Die leere Wiege: Roman (German Edition)
langen Wochen, in denen ich ihn begehrlich betrachtet und geküsst hatte, sobald Emma aus dem Zimmer gegangen war, hatte ich ihn für kurze Zeit einmal ganz für mich. Kannst du dir vorstellen, wie wundervoll sich das für mich angefühlt hat? Plötzlich wurde mir auch klar, warum er aufgehört hatte zu weinen, denn sein Mündchen suchte nach meiner Brust. Er hatte mein Geheimnis entdeckt und die Milch gerochen, und jetzt beschnüffelte er meine Bluse und hinterließ dort kleine Speichelflecke. Es war eher sein Bedürfnis als meins, das mich dazu brachte, meine Bluse aufzuknöpfen.
Ich hatte noch nie ein Baby gestillt, doch meine Milch war immer noch vorhanden.
Nach Joels Tod hatte ich die Milch zu Hause abgepumpt, denn die Tabletten, die ich bekommen hatte, um den Milchfluss versiegen zu lassen, hatte ich nie genommen. Das wäre der letzte Beweis dafür gewesen, dass ich keine Mutter mehr war. Die Milch, die ich mir abpumpte, schüttete ich jedes Mal in den Ausguss. All das tat ich, ohne darüber nachzudenken, es war einfach ein kleines Geheimnis meines Lebens. Die Pumpe verbarg ich in unserem Kinderzimmer, und nachts trug ich einen BH, nur für den Fall, dass mir etwas heraussickerte. Wenn du mich im Bett tröstend in die Arme nahmst, ließ ich es zwar zu, aber sobald du mir die Schlafanzugjacke ausziehen wolltest, schob ich dich fort. Du akzeptiertest es und übtest keinen Druck auf mich aus.
Beinahe war es, als wäre zwischen uns eine Mauer errichtet worden, die unser Bett teilte, aber mir fehlten die Kraft und die Lust, darüber hinwegzusteigen. Wenn du nach mir griffst, versuchte ich, dir entgegenzukommen, schaffte es aber nicht. Dass diese Zeit für dich schwierig war, ist mir durchaus bewusst.
Luke zu stillen war nicht so einfach, wie ich es mir vorgestellt hatte. Ich wusste nicht genau, wie ich ihn anlegen sollte, und er war immer noch nicht ganz ruhig. Deshalb dauerte es ein wenig, ehe er meine Brustwarze fand, was für uns beide frustrierend war. Doch nach einigem Hin und Her spürte ich seinen Mund an der richtigen Stelle und wusste, dass wir miteinander verbunden waren. Das Ziehen in meiner Brust, während er saugte, war anfangs unangenehm, doch dann fand ich es wundervoll. Es kam mir vor, als hätte ich endlich einen Zweck, und mein unzulänglicher Körper sei wenigstens in der Lage, ein Kind zu beglücken, wenn auch keinen Mann. Ich wollte Luke jene Kraft geben, die ich Joel nicht hatte geben können.
Er trank lange, doch für mich waren es kostbare Minuten, in denen ich ihm über die rotblonden Löckchen strich und er mich mit halb geschlossenen Augen ansah. Den Anblick seiner kleinen Faust auf meiner nackten Brust werde ich nie vergessen. Alles war so natürlich und richtig. Ich wollte nicht, dass Luke aufhörte zu trinken, doch schließlich erschlaffte sein Mund, seine Augen schlossen sich, und er schlief ein. In dem Moment glich er dir wie nie zuvor, und ich hatte noch nie im Leben so viel Liebe empfunden.
Als Emma zurückkehrte, saß ich im Sessel, und Luke schlief in meinen Armen. Sie hielt eine Flasche Sirup in der Hand, doch das Fieber war bereits gesunken. Emma war erleichtert, weil er so still und friedlich war. Nach einer Weile weckte sie ihn und flößte ihm einen Löffel rosafarbenen Sirup ein, aber die wahre Medizin war meine Milch gewesen.
40.
Es dauerte einen Moment, ehe Cate erfasste, dass die anderen sich über sie unterhielten. Sie hatte sich einen Platz in der Kantine gesucht, nicht weit entfernt von einigen Wärtern, die über irgendetwas lauthals lachten und wild durcheinanderredeten. Als sie die Bewährungshelferin entdeckten, verstummten sie abrupt.
Tapfer biss sie in das Sandwich, das Rose ihr über die Theke gereicht hatte, doch aus dem Augenwinkel nahm sie die Gruppe wahr, die den Blick auf sie gerichtet hatte. Dave Callahan, Deborah Holley und Mark Burgess, dessen Gesicht rot angelaufen war.
Verdammt , dachte sie. Er hat den beiden von der Party erzählt . Cate linste zur Theke hinüber. Dort stand Rose und schien zu ahnen, dass da irgendetwas im Busch war. Mark war der Erste, der den Blick von ihr abwandte. Callahan stand auf, raffte eine Zeitung vom Tisch und kam auf sie zu. Oh nein, bitte nicht.
Sie schluckte ihren Bissen herunter. »Hallo, Dave.«
»Hallo, Schätzchen, wie läuft’s denn so?«
»Danke, gut.«
»Wie man hört, haben Sie schon Anschluss gefunden.« Officer Holley kicherte.
Callahan tippte Cate mit der zusammengerollten Zeitung
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