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Die Legende der Alten: Teil 1: Erwachen (German Edition)

Die Legende der Alten: Teil 1: Erwachen (German Edition)

Titel: Die Legende der Alten: Teil 1: Erwachen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Thiele
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Nachtjäger schlimmer behandelt als Vieh. Wir krochen im Staub der Einöde vor ihnen. Erst der große Aufstand machte dem ein Ende und die Tyrannen von einst zu Dienenden. Ein Schicksal, tausend Mal humaner als das unserer Vorfahren. Wollt Ihr ein neues Zerwürfnis zwischen den Verdammten? Neue Herren? Auch wenn es die meisten offensichtlich vergessen haben, bis vor einigen Generationen waren alle Nachtjäger Dienende, diese Tradition hätte nie gebrochen werden dürfen. Gerade an Mo können wir sehen, wohin das geführt hat. Den Triumpf, meinen Enkel zu Ihresgleichen zu mache, bekommt sie von mir nicht. Ihr schlechter Einfluss auf Zemal ist schlimm genug“, entgegnete Piri.
    „Persönliche Anschuldigungen bringen uns in dieser Sache nicht weiter. Die Zeiten, von denen Ihr sprecht, Älteste Piri, sind lang vergangen. Nachtjäger werden deshalb nicht mehr automatisch zu Dienenden, dieses Gesetz wurde längst abgeschafft. Das heißt aber nicht gleich, dass Nachtjäger keine Dienenden mehr sein dürfen. Es steht jeder Familie frei, mit oder ohne Dienende zu leben, sei es nun ein Nachtjäger oder nicht“, erstickte Dilo einen aufflammenden Streit zwischen Piri und Beo.
    „Junge Menschen benötigen Grenzen, ihre Energie muss in die richtigen Bahnen gelenkt werden. Hitzköpfe wie Mo hat es schon immer gegeben. Ich selbst war in meiner Jugend nicht gerade einfach im Umgang. Die Demut, die jeder Verdammte benötigt, um in der Einöde zu überleben, musste ich schmerzhaft lernen“, sagte Fuzill.
    „Wir bestrafen sie also dafür, dass sie die ganze Siedlung mit Nahrung versorgt haben?“, fragte Beo ungläubig.
    „Wir bestrafen sie nicht, dass sie die Ratten ins Lager gebracht haben, sondern dafür, dass sie nicht die Wahrheit sagen, wie sie an die Wüstenratten gekommen sind“, korrigierte Piri.
    „Und woher wissen wir, dass sie lügen? War einer von uns dabei?“, wollte Beo wissen.
    „Bisher basiert unsere Diskussion doch auf Gerüchten und Vermutungen. Wie wäre es, wenn wir die jungen Nachtjäger und auch den Dienenden Zemal einzeln zu den Ereignissen befragen. So werden wir die Wahrheit herausfinden und wir können weitere Schritte einleiten“, schlug Dilo vor.
    „Das wäre zumindest ein Anfang“, sagte Beo.
    „Ich stimme zu“, sagte Fuzill.
    „Gut, wenn dies alle für notwendig halten, habe ich nichts dagegen. Was ist mit dir Telek. Telek?“, fragte Piri.
    Telek schreckte auf.
    „Was? Ja, natürlich, so machen wir es“, sagte er.
    ***
    Die Ereignisse der Jagd hatten sich in der Siedlung der Verdammten ausgebreitet wie ein Lauffeuer. Schließlich hing nun in den Vorratszelten jeder Familie mehr Fleisch als die letzten zehn Jahre zusammengenommen. Ein so noch nie dagewesener Überfluss. Und damit die Geschichte nicht in Vergessenheit geriet, erzählte Mo immer neue Details, auch wenn sie gar niemand danach fragte. So manches Mal übertrieb sie dabei, schmückte die Leistung Zemals mit blumigen Worten aus und erhob ihn so in den Status eines Übermenschen. Natürlich betonte sie immer wieder, wie unsinnig und ungerecht sie es fand, einen „Helden“ wie Zemal zu einem Dienenden zu machen. Für Zemal wurde das Leben so nicht eben einfacher. Die Verdammten drehten sich nach ihm um, starrten misstrauisch, sie tuschelten. Er war ein Dienender, Dienende ignorierte man. Doch Zemal wurde nicht mehr ignoriert. Wenn es wenigstens Achtung gewesen wäre, die man ihm entgegenbrachte, Anerkennung für Kers Rettung oder ein bisschen Dankbarkeit für das viele Fleisch, es hätte ihm nichts ausgemacht. Aber es war Angst, die ihm entgegenschlug. Ja, die meisten Verdammten fürchteten ihn. Sie wagten es nicht einmal mehr, ihm Arbeit zuzuteilen. Er suchte sich die Arbeit nun selbst. Doch als er gestern bei der Ernte der Wollblumen helfen wollte – neben dem Leeren der Gruben eine der undankbarsten Aufgaben überhaupt –, wurde er sogar weggeschickt. Kaum einer redete überhaupt noch mit ihm. Selbst seine Eltern wogen jedes Wort zweimal, bevor sie es aussprachen, oft breitete sich bei den Mahlzeiten eine unangenehme Stille aus. Inzwischen nahm Zemal stumm seine Ration und aß allein in seinem kleinen Zelt. Die Verdammten mieden ihn, gingen ihm wenn möglich aus dem Weg. Gespräche verstummten, sobald Zemal auftauchte, Verdammte wechselten eilig die Gehrichtung, Kinder rannten davon.
    Lediglich die Nachtjäger akzeptierten ihn noch, einige suchten sogar seine Nähe. So hatte sich Ker bereits mindestens zehnmal bei Zemal

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