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Die Legende

Die Legende

Titel: Die Legende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Marthens
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hatte.
    »Hallo Moona«, sagte sie. »Ich bin nicht wegen dir hier.«
    »Oh«, antwortete ich enttäuscht.
    »Sie hat eine Möglichkeit gefunden, wie wir Isabelle befreien können«, tönte meine Mutter. Sie lallte, und als ich die drei leeren Weinflaschen auf dem Boden sah, wusste ich auch, warum.
    »Tatsächlich?«, versuchte ich meine Enttäuschung zu unterdrücken und mich stattdessen über den Grund des Besuches zu freuen. »Das wäre ja super.« Es gelang.
    Meine Mutter deutete auf ein Buch, das aufgeschlagen vor ihnen lag. Es war groß, braun und alt. Seine Seiten waren fleckig und vergilbt, ein paar tote Läuse lagen im Knick.
    »Das ist aus dem Stadtarchiv, ich habe es heute geholt, als ich in dieser komischen Blutsauger-Zeitung vom Mullendorfer Geist gelesen habe«, erklärte Viviane.
    »Was ist das für ein Buch?«, wollte ich wissen. Mir wurde wieder etwas übel. Was wusste Viviane?
    »Es ist die Chronik von Mullendorf. Hier steht alles drin, was in dem Dorf jemals geschehen ist, jede Geburt, jeder Todesfall. Sogar der Taufspruch jedes Neugeborenen.«
    »Und inwieweit kann uns das helfen?«
    »Weil hier auch drin steht, dass es tatsächlich einen Dämon in der Mullendorfer Erde gibt. Ich hatte vor ein oder zwei Jahren mal im Archiv gewühlt, als ich auf meine Mutter wartete, da hatte ich das Buch gefunden und unter anderem auch diese Stelle gelesen. Ich hielt es erst für ein Märchen, aber inzwischen denke ich, dass es stimmt. Denn mein Stiefvater hatte mir früher die Geschichte ebenfalls erzählt. Er kannte sie in- und auswendig. Und nachdem, was hier so alles passiert ist, halte ich es durchaus für möglich.«
    Ich schluckte.
    Viviane fuhr fort. »Hier drin steht auch, wie der Dämon damals aus der Erde kam und was er getan hat. Wenn es uns gelingt, ihn zu wecken, können wir ihn benutzen, um alles Böse aus dem Ort zu vertreiben.«
    »Bist du verrückt?! Seid ihr wahnsinnig!?«, rief ich aus. »Deshalb ist dieser Fürst doch hier! Er will den Dämon wecken, weil er durch ihn unendliche Macht erhält. Ihr dürft das nicht tun!« Ich wollte mich auf das Buch stürzen und es ihr entreißen, doch meine Mutter hielt meine Hand fest.
    »Hör ihr zu, Moona, bitte.« Sie klang auf einmal erstaunlich klar. »Hör einfach zu.«
    Ich hielt inne und wartete auf weitere Erklärungen. Viviane sah sie dankbar an, dann fuhr sie fort. »Gerade weil der Fürst diesen Dämon wecken will, müssen wir ihm zuvorkommen. Er gehorcht nur dem, der ihn weckt, niemandem sonst.«
    »Und wie willst du das anstellen?«
    »Wie schon gesagt, wurde in diesem Buch alles festgehalten, auch der Zauber dieser Dämonenerweckung. Hier steht er, braun auf … vergilbt. Lies!«
    Sie zeigte mir die Stelle. Sie war nicht lang, auf einer halben Seite stand genau beschrieben, was die Frauen damals getan und gesagt hatten, um den Dämon zu rufen. Jedes Wort, jede Geste. Es wirkte erschreckend einfach. Das konnte so nicht funktionieren.
    »Wieso denkst du, dass das klappt?« Mein Hals war ganz trocken vor Aufregung.
    »Weil es schon mal geklappt hat.«
    »Und weil wir nicht wissen, was wir sonst tun sollen«, warf meine Mutter ein.
    »Aber es könnte auch schiefgehen und den ganzen Ort wieder ins Unglück stürzen, wie damals.«
    »Wir wissen nun, was passieren kann, daher wird uns das nicht passieren«, erwiderte Viviane.
    »Das ist unglaublich gefährlich.«
    »Ich weiß.«
    Meine Mutter sah mich mit hoffnungsvoll glänzenden Augen an. »Wir wären allen Ärger los und Mullendorf wäre wie früher, ohne Vampire, ohne fremde unheimliche Fürsten, die meine Tochter als Geisel nehmen. Nur der friedliche Ort, wo die Vögel zwitschern und das Schlimmste, was einem passieren kann, ist, vom Mähdrescher zu fallen.«
    Ich war mir nicht so sicher, ob ich wirklich wieder in diesem langweiligen Trott leben wollte, aber meiner Mutter zuliebe nickte ich.
    »Wir werden es versuchen. Vorher habe ich noch ein paar Erkundigungen einzuziehen, damit dabei wirklich nichts schiefgehen kann.«
    »Ich auch«, sagte ich.
    Meine Mutter lächelte erleichtert. »Damit werden wir auch deinen Vater mit seinem höllischen Anhang wieder los.«
    Ich schüttelte den Kopf, denn ich hatte befürchtet, dass ihr nicht nur die Befreiung Isabelles am Herzen lag. Doch ich sagte nichts dazu. Insgeheim war ich felsenfest davon überzeugt, dass dieser Zauber nicht gelingen würde. Wieso sollte ein uralter Dämon, sollte er wirklich existieren, sich von zwei frustrierten Frauen durch ein

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