Die Legende der Alten: Teil 1: Erwachen (German Edition)
Entscheidungen der Ältesten…“, begann Zemal.
„Sind unglaublich weise und zum Wohle aller. Ich weiß, ich weiß! Wie gerade du so darüber denken kannst, ist mir ein Rätsel. Aber lass uns nicht schon wieder darüber streiten. Wir gehen heute Nacht jagen und du kommst mit“, sagte Mo.
„Ich habe den ganzen Tag gearbeitet, eigentlich bin ich zu müde“, antwortete Zemal.
„Eigentlich arbeitest du jeden Tag den ganzen Tag und warst eigentlich schon die letzten fünf Mal zu müde. Langsam glaube ich, du willst eigentlich gar nicht mit mir und den anderen zusammen sein. Dabei ist dein Platz bei den Nachtjägern, weil du nicht nur eigentlich einer bist! Und heute habe ich eigentlich gar keine Lust, deine Ausrede zu akzeptieren“, entgegnete Mo.
Sie war inzwischen aus Zemals Zelt gekrochen und baute sich nun vor dessen Eingang auf. In jeder Hand hielt sie dabei einen Speer. Ihre Miene war entschlossen, geradezu bedrohlich. Zemal öffnete kurz den Mund zu einer Antwort, schloss ihn aber gleich wieder. Sein Unterkiefer arbeite für einen Moment, seine Augen suchten in der Umgebung wild nach einer Lösung, fanden jedoch keine. Ein unterdrücktes Lächeln huschte über Mos Mund.
„Kann ich mich wenigstens noch umziehen?“, fragte Zemal schließlich.
„Oh nein, auf diesen Trick falle ich nicht ein zweites Mal herein, den hatten wir erst letzte Woche. Ich werde dich nicht in dieses Zelt lassen, damit du es dir dort erst einmal gemütlich machst. Außerdem hast du gar keine andere Kleidung. Jetzt lass uns endlich gehen, die anderen warten schon“, sagte Mo und schubste Zemal dabei bereits vor sich her.
„He!“, rief Zemal mit gespielter Entrüstung.
„Aber ich stinke“, fügte er noch hinzu.
„Riecht man fast nicht“, log Mo.
Nachdem sie durch die Siedlung der Verdammten gealbert waren, trafen Zemal und Mo auf die anderen Nachtjäger. Die Nachtjäger hatten sich wie immer um den kleinen Felsen am Rand der Siedlung gruppiert. Etwas abseits stand Tikku, es war das erste Mal, dass er seit seiner Niederlage gegen Mo auftauchte. Als er Zemal sah, verzog er verächtlich das Gesicht, sagte aber nichts. Der Rest der kleinen Gruppe blickte Mo erwartungsvoll entgegen. Einige kurze, verunsicherte Blicke trafen Zemal.
„Hallo Mo. Können wir jetzt endlich jagen gehen? Ich kann es kaum erwarten, meinen neuen Speer in die Flanke einer Ratte zu stoßen“, begrüßte sie Ker.
Er war der jüngste in der Gruppe, gerade einmal zwölf. Es war seine erste Jagd überhaupt. Mit kindlicher Aufregung zappelte er von einem Bein auf das andere. Immer wieder holte er mit dem Speer weit aus und stieß ihn probeweise vor sich in die Luft.
„Pass lieber auf, dass dich die Ratte nicht vorher in deinen Hintern beißt. Kindskopf“, sagte Ilbi und stupste dabei ihren Fuß in Kers Hintern.
Der wollte noch ausweichen, war aber viel zu langsam. Die anderen lachten laut. Auch Tikku war inzwischen näher herangetreten. Er wirkte verlegen, ließ Mo nicht aus den Augen, so als erwartete er, jeden Augenblick davongejagt zu werden.
„Wo gehen wir hin Mo?“, fragte er vorsichtig.
„Ja, wo soll es denn hingehen?“, fragte auch Ilbi, die Ker zusammen mit Skio, Elid und Preido immer noch mit kleinen Fußtritten malträtierte.
Angesichts der weiblichen Übermacht stand Ker auf verlorenen Posten. In welche Richtung er auch auswich, immer war eine der Damen hinter ihm. Zemal befürchtete, der Junge würde morgen vor lauter blauen Flecken nicht mehr sitzen können. Als sich Ker schließlich hinter Zemal rettete, endete das Spiel abrupt. Nicht einmal Preido, ansonsten immer in vorderster Reihe, wagte sich näher als zwei Meter an Zemal heran. Selbst ihr Kichern erstarb.
„Einer der Wächter an den Gewächshäusern hat gestern Nachmittag zwei Ratten im Osten gesichtet. Das ist doch schon mal ein Anfang. Lasst uns aufbrechen, sonst ist die Nacht vorbei“, sagte Mo.
Ihr Sieg gegen Tikku hatte Mo zur Anführerin gemacht, wie selbstverständlich wurden ihre Entscheidungen von der Clique akzeptiert. Dass es Tikku endlich einmal jemand gezeigt hatte, nötigte den anderen Respekt ab, selbst Preido – obwohl sie dies nie zugeben würde –. Einige, wie Ker und Ilbi waren seither sichtlich aufgetaut. Ihrem noch jungen Alter entsprechend tollten und alberten sie nun oft herum. Tikku hatte derlei kindisches Verhalten selten toleriert, Mo störte sich nicht daran. Kurz nach dem Kampf hatte Preido noch versucht, den vakanten Führungsposten zu
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