Die Legende der Alten: Teil 1: Erwachen (German Edition)
Zeit, Chak wieder einmal zu besuchen“, sagte er.
„Chak ist tot“, entgegnete Nomo weinerlich, ließ sich aber widerstandslos von Kex wegführen.
***
Esrin gestikulierte aufgeregt mit seinen Händen. Er hatte Mühe, die richtigen Worte zu formen. Immer wieder fluchte er laut, der Maulesel spitze jedes Mal die Ohren. Mehr als eine Stunde hatte Esrin in der Einöde ausharren müssen, zu viel für seine ohnehin strapazierten Nerven. Jetzt, endlich wieder oben angekommen, machte er seinem Unmut ohne Hemmungen Luft. Der Wärter ließ Esrins Schimpftiraden mit einem gewissen Gleichmut über sich ergehen. Erst als Esrin nach Kex und Nomo fragte, antwortete er und zeigte auf den Weg. Esrin wurde noch wütender, hob drohend seine Krücke. Der Wärter wich einige Schritte zurück. Stimmen vom Weg her, schreckten Esrin auf. Eine Sänfte mit einem ganzen Tross Wachen näherte sich. Schnell zog sich Esrin hinter die Hütte des Wächters zurück. Nach wenigen Minuten erreichten die Neuankömmlinge den Fahrstuhl, die Träger setzten die Sänfte ab. Sogleich zog einer der Träger den Vorhang zur Seite, so dass Kirai sich beim Aussteigen nicht darin verfing.
„Ihr da, Wärter, schafft mir sofort die Prinzessin heran! Ich weiß, dass Ihr sie in die Einöde gebracht habt“, rief Kirai dem Wärter entgegen.
„Der Wärter ist taub, Herr“, raunte ihm eine der Wachen zu.
„Bringt mir den Jungen!“, befahl Kirai daraufhin.
Zwei Wachen zerrten Kos aus ihrer Mitte hervor. Kos Gesicht war geschwollen, seine Nase schief und mit getrocknetem Blut verkrustet, die Lippe darunter aufgeplatzt. Die Wachen schupsten ihn unsanft zu Kirai. Mit traurigen Augen beobachtete der Wärter die Szene. Immer wenn die Wachen Kos anstießen, zuckte er leicht zusammen, ballte danach die Fäuste und stieß einen kehligen Laut aus.
„Du, sag ihm, er soll die Prinzessin holen!“, forderte Kirai von Kos.
Unsicher gestikulierte Kos mit seinen Händen, der Wärter antwortete ihm. Kirai hatte die Arme verschränkt und schlug ungeduldig mit der Hand auf seinen Oberarm.
„Was sagt er? Ich dulde keinen Aufschub“, wollte Kirai schließlich wissen.
„Die Prinzessin ist nicht mehr hier…“, begann Kos.
„Was? Du kleiner Bastard willst mich wohl in die Irre führen! Wo ist die Prinzessin? Antworte!“, zischte Kirai.
Als Kos nicht sofort antwortete – wohl auch, weil er die Antwort nicht kannte – schlug Kirai ihm mit der flachen Hand ins ohnehin schon lädierte Gesicht. Kos Nase blutete erneut und auch an seiner Lippe brach der Riss wieder auf. Mit zwei schnellen Schritten sprang plötzlich der Wärter vor den Jungen, aus seinen Augen sprach die blanke Wut. Er versetzte Kirai einen derart harten Schlag mit der Faust, dass dieser bis zum Rand der Klippe geschleudert wurde und beinahe hinunter fiel. Sofort stürzten sich die Wachen auf den Wärter und knüppelten ihn nieder. Sie droschen auch dann noch auf ihn ein, als er längst regungslos am Boden lag. Inzwischen hatte sich Kirai wieder aufgerappelt. Er schaute kurz in Richtung Abgrund, wischte sich mit dem Handrücken das Blut aus seinem Gesicht und kam dann zu den Wachen gelaufen.
„Genug!“, befahl er, „Schaut in der Einöde nach der Prinzessin“
Murrend ließen die Wachen vom Wärter ab. Zwei betraten die Plattform des Fahrstuhls, die anderen mühten sich an der Winde, bis sich der Fahrstuhl endlich in Bewegung setzte. Kirai packte Kos am Hemd und hob ihn ein Stück hoch.
„Wenn du mich belogen hast, werfe ich dich eigenhändig über die Klippe“, drohte er.
Dann stellte er Kos zurück auf dessen eigene Füße und zog sich in den Schatten seiner Sänfte zurück. Dort hielt er es allerdings nicht lange aus. Ungeduldig lief er auf und ab und trieb die Wachen an der Winde an. Als die Plattform ohne Nomo wieder nach oben kam, lief er bedrohlich auf Kos zu.
„Herr, Herr! Ich habe wichtige Neuigkeiten aus dem Palast“, keuchte ein Bote, der den Weg entlang gerannt kam.
„Es sind besser gute Nachrichten“, knurrte Kirai.
„Großwesir Houst hält die Prinzessin in der Stadt versteckt. Hier ist die Adresse“, antwortete der Bote.
„Das sind in der Tat gute Neuigkeiten. Dachte ich mir doch, dass der alte Fuchs dahinter steckt. Von wem habt Ihr diese Nachricht?“, wollte Kirai wissen.
„Direkt von Eurem ersten Berater. Er musste Sleem dafür eine Nacht mit der Königin versprechen“, antwortete der Bote.
Kirai zog kurz die Augenbrauen zusammen. Wenn er nicht in so
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