Die Legende der Alten: Teil 2: Wiederkehr (German Edition)
einen Moment, suchte die Mitglieder der Bande, die an verschiedenen Ecken herumstanden oder durch die Straßen patrouillierten, dann schlenderte er zu Chaks Haus hinüber.
***
Warten lag ihr nicht besonders. Dreimal hatte sie Kex bisher schon versetzt. Allein um sich abzulenken, streifte Nomo durchs ganze Haus, rückte hier einen Stuhl zurecht, verschob da eine Kommode, wischte alten Staub beiseite. Einige der Zimmer würde sie mittlerweile beinahe wieder als wohnlich bezeichnen, ein bisschen aus der Zeit, aber mit einem gewissen Charme. Nomo überlegte, ob sie sich hier nicht dauerhaft ein Refugium einrichten sollte. Sie könnte sogar neue Kontakte knüpfen, wäre viel näher am Geschehen, der Stimmung in der Stadt. Eine zweite Identität als Frau eines reisenden Händlers ließ sich sicher arrangieren. Nur müsste sie dann noch längere Abwesenheiten im Palast erklären. Schon jetzt kämpfte sie für jede Minute Freiraum, ihre Mutter zeigte sich misstrauischer denn je. Ein leichter Luftzug riss sie aus ihren Gedanken, jemand betrat das Haus, leise, sie hörte nicht einmal die Tür. Ihr Herz pochte ein wenig schneller, für einen Moment hielt sie die Luft an. Was, wenn es doch ein anderer Kex war? Wenn sie sich unnötig in Gefahr gebracht hatte? Zu spät, darüber nachzudenken!
„Kex, bist du das?“, rief sie entschlossen.
Schritte näherten sich, dann stand er plötzlich in der Tür. Das letzte Mal hatte sie ihn im Kerker gesehen, dreckig und verhärmt. Davon war nichts geblieben, ein stattlicher junger Mann. Nur seine Augen blickten kalt. Sie hielten Nomo davon ab, ihm einfach vor Freude um den Hals zu fallen.
„Ich dachte du wärst tot“, sagte sie stattdessen, „Du siehst gut aus“
„Es hat nicht viel gefehlt. Ein Menschenleben zählt nicht viel bei euch Beseelten“, sagte Kex knapp.
„Jarol hatte mich vor deinem Hass gewarnt. Was ist geschehen? Du warst verschwunden, als mich Kirai im Kerker gefunden hat“, fragte Nomo.
„Ihr verfüttert Menschen an Menschen. Man sollte euch allesamt selbst in eure Grube stecken“, erwiderte Kex.
„Die Grube? Ich war noch nie da. Was andere an diesen Hinrichtungen finden, verstehe ich nicht. Aber ich kenne natürlich die Geschichten“, sagte Nomo.
Sie schwiegen eine Weile. Nomo vermied es, Kex direkt anzusehen. Nervös zupfte sie an ihrer Hose.
„Was willst du von mir?“, fragte Kex schließlich.
„Ich soll Kirai heiraten“, sagte Nomo, als würde dies alles erklären.
„Viel Glück“, entgegnete Kex.
Nomo atmete einmal tief durch, Worte konnten so weh tun.
„Ich will ihn nicht heiraten. Ich dachte … Du musst mir helfen, Kex“, presste sie schließlich hervor, „Bitte“
„Die Angelegenheiten der Beseelten kümmern mich nicht. Außerdem kann ich nicht einfach in den Palast spazieren und Kirai ein Messer in die Brust rammen, auch wenn ich es gern täte. Viel eher lande ich erneut in seinem Kerker und genieße seine bekannte Gastfreundschaft. Manche Erfahrungen sollte man nur einmal im Leben machen“, lehnte Kex ab.
„Bei den Alten, es geht nicht darum, ihn umzubringen“, sagte Nomo erschrocken, „Ich habe einen anderen Plan. Ich möchte, dass er mir zur Hochzeit die Rückkehr der Alten verspricht“
„An die Legenden, die die Priester erzählen, glauben doch nur Kinder. Die Alten werden niemals zurück kommen“, warf Kex ein.
„Dann gibt es ziemlich viele große Kinder. Aber richtig, die Alten kehren nie zurück. Wenn es mir Kirai verspricht, findet auch die Hochzeit nie statt“, sagte Nomo.
„Was hätte er von diesem Versprechen? Muss er dir ein solches Geschenk machen, damit er dich heiraten darf? Gehört das zu den Gepflogenheiten der Beseelten? Sein Folterkeller ist eine Ruine der Alten, aber deshalb glaubt er noch lange nicht an ihre Rückkehr“, bemerkte Kex.
„Alles nur eine Frage der richtigen Argumente. Im Palast breiten sich bereits einige Gerüchte aus, sie müssen nur noch ein wenig befeuert werden, brauchen neue Nahrung. Jede Lüge wird zur Wahrheit, wenn man sie nur oft genug hört. Eine von Hems Weisheiten …“, erwiderte Nomo.
„Hem?“, fragte Kex.
„Der oberste königliche Spion, er unterrichtet mich. Erzähle ich dir später. Die Gerüchte müssen die ganze Stadt erfassen, es braucht Hinweise, Andeutungen, ein paar Artefakte der Alten. Die Priester suchen nach Geräten, mit denen man die Alten rufen kann. Der Aussicht auf eine derartige Entdeckung wird Kirai nicht widerstehen und das Publikum bei
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