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Die leere Wiege: Roman (German Edition)

Die leere Wiege: Roman (German Edition)

Titel: Die leere Wiege: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ruth Dugdall
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Es war Punkt zwölf. Demnach war der Unterricht vom Vormittag beendet, und es war kurz vor dem Mittagessen. Zwei Frauen spielten Billard. Das hatte Cate zuletzt am College getan und nie gemocht. Einige Frauen verfolgten das Spiel. Eine von ihnen fläzte sich auf einem Stuhl, eine andere hatte sich an ihrer Seite auf ein Knie niedergelassen. Die Frau auf dem Stuhl zog genüsslich an einer Zigarette. Dann beugte sie sich vor, legte ihre Lippen auf die ihrer Mitgefangenen und blies ihr den Rauch in den geöffneten Mund. Es war eine verstörend sinnliche Geste. Cate hatte noch nie zwei Frauen dabei beobachtet.
    Eine drahtige Frau mit wasserstoffblondem Haar beugte sich mit ihrem Queue über den Tisch und machte sich bereit, den Ball anzustoßen. Als Cate den Platz überquerte, grinste die Frau sie an.
    »Na, Lust auf ein Spielchen?«
    Die anderen kicherten.
    Davon angestachelt, richtete die Spielerin sich auf und hielt Cate das Queue hin. »Sie sehen aus, als könnten Sie einen Stoß vertragen. Falls Sie überhaupt wissen, wie man einlocht.«
    »Noch ein Wort in dieser Richtung, und Sie kassieren einen Vermerk in Ihrer Gefängnisakte«, erwiderte Cate und versuchte ihre Nervosität zu bezwingen.
    Mit schnellen, festen Schritten ging sie weiter und betrat kurz darauf das Büro des Wachhabenden. Dave Callahan saß am Schreibtisch und las The Sun . Wie immer verströmte er eine Mischung aus Trägheit und Arroganz.
    Er schaute auf. »Reynolds wollte Sie bloß ein bisschen ärgern, Schätzchen. Sie ist harmlos.«
    Cate beschloss, sofort zum Angriff überzugehen. »Ich habe vorhin hier angerufen und hatte einen extrem unhöflichen Menschen am Apparat.«
    »Das dürfte Kevin gewesen sein. Machen Sie sich wegen dem keine Gedanken.« Er schob ihr eine Packung Zigaretten hin. »Möchten Sie eine?«
    Cate wehrte sich gegen die Versuchung. »Nein, danke. Ich möchte nur die Gefängnisakte von Rose Wilks.«
    »Kein Problem.« Callahan zog die Schublade eines Stahlschranks auf. »Ich betreue Wilks. Wenn Sie Fragen haben, bin ich Ihr Mann.«
    »Könnten Sie mir noch einmal kurz sagen, was diese Betreuung beinhaltet?«
    »Klar. Ich vergewissere mich, dass es ihr gut geht. Überprüfe ihren Status. Sie hat sich übrigens verbessert. So was geschieht hier nur bei den ganz Zuverlässigen, also den Frauen, die sich ordentlich benehmen. Rose hat ein paar Privilegien bekommen, was bei einer Perversen selten ist. Sie hat das Rote Band, das heißt, sie darf einen Job machen, bei dem wir ihr vertrauen.«
    »Was für einen Job?«
    »Den besten. Rose arbeitet in der Kantine. Auf die Weise kann sie Essensreste in die Zellen schmuggeln und so ihre Freundinnen bei der Stange halten. Und von denen hat sie eine ganze Menge, falls Sie wissen, was ich meine.« Er zwinkerte Cate anzüglich zu.
    Sie schlug die dünne Akte auf. Zuoberst lag ein Inhaltsverzeichnis, das die Rubrik Gespräche mit Betreuer , mit den Unterpunkten Einweisung , Aufwertung (möchte in der Küche arbeiten) , bedrückte Stimmung (besprochen) , Sorge um Jason enthielt.
    Cate tippte auf den letzten Punkt. »Worum ging es da genau?«
    Callahan warf einen Blick auf die Seite. »Das Übliche, schätze ich mal. Sie wird Angst gehabt haben, dass er sie betrügt.«
    »Und? Tut er das?«
    Callahan zuckte die Achseln. »Woher soll ich das wissen? Wahrscheinlich. Würde ich ihm nicht mal übelnehmen. Vier Jahre ohne … das schafft kein richtiger Mann.«
    Cates Blick fiel auf den Kalender hinter dem Officer. Darauf war eine barbusige Frau abgebildet, die eine Hand in ihren Slip gesteckt hatte. Sie fühlte sich peinlich berührt.
    »Sind Sie verheiratet, Schätzchen?« Callahan fuhr mit dem Stuhl zu ihr herum, spreizte die Schenkel und lehnte sich zurück. Sein Bauch quoll über den Gürtel der Hose.
    »Nein.«
    »Haben Sie denn einen Freund?«
    Cate zögerte. Sie war versucht zu lügen, entschied sich aber dagegen. »Nein. Obwohl Sie das nichts angeht.«
    Er zog die Schreibtischschublade auf und holte ein Handy hervor. »Na, das werden wir gleich haben. Wie ist Ihre Telefonnummer?«
    Zu ihrem Entsetzen sah sie, dass er etwas in sein Handy eingab, vermutlich tippte er ihren Namen in sein Adressverzeichnis, doch er wurde von einer Stimme unterbrochen.
    »Ich dachte, Handys sind hier verboten.«
    Mark Burgess stand im Türrahmen. Sein Gesicht war gerötet, doch offenbar versuchte er, einen selbstbewussten Eindruck zu machen. Callahan warf sein Handy zurück in die Schublade. »Richtig gedacht,

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