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Die Legende der Roten Sonne: Stadt der Verlorenen (German Edition)

Die Legende der Roten Sonne: Stadt der Verlorenen (German Edition)

Titel: Die Legende der Roten Sonne: Stadt der Verlorenen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Charan Newton
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waren das für Leute? Albinos?
    Beim zweiten Hinsehen stellte er fest, dass es sich um Männer und Frauen handelte, nackt und sehr schlank. Vor dem dunklen Wald waren sie klar zu sehen, mit Schneewehen im Hintergrund aber perfekt getarnt. Sie bewegten sich ruckartig, und hinter ihnen wogten die Bäume im Sturm.
    Er winkte Munio heran und bedeutete dem Schwertmeister, durchs Astloch zu schauen. Kaum hatte der sich hingehockt, um besser zu sehen, schrak er überrascht zusammen.
    »Geister?«, keuchte er.
    Weitere Gestalten tauchten auf. Zu zehnt begannen sie, sich mit Gebärden zu verständigen wie Stammesangehörige auf der Jagd – das war kein beruhigendes Vorzeichen.
    »Unsinn«, brummte Randur. »Geister verständigen sich nicht so.«
    »Und wann, lieber Junge, hast du je einen Geist etwas tun sehen?«
    »Auch wieder wahr«, räumte Randur ein.
    Von der Seite kam ein leises Geräusch, und dann führten zwei weißhäutige Neuankömmlinge eins der Pferde auf die Lichtung. Sie umringten das Tier mit primitiven Waffen – mit plumpen Speeren und Bögen sowie Steinäxten – , und plötzlich erbebte es, taumelte und brach zusammen; Blut spritzte aus der Halsschlagader. Grausam machten die fremdartigen Wesen sich daran, den Pferdekopf vom Rumpf zu trennen. Dabei wurde ihre Haut rot und glitschig.
    Das Abendlicht schwand rasch.
    »Was sollen wir nur machen?«, flüsterte Randur panisch. Ihren Unterschlupf gegen diese Unbekannten zu verteidigen, erschien ihm – gelinde gesagt – aussichtslos, doch er war bereit, rauszustürmen und zu kämpfen. Ohne Pferde würden sie in dieser Wildnis sowieso bald sterben.
    Munio musterte ihn unfreundlich, ehe er eine Antwort wagte. »Wir sind krass in der Unterzahl. Und zu viert passen wir eigentlich ganz gut auf drei Pferde … «
    »Iht schlagt also vor, großer Schwertkämpfer, tatenlos abzuwarten, während diese Wesen unsere Reittiere verspeisen? Und danach vielleicht uns vier zum Nachtisch?«
    »Wenn du uns umbringen willst, Kapp, dann –«
    »Nennt mich nicht mehr so! Ich heiße jetzt Randur. Und ich werde nicht einfach rumsitzen und nichts tun.«
    Er stapfte ins Nebenzimmer und erzählte den Schwestern, was vorging. Eir schnürte sich rasch die Stiefel und griff nach ihrem Schwert. Rikas Miene blieb so ruhig wie stets.
    »Könnt Ihr Euch vorstellen, uns diesmal zu helfen?«, fragte er sie.
    Sie schüttelte den Kopf. »Tut mir leid, Randur. Das ist einfach nicht meine Art.«
    Nickend lächelte er in sich hinein. Gleich darauf stand er gefechtsbereit mit Munio und Eir an der Tür. Als er sie öffnete, sahen sich alle Weißhäutigen gleichzeitig nach ihm um. Einige hatten vom Verzehr des rohen Pferdefleischs dunkle Flecken um den Mund. Alle ruckten mit dem Kopf auf nervtötende Weise von einer Seite zur anderen.
    »Und jetzt?«, flüsterte Eir. »Bei diesem Licht sind sie kaum zu erkennen.«
    »Da hat die junge Dame recht«, sagte Munio. »Das hast du nicht bedacht, stimmt’s? Einfach wie immer ins Gefecht stürzen und –«
    »Ruhe jetzt!« Der ist so schlimm wie früher Denlin …
    Die Gestalten schwärmten mit gezückten Waffen aus und bildeten einen Halbkreis um die Tür des Jagdhauses. Je näher sie kamen, desto deutlicher konnte Randur sie erkennen. Ihre Haut besaß keine Pigmentierung, und das Netz ihrer größeren Adern war darunter problemlos zu sehen. Die Augen glühten beunruhigend blau. Diese Wesen waren menschenartig, und das in mancher Hinsicht sogar beängstigend stark, sei es in den Bewegungen, dem Auftreten, der Verständigung untereinander. Eine Gestalt in der Mitte mit langen, farblosen Haaren redete sie in einer kehligen, abseitigen Sprache an, die wie ein Zauberspruch klang.
    »Dieses Pferd hat uns gehört!«, rief Randur und wusste nicht recht, was er noch sagen sollte. Er wies auf den Kadaver im Schnee.
    Die Baumkronen rauschten im Sturm. Er hob das Schwert und richtete es auf den Mann, der ihn angesprochen hatte. »Lasst uns in Ruhe! Haut einfach ab!«
    Die Gestalt, die nun deutlich als Frau zu erkennen war, machte einige ungeheuer langsame, aber leichte Schritte auf ihn zu, als ließe sich auf dem Untergrund nicht gut gehen. Als sie nur noch eine Armeslänge von Randur entfernt war, sprach sie ihn direkt an, doch erneut verstand er nichts von ihren geheimnisvollen Lauten. Ihre blauen Augen wirkten auf ihn wie mit der Kraft von Relikten geladen. Rote Flüssigkeit rann ihr über Kinn und Hals, als liefe das Pferdeblut wie Spucke aus dem Mund. Ihr Starren

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