Die Legende der Alten: Teil 2: Wiederkehr (German Edition)
„Sicherheitsbereich“ stand in großen roten Buchstaben über ihnen. Zwischen zwei der Türen trübte ein großer, von Ruß geschwärzter Fleck die Wand. Von da aus war die Scheibe in mehrere Richtungen gesprungen. Houst ging vorsichtig an unzähligen zerstörten Maschinen der Alten vorüber. Vor den dazwischen liegenden, manchmal noch zuckenden Leichenteilen am Boden schreckte er einerseits zurück, andererseits faszinierte ihn der bizarre Anblick. Ausgehend von den menschlichen Resten hatte etwas ein dichtes Gespinst aus mal hauchdünnen, mal etwas dickeren grauen Fäden gewebt. Berührungen verursachten ein unangenehmes Kribbeln. Bisweilen meinte Houst dabei ein Flüstern zu vernehmen. Er sah sich überall nach den Webern um, fand jedoch keine. Vielleicht versteckten sich die Tiere in den kleinen Knoten, mit denen die Fäden verbunden waren. Houst bückte sich nach einer Hand, betrachtete sie genauer. Mittel und Zeigerfinger zuckten leicht, als er sie berührte. Ihn durchfuhr dasselbe Kribbeln wie bei dem Gespinst. Die Haut gab nach, die Knochen darunter schienen zu fehlen, zumindest teilweise. Es fühlte sich nach Haut an, nach lebender Haut. Warm, weich, makellos. Aber wie konnte eine Hand leben, ohne Blut, ohne den Menschen, an dem sie normalerweise hing. Von so etwas hatte er selbst in den Schriften der Alten nie etwas gelesen. Houst starrte noch für eine Weile, verglich die Hand mit seiner eigenen. Dann schüttelte er verständnislos den Kopf, stand auf und ging weiter. An der Glaswand angekommen, kletterte er über die drei kurzen Metallstangen, die aus einer Maschine der Alten herausragten und jeweils den Weg zu einer Tür versperrten. Über der Tür blinkte ein rotes Licht auf, Houst erschrak regelrecht, als eine Stimme erklang.
„Bitte authentifizieren Sie sich“, sagte sie mehrmals.
Die Tür ließ sich nicht öffnen, so sehr Houst auch an ihr drückte und schob. Eine Klinke hatte sie ohnehin nicht. Vielleicht half es ja, die Maschine davor etwas eingehender zu studieren. Doch außer einem aufgezeichneten roten Kreis entdeckte Houst nichts, keinerlei Knöpfe oder Schalter. Er legte seine Hand auf den Kreis, nichts passierte. Wenig später schmetterte er einen Stuhl gegen die Glaswand, da, wo sie ohnehin bereits gesprungen war. Der Stuhl zerbrach, die Glaswand aber zerfiel nicht. Houst fluchte leise. Türen, die sich nicht öffneten, machten keinen Sinn. Irgendeinen Mechanismus musste es geben. Grotesk, er hatte so viel über die Alten gelesen, kannte sich mit deren Geräten besser aus als jeder andere. Und doch scheiterte er an einer einfachen Tür. Widerwillig trat Houst von der Glaswand zurück, fummelte an den kaputten Maschinen herum, durchstöberte die menschlichen Überreste. Aus einem Torso mit noch einem Arm ragte ein dickeres Rohr heraus, mit einem seltsamen konisch zulaufenden Stöpsel am Ende. Als Houst an dem Rohr zog, ertönte ein Ohrenbetäubender Knall. Der Stöpsel schnellte aus dem Rohr, zischte haarscharf an Houst vorbei, krachte dann gegen die Glaswand und explodierte dort. Von der Wucht der Detonation wurde Houst zu Boden geschleudert, bohrte sich regelrecht in einen Haufen Leichenteile. Glas und Metallsplitter, sowie die Fetzen des Gespinsts wischten über ihn hinweg, die Hitze versengte ihm die wenigen schütteren Haare. Rauch und Staub nahmen ihm den Atem. Kurz darauf regnete es von der Decke. Für eine Weile blieb Houst benommen liegen, wagte es nicht einmal, den Kopf zu heben. Teile seines Rückens, die aus dem jahrhundertealten Schmuddel herausragten, brannten. Lediglich das kalte Wasser, das noch immer von der Decke rieselte, linderte den Schmerz ein wenig. Schließlich wühlte sich Houst doch unter dem Haufen hervor, stöhnte, schrie, fluchte und ächzte dabei. Sein linker Arm war wohl gebrochen, die rechte Schulter aufgerissen, die Kopfhaut verbrannt. Immerhin, in der Glaswand klaffte nun eine deutliche Lücke.
***
„Wir sollten nicht zu hart mit ihnen sein“, sagte Dilo, „Schließlich haben sie sich mit reichlich Geschenken entschuldigt. Das Tuch steht Euch übrigens ausgezeichnet, Piri. Auch diese Trinkgefäße sehen ausgesprochen dekorativ aus. Man kann den Alten nicht vorwerfen, dass sie keinen Geschmack hatten“
Dabei nippte Dilo kurz an ihrem Wasser, drehte den Becher dann vor dem Gesicht und betrachtete das Muster. Zwar hätte es der Geschenke nicht bedurft, um Dilo wieder zu beruhigen – nach einem Wutausbruch kehrte sie stets schnell zu ihrer ruhigen,
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