Die Legende der Alten: Teil 1: Erwachen (German Edition)
wir uns kümmern müssen“, entgegnete Beo aufgebracht, „Und was die knappen Ressourcen angeht, warum dürfen die Dienenden nicht auf den Feldern arbeiten? Da ackern schwangere Frauen in den Gewächshäusern, während kräftige Männer als Dienende Kleider nähen. Das ist doch absurd. Aber die Dienenden sind damit natürlich ein Privileg jener Familien, die mehr als genug Nahrung produzieren können“
„Und die dafür sehr hart arbeiten müssen! Die Dienenden übernehmen Arbeiten für die ganze Gemeinschaft, nicht nur für ihre Familien. Sie dienen der Gemeinschaft“, antwortete Piri ebenso aufgebracht.
„Wenn es Euch um die Gemeinschaft geht, warum habt Ihr dann Zemal zu einem Dienenden gemacht? Als Nachtjäger wäre er wertvoller“, sagte Beo.
„Über den Wert der Nachtjäger kann man geteilter Meinung sein, in letzter Zeit zeigen sie sich eher aufmüpfig und arrogant. Und Zemal hatte seine Aufgabe nicht erfüllt“, antwortete Piri.
„Als wenn die Aufgabe schon jemals eine Rolle gespielt hätte. Ihr habt ihn nur zum Dienenden gemacht, weil Ihr seine Schwester Ramed bevorzugt“, mutmaßte Beo.
„Ich werde nicht schon wieder über meinen Enkel und die Dienenden reden. Mit Eurer Haltung zu diesem Thema habt Ihr bereits Mo aufgewiegelt. Das hat genug Schaden angerichtet“, entgegnete Piri.
Älteste Dilo räusperte sich vernehmlich. Um auch wirklich die Aufmerksamkeit aller Ältesten auf sich zu ziehen, stand sie auf – wobei sie leicht das Gesicht verzog und ihren Rücken mit der rechten Hand massierte –. Schließlich ergriff sie das Wort.
„Diese Diskussion hatten wir doch schon, hier ist die Entscheidung gefallen. Wir schweifen vom Thema ab. Vielleicht sollten wir uns erst einmal beruhigen und die Fakten zusammentragen. Es geht um unser Wasser. Ich erinnere daran, dass die Pumpe auch schon vor einem Jahr ausgefallen ist, damals sogar für einen halben Tag. Letzte Woche war es nur eine gute Stunde. Ich denke nicht, dass wir uns akut Sorgen machen müssen. Natürlich ist es immer von Vorteil, ein paar Vorsichtsmaßnahmen zu treffen. Wie Älteste Piri anmerkte, haben wir erneut eine Expedition ausgesandt. Damit suchen bereits drei Gruppen nach einer neuen Wasserquelle. An dieser Stelle können wir nicht mehr tun und sicher wird auch eine der Gruppen Erfolg haben. Andererseits kann es auch nicht schaden, wenigstens über eine Alternative nachzudenken. Ein Wasserspeicher würde uns ein wenig Zeit verschaffen, wenn die Expeditionen länger dauern als geplant. Die erste Expedition ist immerhin schon mehr als ein Jahr unterwegs. Wenn also Älteste Beo ein Konzept für eine solche Speicherung ausarbeiten könnte… Was meint ihr, dann können wir immer noch entscheiden“, fasste Dilo zusammen.
„Meine Meinung ist klar, ich halte dies für pure Verschwendung“, sagte Piri.
„Solange Älteste Beo die schmalen Ressourcen in Betracht zieht. Auch meine Familie ist nicht so groß, dass ich jemanden für solch ein Projekt abstellen könnte“, meldete sich Fuzill zu Wort.
„Wie ist Eure Meinung Ältester Telek?“, fragte Dilo.
Telek blinzelte einige Male gegen das Licht, das durch die offenen Fenster einfiel. Dann legte er die Stirn in Falten, so als würde er angestrengt überlegen.
„Wo waren wir doch gleich? Ach ja, wir sprachen von unseren Traditionen. Die Traditionen sind unser Fundament. Ein starkes Fundament, unsere Gemeinschaft baut darauf. Wir müssen sie an unsere Kinder und Enkel weitergeben, so wie sie uns unsere Eltern und Großeltern gelehrt haben, denn sie sind die Zukunft der Verdammten. Nur so können wir weiterhin in der Einöde überleben. Noch keine der Expeditionen war erfolgreich, sagtet Ihr? Wie schade. Aber wir sollten die Hoffnung nicht aufgeben. Sicher werden sie bald zurückkehren. Damit ist die Sitzung wohl geschlossen. Ich glaube, ich muss mich erst einmal ein wenig ausruhen. Es war sehr anstrengend heute“, sagte Telek stand abrupt auf und schlurfte zum Ausgang.
„Aber…“, begann Beo.
„Ihr habt den Ältesten Telek gehört. Solange er dem Rat vorsteht, sollten wir seine Entscheidung respektieren“, fiel ihr Piri ins Wort.
Beo presste ihre Lippen zu einem schmalen Schlitz zusammen, schnaubte kurz und stürmte dann aus der Halle. Telek schreckte regelrecht zusammen, als sie an ihm vorbeieilte. Missbilligend hob Piri die Augenbrauen und schüttelte mit dem Kopf.
„Sie ist erst achtunddreißig, zu jung für unseren Rat. Sie will sich beweisen. Wir sollten ihr
Weitere Kostenlose Bücher