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Die Legende

Die Legende

Titel: Die Legende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Gemmell
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Wurfgeschosse, die man gegen sie eingesetzt hatte. Aber sie forderten einen höheren Tribut.
    Die Nadir waren jetzt dicht genug, daß man einzelne Gesichter erkennen konnte. Rauhe Kerle, dachte Rek, aber stark und zäh – erzogen zu Krieg und Blutvergießen. Viele von ihnen hatten keine Rüstung, einige trugen Kettenhemden, doch die meisten besaßen nur schwarze Brustplatten aus bemaltem Leder und Holz. Ihr Schlachtgeschrei wirkte fast tierisch. Man konnte keine Worte erkennen, nur ihren Haß spüren. Wie der zornige Schrei eines riesigen, unvollkommenen Ungeheuers, dachte Rek, als das vertraute Gefühl der Angst seinen Magen zusammenschnürte.
    Serbitar hob das Visier seines Helms und beugte sich über die Brustwehr, ohne die wenigen Pfeile, die zu ihm heraufschwirrten, zu beachten.
    »Sie haben mit den Leitern die Mauer erreicht«, sagte er leise.
    Druss wandte sich an Rek. »Das letztemal, als ich neben einem Grafen von Dros Delnoch im Kampf stand, haben wir eine Legende geschaffen.«
    »Das Merkwürdige an solchen Sagen ist«, erwiderte Rek, »daß nie von trockenen Lippen und vollen Blasen die Rede ist.«
    Ein Enterhaken fuhr fauchend über die Mauer.
    »Noch ein letzter Rat?« fragte Rek und zog sein Schwert aus der Scheide.
    Druss grinste und zog Snaga. »Lebe!« sagte er. Weitere Enterhaken rasselten über die Mauer, fanden sofort Halt und gruben sich tief in den Stein, als von unten Hunderte von Händen Druck ausübten. Außer sich vor Angst, hieben die Männer mit ihren Klingen auf die schlangengleichen Taue ein, bis Druss ihnen brüllend Einhalt gebot.
    »Wartet, bis sie klettern!« rief er. »Ihr sollt Männer töten, keine Seile!«
    Serbitar, der sich mit Krieg beschäftigte, seit er dreizehn war, beobachtete das Vorrücken der Belagerungstürme mit entrückter Faszination. Offenkundig stand die Idee dahinter, so viele Männer wie möglich mit Tauen und Leitern auf die Mauern zu bekommen und dann die Türme heranzuziehen. Das Blutbad unter den Männern, die unten die Türme schleppten, war furchtbar, denn Bowman und seine Schützen spickten sie mit Pfeilen. Aber immer mehr eilten herbei, um die Plätze der Toten und Sterbenden einzunehmen.
    Obwohl wild auf die Taue eingehackt wurde, waren die ersten Nadir durch die schiere Anzahl der Enterhaken und ihrer Werfer auf die Brustwehr gelangt.
    Hogun, der mit fünftausend Mann auf Musif stand, Mauer Zwei, war in Versuchung, seinen Befehl zu ignorieren und Mauer Eins zu Hilfe zu eilen. Doch als Berufssoldat war er gewöhnt zu gehorchen, und so hielt er seine Stellung.
     
    Tsubodai wartete am unteren Ende des Seils, während die Stammeskrieger über ihm langsam kletterten. Ein Körper stürzte an ihm vorbei und wurde auf den vorspringenden Felsen zerschmettert. Blut spritzte auf seine bemalte Brustplatte. Er grinste, als er die verzerrten Züge von Nestzan, dem Wettläufer, erkannte.
    »Das mußte ja so kommen«, sagte er zu dem Mann neben sich. »Wenn er so schnell gelaufen wäre, wie er jetzt gefallen ist, hätte ich nicht soviel Geld verloren.«
    Über ihnen hielten die Kletternden inne, denn die Verteidiger zwangen die Angreifer zurück an die Brüstung. Tsubodai sah zu dem Mann über sich hoch.
    »Wie lange willst du noch da hängenbleiben, Nakrash?« rief er. Der Mann beugte sich und sah hinunter.
    »Das sind diese Dungfresser von der Grünsteppe!« brüllte er. »Sie könnten nicht mal auf einer Kuhhaut Tritt fassen!«
    Tsubodai lachte fröhlich und stemmte sich vom Seil ab, um zu sehen, wie die anderen vorwärtskamen. Überall an der Mauer dasselbe Bild: Man kletterte nicht weiter, von oben drang Schlachtlärm herunter. Als mehrere Körper auf den umliegenden Felsen aufschlugen, drückte er sich wieder dicht an die Mauer.
    »Wir werden noch den ganzen Tag hier hängen«, sagte er. »Der Khan hätte die Wolfsschädel zuerst hochschicken sollen. Bei Gulgothir waren diese Grünen schon nicht zu gebrauchen, und hier sind sie es noch weniger.«
    Sein Kamerad grinste und zuckte die Achseln. »Es geht weiter.«
    Tsubodai packte das geknotete Seil und zog sich hoch. Er hatte ein gutes Gefühl für heute – vielleicht gewann er ja die Pferde, die Ulric dem Krieger versprochen hatte, der den alten Graubart niederstreckte, von dem alles redete.
    ›Todeswanderer‹! Ein dicker alter Mann ohne Schild.
    »Tsubodai«, rief Nakrash. »Du wirst doch wohl nicht heute sterben, oder? Jedenfalls nicht, solange du mir noch was von dem Wettlauf schuldest.«
    »Hast du

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