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Die Legende

Die Legende

Titel: Die Legende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Marthens
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doch sie stieß mich von sich.
    »In diesem Zimmer kann ich nicht mehr schlafen«, sagte sie nur und ging hinaus. Meine Mutter folgte ihr.
    Ich blieb zurück und kümmerte mich um die sterblichen Überreste von Kurt. Mit anderen Worten: Ich holte einen Handfeger und kehrte sie in den Hausmüll. Dann sah ich nach den beiden anderen Frauen. Die saßen gemeinsam auf dem Sofa und weinten, da stieg ich wieder hinauf in mein Zimmer.
    Ich wünschte, ich wäre in dieser Nacht bei ihnen geblieben und hätte mich nicht verkrochen, weil ich das Gefühl hatte, überflüssig zu sein. Dann wäre wahrscheinlich alles anders gekommen. Doch ich ließ sie allein, so dass sie sich der unheimlichen Beschwörung dieses Dämons widmen konnten.
Ich hatte keinen blassen Schimmer, was sie da unten veranstalteten. Ich glaubte, sie würden sich erzählen, wie schlimm die Welt sei und alles nur besser werden könne. Zunächst war auch nichts zu merken. Ich verspürte lediglich einen kalten Schauer, der in mein Bett und dann meinen Körper entlang kroch. Ich zog die Decke bis zur Nasenspitze und kuschelte mich in meine Kissen, doch er blieb. Fröstelnd schlief ich ein.
     

Helfershelfer
     
    Als ich am Morgen erwachte, fror ich immer noch. Ich zog einen dicken Pullover an, obwohl draußen die Sonne warm vom Himmel schien, doch es half nichts. Dass das nichts Gutes bedeutete, erfuhr ich erst, als ich das Wohnzimmer betrat. Abgebrannte Kerzen standen auf dem Boden und dem Tisch, das alte Buch lag aufgeschlagen in der Mitte des Tisches, etwas Blut war darauf getropft. Daneben fand ich eine tote Ratte. Meine Mutter und Viviane lagen eng umschlungen auf dem Sofa und schliefen.
    »Was habt ihr getan?«, fragte ich entsetzt in den stillen Raum. »Ihr habt keine Ahnung, was ihr da heraufbeschworen habt.«
    Viviane hob müde den Kopf. »Was willst du denn? Es hat nicht geklappt. Es ist nichts passiert.«
    »Hast du gedacht, der Dämon würde mit einem Donnerschlag aus dem Boden schießen und als dienstbarer Geist vor dir stehen?«
    »Ja, so in etwa. Wie geht das denn sonst?«
    »Woher soll ich das denn wissen? Ich habe noch nie einen erweckt«, fuhr ich sie an.
    Meine Mutter wurde wach und hob müde den Kopf. »Hat es geklappt? Isa, bist du das?«, murmelte sie.
    »Nein, ich bin's nur und ich möchte nicht wissen, was ihr da angestellt habt.«
    »Was soll schon passieren? Gar nichts, vermutlich.«
    Bockig stand Viviane auf und stapfte aus dem Wohnzimmer.
    »Ich hoffe es«, rief ich ihr hinterher, bevor ich meiner Mutter aus dem Sofa half. Sie wankte, als sie stand, und musste sich an mir festhalten, um nicht umzufallen. Sie sah schlimm aus. Der Mascara war verwischt, ihre Augen waren gerötet und die Haut grau und fade. In diesem Augenblick verspürte ich nur Mitleid für sie und keine Wut, weil sie diesen Unsinn mit Viviane angestellt hatte. Sie wollte ihre Tochter zurückbekommen. Wenn ich es gewesen wäre, die als Geisel bei einem irren Wiedergänger gefangen gehalten wurde, würde ich auch wollen, dass meine Mutter alles unternimmt, um mich zu retten. Selbst die Erweckung eines fürchterlichen Dämons.
    Ich führte sie ins Badezimmer, wo sie geschlagene fünfzig Minuten blieb. Was sie da so lange trieb, war mir ein Rätsel. Als ich ungeduldig an die Tür klopfen wollte,  klingelte mein Handy.
    Es war mein Vater.
    »Moona, wir haben etwas für dich«, sagte er, ohne lange um den heißen Brei zu reden.
    »Was ist es?«
    »Deine Schwester und Informationen, was deinen Freund Robert betrifft. Du kannst dir beides hier abholen.«
    Ich zögerte, weil ich nicht wusste, was ich davon halten sollte. Wieso wollten sie meine Schwester herausgeben? Und welche Informationen hatten sie über Robert? Woher wussten sie überhaupt von ihm? Wollten sie mich zu sich locken, um mich ebenfalls als Geisel zu nehmen? Ich war ihnen sicherlich wichtiger als Isabelle, wenn sie von meiner Gabe wussten.
    Als hätte er meine Gedanken erraten, sagte er: »Das ist keine Falle.«
    »Wann?«, fragte ich kurz.
    »Sofort.« Dann legte er auf.
    Ich hatte keine Ahnung, was mich im Schloss der Geißenbergers erwartete. Konnte ich ihnen wirklich trauen? Auf der anderen Seite hätten sie mich längst greifen können, wenn sie es wirklich auf mich abgesehen hätten. Aber, was wollten sie jetzt von mir?
    Durch Grübeln würde ich es nicht erfahren. Mir blieb nichts anderes übrig, als mich ihnen zu stellen.
    ***
    Isabelle sah mich mit einer Mischung aus Dankbarkeit und Hass an – wenn

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