Die Legende
Sathuli-Krieger zu erschlagen. Da sie Wilde waren, hatten sie nie Verteidigungsstrategien gelernt. Sie verließen sich auf ihre Wildheit, Furchtlosigkeit und ihre Überzahl, um einen Feind zu überwältigen. Und diese Taktik würde auch hier wieder siegen, das wußte Vintar, denn die Gegner waren ihnen etwa vier zu eins an Zahl überlegen, und für die Dreißig gab es keine Rückzugsmöglichkeit.
Stahl klirrte auf Stahl, und die Schreie der Verwundeten hallten auf der kleinen Lichtung wider. Virae, die eine Schnittwunde am Arm davongetragen hatte, schlitzte einem Mann den Bauch auf und duckte sich dann unter einem Säbelhieb, als ein weiterer Angreifer heranstürmte.
Der große Antaheim sprang vor, um einen zweiten Hieb abzuwehren. Arbedark bewegte sich wie ein Tänzer durch die Schlacht. In jeder Hand ein Kurzschwert, choreographierte er Tod und Zerstörung wie ein silberner Geist aus alten Legenden.
Reks Zorn wuchs. Sollte alles nur dafür gewesen sein? Daß er Virae getroffen hatte? Daß er gelernt hatte, mit seinen Ängsten umzugehen? Daß er den Umhang des Grafen angenommen hatte? Alles nur, damit er in einem namenlosen Wald bei einem Säbelgefecht mit einem Stamm von Wilden getötet würde? Er hämmerte seine Klinge durch die ungeschickte Verteidigung des nächsten Sathuli; dann trat er den fallenden Körper einem neuen Angreifer vor die Füße.
»Genug!« brüllte er plötzlich mit Donnerstimme. »Steckt eure Schwerter ein, ihr alle!« Die Dreißig gehorchten unverzüglich, traten zurück und bildeten einen Ring aus Stahl um den gefallenen Menahem, so daß Rek allein stehenblieb. Die Sathuli ließen langsam ihre Schwerter sinken und sahen einander nervös an.
Sie wußten, daß alle Schlachten nach demselben Muster verliefen: kämpfen und gewinnen, kämpfen und sterben oder kämpfen und fliehen. Es gab keinen anderen Weg. Doch die Worte des hochgewachsenen Mannes waren machtvoll gewesen; seine Stimme hielt sie im Augenblick gebannt.
»Laßt euren Anführer vortreten«, befahl Rek, stieß sein Schwert zu seinen Füßen in den Boden und verschränkte die Arme, obwohl die Klingen der Sathuli noch immer auf ihn gerichtet waren.
Die Männer traten beiseite, als ein großer, breitschultriger Mann, ganz in Blau und Weiß gekleidet, nach vorn kam. Er war ebenso groß wie Rek, allerdings hakennasig und dunkel. Ein dreispitziger Bart verlieh ihm ein sardonisches Aussehen, und eine Säbelnarbe, die von der Augenbraue zum Kinn verlief, verstärkte noch diesen Eindruck.
»Ich bin Regnak, Graf von Dros Delnoch«, stellte Rek sich vor.
»Ich bin Sathuli – Joacim Sathuli – und ich werde dich töten«, erwiderte der Mann grimmig.
»Angelegenheiten wie diese sollten von Männern wie dir und mir geregelt werden«, sagte Rek. »Sieh dich um – überall liegen tote Sathulis. Wie viele von meinen Männern sind darunter?«
»Sie werden sich bald dazugesellen«, erklärte Joacim.
»Warum regeln wir das nicht wie Herrscher?« fragte Rek. »Nur du und ich.«
Die vernarbte Augenbraue des Mannes hob sich. »Das würde deine Chancen auch nicht verbessern. Du hast nichts zum Verhandeln anzubieten. Warum sollte ich dir deinen Wunsch gewähren?«
»Weil es Sathuli-Leben retten wird. Oh, ich weiß, sie geben freudig ihr Leben, aber wofür? Wir haben keine Vorräte bei uns, kein Gold. Wir haben nur die Pferde, und die Delnoch-Berge sind voll davon. Hier geht es um Stolz, nicht um Beute. Es ist an dir und mir, solche Dinge zu entscheiden.«
»Wie alle Drenai redest du, statt zu kämpfen«, sagte der Sathuli und wandte sich ab.
»Hat die Angst deine Gedärme in Wasser verwandelt?« fragte Rek sanft.
Der Mann drehte sich um und lächelte. »Aha, jetzt versuchst du, mich zu ärgern. Sehr schön! Wir werden kämpfen. Werden deine Männer ihre Schwerter ablegen, wenn du stirbst?«
»Ja.«
»Und wenn ich sterbe, erlauben wir euch weiterzuziehen?«
»Ja.«
»So sei es. Ich schwöre es bei der Seele von Mehmet, gelobt sei Sein Name.« Joacim zog einen schlanken Krummsäbel, und die Sathuli um Rek zogen sich etwas zurück und bildeten einen Kreis um die beiden Männer. Rek zog sein Schwert aus der Erde, und der Kampf begann.
Der Sathuli war ein fähiger Schwertkämpfer, und Rek wurde zurückgedrängt, sobald der Kampf begonnen hatte. Serbitar, Virae und die anderen sahen ruhig zu, wie wieder und wieder Klinge auf Klinge traf. Parade und Angriff, Hieb und Parade, schlagen und taxieren. Zuerst verteidigte Rek sich vehement,
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