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Die Legende der Roten Sonne: Stadt der Verlorenen (German Edition)

Die Legende der Roten Sonne: Stadt der Verlorenen (German Edition)

Titel: Die Legende der Roten Sonne: Stadt der Verlorenen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Charan Newton
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in einer Ruine zu übernachten, die ein Jagdhaus gewesen sein mochte, am Fuß einer steilen Klippe stand und voller dürrem Ginster war. Der Bau stand schief, als wollte der Fels dahinter ihn zum Einsturz bringen. Farbige Kiesel belebten das Mauerwerk. Die Fenster waren längst zerbrochen und die Tür kaputt, aber immerhin bot die Anlage Zuflucht.
    Plötzlich brach ein arger Sturm los und fuhr wie etwas Wildes durch die Landschaft. Sie zündeten im alten Herd mit Schwefel und Kalk ein Feuer an, und obwohl Randur Munio nervös aufgetragen hatte, sich weiter um alle Essensdinge zu kümmern, bereitete Eir – ohne recht zu wissen, wie das ging – die drei Hasen zu, die der Alte im Laufe des Tages erlegt hatte. Rika setzte sich mit gekreuzten Beinen in eine Ecke und versank in ihre eigenen Betrachtungen. Während der Schwertmeister eine Landkarte studierte, verrammelte Randur die kaputten Fenster mit Holz, so gut es eben ging, und empfand dabei das schöne Gefühl, Fortschritte zu machen und sich einzurichten. Auch lieferte er sich mit Munio einen heiteren verbalen Schlagabtausch, der – wie so manches – dazu diente, ihre Freundschaft langsam zu erneuern.
    Sie zündeten Laternen an. In den Zimmern befanden sich übrig gebliebene Ornamente, Fresken, Möbel, Reit- und Jagdwerkzeuge, doch bei näherem Hinsehen erwies sich alles als absichtlich zerstört, und Randur fragte sich, warum es dazu gekommen war.
    »Was mag hier geschehen sein?« Er hob einen Zinnteller, um die Bescherung im schwachen Licht zu mustern. »Sogar im Metall finden sich Beißspuren.«
    »Da dürfte jemand hungrig gewesen sein«, meinte Eir. »Ob es für die Pferde gut ist, sie bei diesem Wetter draußen zu lassen?«
    »Aber sicher«, beruhigte Randur sie. »Hinterm Haus ist es windgeschützt, und ich hab die Tiere großzügig gefüttert. Wie sind wir bisher vorangekommen, Munio?«
    »Gut«, erwiderte der Alte mit undurchdringlicher Miene. »Wir liegen genau im Zeitplan.«
    »Und das ist sicher der schnellste Weg?«
    Munio sah auf und funkelte ihn zornig an. »Wir dürfen den Pfad nicht verlassen, wenn wir je nach Villiren gelangen oder wenigstens am Leben bleiben wollen. Traust du diesem alten Hirn etwa noch immer nicht?«
    »Ich traue Euch.«
    »Gut. Ist noch Wein übrig?«
    »Den habt Ihr gestern Abend ausgetrunken.«
    Munio ächzte und machte sich erneut daran, die Karte zu studieren. Er hatte darauf geachtet, dass sie genau im Zeitplan blieben, und Randur war schleierhaft, woher diese plötzliche Penibilität gekommen war. Vielleicht daher, dass es keinen Wein mehr gab und Munio zu seinem Naturzustand überging: nüchtern, zornig und getrieben.
    Eir brachte den Braten. Ihr goldenes Halsband glitzerte im Kerzenlicht, als sie sich über den Tisch beugte. Das Essen war außen verkohlt und innen nahezu roh. »Setz das lieber noch mal kurz auf den Herd«, sagte Randur, um sie aufzumuntern – und um sich nicht die ganze Nacht draußen im Sturm übergeben zu müssen.
    Rika beendete ihre Meditation und sprach mit Munio über die Route nach Villiren. Mit dem Finger folgte sie einer dicken Linie und fragte: »Wird diese Straße von der Armee benutzt? Ich würde vorschlagen, dass wir uns von allen Orten fernhalten, wo die Armee sein könnte.«
    Munio schüttelte den Kopf und starrte auf die Karte. »Diese Straße müssen wir kreuzen – da bleibt uns keine Wahl. Doch in diesem Bereich der Insel gibt es keine Soldaten. Die Straße diente hauptsächlich dem Erztransport.«
    Mit vorsichtigem Stolz brachte Eir das Essen erneut an den Tisch. »Ich glaube, der Sturm hat etwas nachgelassen, Rand. Magst du nicht mal nach den Pferden schauen?«
    Randur seufzte. Magst du nicht mal … ? schien eine gebräuchliche Frage in engen Beziehungen zu sein – und eine enge Beziehung war er nicht gewohnt – , und die ehrliche Antwort wäre natürlich: Nein, ich mag nicht. Ich habe mich nun eine halbe Stunde lang erfolgreich bemüht, nicht an den verdammten Sturm zu denken. Ich mag lieber im Warmen und Trocknen bleiben, vielen Dank!
    »Ja, Liebes«, antwortete er widerstandslos und trottete durchs Nebenzimmer zum Hauseingang.
    Er stieß die beiden Balken beiseite, mit denen er die Tür verrammelt hatte, und öffnete sie. Auf der halbdunklen Lichtung standen mehrere Gestalten und sahen sich um. Sein Herz tat einen Satz. Er schloss vorsichtig die Tür, um keinen Lärm zu machen, spähte durch ein Astloch und konnte mehrere Personen mit … schneeweißer Haut erkennen. Was

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