Die leere Wiege: Roman (German Edition)
schön, aber irgendwann hatte Rose begriffen, dass ihre neue Freundin Ihre Exfrau war, richtig?«
Die Frage schien ihn aus dem Konzept zu bringen. »Irgendwann schon, aber ich weiß nicht, wann. Als sie Emma näher kennenlernte, wahrscheinlich. Aber nicht von Anfang an. Emma hatte sich optisch verändert. Außerdem hatte sie wieder geheiratet und einen neuen Nachnamen, den Rose nicht kannte.«
»Würden Sie sagen, dass Rose zur Eifersucht neigt?«
»Was hat denn das mit Ihrem Bericht zu tun?«
»Um den Fall richtig einschätzen zu können, muss ich mir ein umfassendes Bild machen. Ich muss wissen, ob Rose nach ihrer Freilassung für Emma eine Gefahr bedeuten könnte.«
»Rose würde Emma niemals schaden.«
»Trotzdem muss ich das Risiko abwägen.«
»Rose hat das Feuer nicht vorsätzlich gelegt.«
»Die Geschworenen waren anderer Meinung. Dennoch ist Rose nachts in das Haus der Familie Hatcher eingedrungen. Sie ist in Lukes Zimmer gegangen und hat ihn dort offenbar gestillt. Und das Feuer wurde durch ihre Zigarette ausgelöst.«
Jason nagte an seiner Lippe und starrte auf das Zigarettenpäckchen auf dem Tisch. »Es war ein unglücklicher Zufall.« Wieder begann er, an seinem Fingernagel zu knabbern. »Rose war ein wenig besessen. Aber das hatte nichts mit Emma zu tun, sondern mit Luke. Er und unser Junge kamen zur gleichen Zeit auf die Welt.«
Er legte das gerahmte Foto auf den Tisch, strich darüber und schob es fort. »Rose ist mit Emma in Verbindung geblieben, weil Joel so alt wie Luke gewesen wäre, hätte er noch gelebt. Wahrscheinlich dachte sie, Emma ahnte, was sie durchmachte.«
»Wussten Sie, was Rose durchgemacht hat?«, erkundigte Cate sich leise.
Er hob die Hände. Die Hand, die auf seinem Schenkel gelegen hatte, hinterließ einen feuchten Schweißabdruck. »Klar hab ich das gewusst. Es hat mich ja selbst fast umgebracht. Aber Frauen reden bekanntlich mehr über so was.«
»Ist es Ihnen schwergefallen, mit Rose darüber zu reden?«
»Das habe ich nicht gesagt. Aber Rose hat den Jungen neun Monate lang in sich gespürt, ich nicht. Ich habe ihn nur abends für ein paar Minuten auf der Intensivstation gesehen. Sein Tod hat mir das Herz gebrochen, aber für Rose war es noch schlimmer.«
Offenbar versuchte er Haltung zu bewahren, doch seine Augen waren feucht, die Hände ineinandergekrallt und die Schultern verspannt, als würde er jeden Moment in Tränen ausbrechen oder aufspringen und mit der Faust gegen die Wand schlagen.
»Kommen wir noch mal auf Emma zurück.«
»Herrgott noch mal, das ist doch …«
Cate unterbrach ihn. »Wo haben Sie sich kennengelernt?«
Jason stand auf und verließ den Raum. Cate hörte ihn nebenan rumoren. Eine Schranktür wurde geöffnet und wieder zugeknallt. Als er zurückkehrte, hatte er die nächste Dose Bier in der Hand und trank einen großen Schluck.
»Ich war fünfundzwanzig, als ich sie kennengelernt habe. Damals arbeitete ich im Café der Kunsthochschule von Newcastle. Emma war schon im letzten Studienjahr. Sie fiel mir auf, weil sie immer rote Limonade mit Wodka trank. Es war das ekelhafteste Getränk, das ich mir vorstellen konnte.«
Aber warmes Bier um zehn Uhr morgens ist in Ordnung? , fragte sich Cate. »Wie ging es dann weiter?«
»Sie kam oft nach dem Unterricht vorbei, in ihrem Ballettdress. Die meisten Studenten hielten sich für was Besseres und behandelten die Angestellten wie Dreck. Emma nicht.«
»Sie war also anders.«
»Zumindest machte sie den Eindruck. Eines Abends kamen wir ins Gespräch und so weiter.«
»Was und so weiter?«
Er seufzte und wirkte aufgewühlt. »Na, was schon? Wir waren jung. Im Handumdrehen wurde daraus was Ernstes. Wir waren kopflos und haben spontan geheiratet. Auf dem Standesamt, ohne Familie, nur mit ein paar Freunden.«
»Und dann?«
»Mann, sind Sie hartnäckig. Nach dem Studium bekam sie eine Stelle als Ballettlehrerin in einem Internat außerhalb von Ipswich. Ich kannte die Stadt nicht mal dem Namen nach, aber ich hatte nichts gegen einen Umzug. Ich finde überall Arbeit. Hätte ich gewusst, was danach passieren würde, hätte ich allerdings niemals eingewilligt.«
»Worauf beziehen Sie sich? Darauf, dass Emma Dominic Hatcher begegnet ist?«
»Genau. Einem Typen, der sich an verheiratete Frauen ranmacht. Ein Schwein, das die Finger nicht bei sich behalten kann. Er war der stellvertretende Direktor des Internats. Ging alles ganz schnell. Ich habe versucht, ihn ihr auszureden, aber Emma sagte, sie
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