faust in ohnmächtiger Wut gegen die Wand donnerte. Im Auto hatte Cate kurz und heftig geweint. Danach war sie zurück in ihr Büro gefahren.
Dazu wird es heute nicht kommen , redete sie sich gut zu. Wahrscheinlich begegnete sie gleich nur einem einsamen Ehemann, der sich nichts sehnlicher wünschte, als seine Frau wieder bei sich zu haben.
Die Coronation Road zog sich in einem Bogen durch das Stadtzentrum. Die Häuser stammten aus den Siebzigerjahren und waren in Mietwohnungen unterteilt worden. Viele Studenten wohnten in dieser Gegend, die Vorgärten waren zumeist ungepflegt. Die Wohnung Nummer 38B erreichte man über einen Nebeneingang. Auf dem Weg bemerkte Cate ein Männergesicht, das an einem
Weitere Kostenlose Bücher