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Die Legende der Dunkelheit: Thriller

Die Legende der Dunkelheit: Thriller

Titel: Die Legende der Dunkelheit: Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Doetsch
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boten, wie auch in den Geschäften und Dienstleistungsbetrieben, die sicherstellten, dass die Kunden das Haus erst verließen, wenn es entweder Zeit war, nach Hause zu fahren, oder wenn sie völlig pleite waren.
    Michael bewunderte dieses Geschäftsmodell. Bei den Glücksspielautomaten lag die Gewinnmarge des Hauses irgendwo zwischen 3 und 15 Prozent. Von jedem 10-Dollar-Einsatz verlor das Haus im Schnitt zwischen dreißig Cent und einem Dollar fünfzig. Beim Würfelspiel, beim Poker und beim Blackjack war der Gewinn unterschiedlich hoch, aber insgesamt lag der durchschnittliche Anteil des Casinos bei 8 bis 11 Prozent. Und für die paar wenigen Glücklichen, die das Casino schröpften, hatte man hinter der Tür Fallen aufgestellt: gleißende Geschäfte, in denen sie dieses Geld gleich wieder zurückgeben konnten, indem sie es für Geschenke ausgaben oder für Kleidung, Massagen, Essen und Alkohol.
    Michael wandte sich ab und ging hinaus in die kühle Nachtluft. Im nächsten Moment kam er sich vor, als wäre er mitten in Venedig: 350 Geschäfte und Cafés, die aussahen, als stammten sie aus der Blütezeit der italienischen Stadt, wurden durch die großen Kanäle zu einem unwirklichen Leben erweckt.
    Michael betrachtete prüfend den breiten Kanal, dessen Wasser blau und klar war, viel sauberer als das, was in den letzten Jahrhunderten durch Venedig floss. Er bestieg eine schwarze Gondel, und der Gondoliere ruderte ihn zweimal durch die mäandernden Wasserwege. Der Asiate war bekleidet mit einer schwarzen Hose, mit einem rot-weiß gestreiften Hemd und einem Strohhut, um den ein rotes Band geschlungen war. Mit sanften Schlägen lenkte er das lange schmale Boot, während Musik durch die Nachtluft wehte wie ein sanfter Wind. Als Michael die Augen schloss, fühlte er sich, als wäre er in Italien.
    Die Kanäle hatten insgesamt eine Länge von mehr als anderthalb Kilometern. Auf den Bauzeichnungen, die Jon ihm beschafft hatte, waren Michael die Abflüsse und die Rohre aufgefallen, und er wusste, dass es dort Zugangswege gab, Tunnel, die für Reinigungs- und Wartungsarbeiten genutzt wurden und die die verschiedenen Kanäle miteinander verbanden. Er schätzte, dass es über 400 Millionen Liter Frischwasser waren ohne irgendeinen wahrnehmbaren Geruch, eine enorme Verbesserung gegenüber dem gelegentlichen Gestank und der trüben Farbe von Venedigs Markenzeichen.
    Als die Gondel ihre letzte Schleife zog, schaute Michael hinauf zu der fünf Jahre alten »historischen« Stadt. Nach seinen Berechnungen erwirtschaftete die Anlage jede Nacht über 10 Millionen Dollar. Und dieser Betrag stimmte ihn nachdenklich. Obwohl das Glücksspiel schon immer Teil der Kultur Macaos gewesen war, hatte man die ursprünglichen, altmodischen Casinos auf der Insel erst in den späten Neunzigerjahren abgerissen, zu Beginn des New-Age-Booms, als die Mega-Konzerne mit ihrem Las-Vegas-Design und ihren bombastischen Ideen aus dem Mittleren Osten gekommen waren, um Platz für einen Neuanfang zu schaffen, der das Potenzial für Profite hatte, die das Bruttosozialprodukt so mancher kleinen Nation übersteigen würden.
    Doch Michael wusste, dass so ein Traum seinen Preis hatte. Niemand gab sein Geschäft auf und schenkte es einem Ausländer, schon gar nicht die Chinesen. Und da die Triaden die alte Welt mit dem stillschweigenden Einverständnis aller Beteiligten kontrolliert hatten, hatten sie die Finger auch in jedem Casino auf dem Cotai Strip drin.
    Die Public-Relations-Firmen hatten dafür gesorgt, dass an der Küste von Macao mit keinem Wort erwähnt wurde, dass es die Triaden gab, doch sie waren immer da, wie ein Schatten in einer mondhellen Nacht. Die Geschäftswelt arbeitete mit ihnen zusammen, das war keine Frage. So ähnlich, wie Las Vegas am Anfang von der Mafia regiert worden war, regierten die Triaden Macao. Und während konventionelle Firmen das Gesetz nutzten, um mit Dieben fertig zu werden, gingen die Triaden das Ganze völlig anders an.
    Carl Wang war tadellos gekleidet. Er trug einen Designer-Anzug, hatte einen perfekten Haarschnitt und manikürte Fingernägel, doch Michael wusste, dass hinter diesem Mann weit mehr steckte, als sein metrosexuelles Erscheinungsbild vermittelte. Wang hatte zwei besondere Merkmale, die schwer zu verbergen waren. Eine gezackte Narbe, die sich bis über den weißen Kragen seines Hemdes zog und die mit ihrer willkürlichen Form ganz offensichtlich nicht von einer Operation herrührte, und Tätowierungen, die unter

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