Die leere Wiege: Roman (German Edition)
er hasst es, wenn er Luke anziehen will und nur Sachen aus dem Schrank holt, die dem Jungen zu klein geworden sind. Deshalb muss ich alles aussortieren, aus dem er herausgewachsen ist. Ich kann nicht fassen, wie schnell dieses Kind wächst. Sieh mal, in dem hier ist er vor Kurzem noch ertrunken.«
Ich griff nach dem kleinen Schneeanzug und berührte die Plüschohren der Kapuze. Der Anzug sah nagelneu aus.
»Den hatte er an, als wir aus dem Krankenhaus kamen.«
Wehmütig betrachtete sie das kleine Kleidungsstück. Dann sah sie mein Gesicht und wurde rot. Ich faltete den Anzug und legte ihn in die Tasche, in der schon die anderen ausrangierten Teile steckten.
»Soll ich dir helfen?«
Gemeinsam falteten wir winzige Hosen und Hemdchen, Mützchen und Strampelanzüge.
»Bewahrst du die Sachen denn nicht für ein zweites Baby auf?« Es war ein Wunder, dass ich es überhaupt schaffte, ihr diese Frage zu stellen.
Emma wurde verlegen. »Und wenn es ein Mädchen wird? Die Sachen sind doch alle hellblau. Aber wegwerfen sollte ich sie wirklich nicht. Es könnte ja auch wieder ein Junge werden.«
Da floss die Schale ihres Glücks schon über, und sie war immer noch nicht zufrieden. Und wie rücksichtslos sie meinem Verlust gegenüber geworden war.
»Bist du etwa schwanger?«, fragte ich mit erstickter Stimme.
Für einen Moment dachte ich, sie würde mir nicht antworten, weil ihr eingefallen war, dass ich keine Kinder mehr bekommen konnte. Aber ich hatte mich geirrt. Emma war nur mit sich beschäftigt.
»Noch nicht.« Mit einem verschämten Lächeln sah sie mich an. »Aber wir versuchen es. Dominic glaubt zwar, zwei Kinder könnten mich überfordern, aber ich finde, wenn man mit einem fertig wird, schafft man sicher auch zwei. Und für die Kleinen wäre es doch schön, wenn sie nicht so weit auseinander sind.« Sie setzte sich aufs Bett und schaute aus dem Fenster. »Seit Lukes Geburt verhüte ich nicht mehr, aber irgendwie scheint es nicht zu klappen.«
So war das also. Luke war erst wenige Monate alt, und Emma versuchte schon, ein zweites Baby zu bekommen. Ich fragte mich, was aus mir werden würde, wenn derselbe Vater auch das zweite Kind zeugen sollte.
In seinem Zimmer fing Luke an zu weinen und wollte gefüttert werden.
Seufzend betrachtete Emma den restlichen Stapel Babykleidung. »Ich muss ihn holen.«
Das Kinderzimmer lag neben dem Schlafzimmer, und Emma kehrte kurz darauf mit ihrem Sohn in den Armen zurück. Er hatte noch ganz rote Schlafbäckchen und rieb sich mit einer kleinen Faust ein Auge. Als er mich sah, lächelte er.
»Igitt«, sagte Emma. »Man riecht, dass er eine frische Windel braucht.«
»Soll ich sie ihm wechseln?«, schlug ich vor. »Es macht mir nichts aus.«
Emma zauderte. Wahrscheinlich hätte sie liebend gern Ja gesagt, aber die Blöße wollte sie sich nicht geben. »Ach nein, ich erledige das schon.«
»Wie du meinst. Dann falte ich die restlichen Babysachen.«
»Du bist ein Engel.« Sie nickte mir wohlwollend zu.
Gleich darauf hörte ich, wie sie im Bad mit Luke sprach, und die niedlichen Gurgellaute, mit denen er Antwort gab.
Ich nutzte die Zeit, um mir das Schlafzimmer genauer anzusehen, den Raum, in dem du mich betrogen, und das Bett, in dem du sie gevögelt hast.
Es war ein sehr maskuliner Raum. Das bezeugten nicht nur die weinroten Wände, sondern auch die wuchtigen Möbel und schweren Damastvorhänge. Eine Schublade der Kommode stand einen Spaltbreit offen. Lautlos tappte ich darauf zu.
Im Bad sagte Emma: »Puh, Luke, du bist wirklich von oben bis unten vollgeschmiert. Jetzt halt wenigstens still.«
Ich schob eine Hand in die Schublade und ertastete Baumwolle und den Drahtbügel eines BH-Körbchens. Emmas Unterwäsche. Bis zum Handgelenk griff ich in die Schublade, aber um den ganzen Arm hineinschieben zu können, musste ich sie weiter aufziehen. Um dabei kein Geräusch zu machen, hob ich sie ein wenig an, denn den Trick hatte ich im Grand gelernt. Dann war es geschafft, und ich entdeckte weiße Büstenhalter und Slips in sämtlichen Farben des Regenbogens. Weiter hinten lag einer von diesen Kartons, in denen man teure Reizwäsche verpackt. Ich hob den Deckel an, erkannte etwas Seidiges und zupfte es heraus. Es war ein scharlachrotes Mieder. Darunter entdeckte ich zwei dazu passende Boxershorts. Ich berührte den Seidenstoff und die Spitzenränder und tastete weiter. Unter den Höschen lag noch irgendetwas verborgen. Ich fischte es heraus.
Ein länglicher, glänzender
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