Die Legende der Dunkelheit: Thriller
–«
»Ich liebe dich«, fiel Michael ihr mit sanfter Stimme ins Wort. »Vergiss das nie.«
»Wenn ich dich nicht verlassen hätte –«
»Wenn ich nicht nach Italien geflogen wäre …«, unterbrach Michael sie und sah ihr tief in die Augen. »Es ist alles meine Schuld.«
»Nein …« KC lächelte. »Wir zahlen hier nur den Preis dafür, dass wir einem Freund geholfen haben. Diese Leute … sie sind schuld, nicht du.«
»Wolltest du wirklich davonlaufen?«, fragte Michael. »Wolltest du wirklich in England bleiben?«
»Wärst du gekommen, um mich zu holen?«, entgegnete KC. »Auf die Verfolgungsjagd hatte ich mich irgendwie schon gefreut.«
Michael lächelte, als hätten sie sonst überhaupt keine Probleme, als würde über ihnen nicht der Tod hängen wie ein Damoklesschwert.
Und dann sah Michael es plötzlich, Blut, das aus ihrem linken Nasenloch tropfte. »Wie wär’s, wenn wir uns einfach beide aus dem Staub machen?«, meinte KC, die nicht bemerkte, dass ihre Nase blutete.
»Nein.« Michael schüttelte den Kopf und versuchte, konzentriert zu bleiben. »Das Risiko kannst du nicht eingehen. Es kann ja sein, dass Annie dich unterschätzt, aber du darfst sie nicht unterschätzen. KC, ich könnte es nicht ertragen, dich zu verlieren. Noch einmal halte ich das nicht aus.«
»Michael –«
»Hör mir gut zu«, sagte Michael. »Du holst dieses Artefakt, gibst es nicht aus der Hand, und du bleibst am Leben, ganz egal, was passiert. Denn ich werde kommen und dich holen.«
Lucas und Jon, der das iPad unter dem Arm trug, gingen den Korridor hinunter. Sie hatten Michael gerade verlassen, damit der noch eine Weile über KC nachdenken konnte. Lucas hatte von Anfang an vorgehabt, Michael zu erlauben, sie zu sehen und mit ihr zu sprechen; das gewährleistete, dass er sich weiterhin auf seine Aufgabe konzentrierte.
Als er die Tür zu seiner Suite öffnete, erblickte Lucas ein großes, in Geschenkpapier eingewickeltes Paket, das auf dem Esstisch am Fenster stand.
»Was ist das?«, fragte Lucas.
Jon bedeutete Lucas, an der Tür stehen zu bleiben, und ging zum Fenster, um das Paket zu untersuchen. Er fuhr mit den Händen darüber, roch daran, schaute unter den Tisch.
»Niemand weiß, dass ich hier bin«, sagte Lucas.
»Das stimmt nicht«, widersprach Jon und sah Lucas an. »Oder?«
»Mit meiner Freundin hatte ich nicht gerechnet«, gab Lucas zu und starrte dabei vom anderen Ende des Raums auf die Schachtel in dem blauem Geschenkpapier. »Woher wissen Sie das?«
»Die Telefone in unseren Zimmern werden alle abgehört, auch Ihres; das ist Vorschrift. Sie hat Sie vor ein paar Stunden angerufen und Ihnen außerdem auch noch eine schriftliche Nachricht hinterlassen.«
Jon sprach nicht weiter, denn er konnte an Lucas’ Gesicht sehen, wie verärgert der darüber war, dass man die Nase in seine Privatangelegenheiten gesteckt hatte. »Aber es ist schön, dass Sie eine Freundin haben.«
Lucas nickte, den Blick immer noch auf das Paket geheftet.
»Meinen Sie, es ist von ihr?«, fragte Lucas.
»Das können Sie besser beurteilen als ich.«
Lucas trat näher heran und sah sich die Schachtel genauer an.
»Obwohl es ganz gut sein kann für Ihre Tarnung«, sagte Jon, »ist es trotzdem ein Fehler, dass sie hier ist.«
»Ich werde mit ihr reden. Bevor hier irgendetwas läuft, wird sie wieder weg sein. Sonst noch etwas, was Sie an mir kritisieren möchten?«
»Nein, Sir«, erwiderte Jon.
Lucas wandte sich wieder dem Paket zu.
»Ich glaube nicht, dass es eine Bombe ist«, sagte Jon. »Darauf stehen sie nicht in Macao, das ist nicht der Stil der Triaden und erst recht nicht der von Xiao.«
»Sie werden dafür bezahlt, dass Sie herausfinden, was es ist«, entgegnete Lucas in befehlendem Ton.
Jon schaute auf das Paket, legte sein Ohr darauf und lauschte. Und dann fiel ihm der Geruch auf: erdig, vertraut. Er riss das Geschenkpapier herunter, und zum Vorschein kam ein eleganter Karton im Tiffany-Design, der an den Kanten mit Klebeband verschlossen war. Er zog sein Messer heraus, durchschnitt das Klebeband, öffnete den Karton und starrte auf das, was darin war.
Er hielt den Atem an und ging um den Tisch herum, ohne auch den Blick vom Inhalt des Pakets zu wenden.
Schließlich schaute er auf, sah Lucas an, und nach einer kleinen Ewigkeit griff er in den Karton und zog den Kopf von Ken Reiner heraus.
Jon hielt ihn hoch und untersuchte die Schnittstelle an Reiners abgetrenntem Schädel: Die Hautränder waren glatt, als hätte
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