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Die Legende der Roten Sonne: Stadt der Verlorenen (German Edition)

Die Legende der Roten Sonne: Stadt der Verlorenen (German Edition)

Titel: Die Legende der Roten Sonne: Stadt der Verlorenen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Charan Newton
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und den Großteil des Oberkörpers weggerissen, und sein Gesicht war unkenntlich – vielleicht, weil er (anders als die Nachtgardisten) nicht magisch geschützt war.
    Brynd wankte von der Leiche weg und wischte sich kalten Schweiß von der Stirn.
    »Was, zum Henker, war das?«, murmelte Lupus, noch immer verwirrt.
    »Du hast also den Atem angehalten?« Brynd rückte Gürtel und Säbel zurecht. »Ich glaube, das war ein … na ja, ein fremdartiges graues Reptil. Eine lebende Bombe? Das klingt lächerlich. Ich verstehe nicht, wie es einfach explodieren konnte.«
    »Vielleicht ist es ja sehr schnell geflogen.«
    »Das würde immerhin erklären, warum wir nicht gesehen haben, woher es abgeschossen wurde.«
    »Es schien ihm nichts auszumachen, sich umzubringen«, meinte Lupus. »Im Gegenteil, wir haben es vor der Explosion lachen sehen. Vielleicht handelt es sich also gar nicht um eine hochentwickelte Technologie, sondern bloß um eine Gattung, die wir noch nicht begreifen. Was, wie ich finde, unsere militärischen Ziele erheblich erreichbarer wirken lässt.«
    Brynd nickte zu diesem ausnahmsweise ermutigenden Gedanken.
    Die anderen Nachtgardisten kamen, und Nelum glitt vom Pferd, um die Szenerie zu beurteilen.
    Brynd erzählte den anderen, was geschehen war.
    »Selbstmörderbomben?«, brummte Nelum und musterte den Boden, die Leiche, Lupus. »Wie kann es solche Wesen geben?«
    »So weit entfernt davon, fürs Vaterland zu sterben, ist das ja nicht, oder?«, wandte Lupus ein. »Die Beweggründe jedenfalls sind die gleichen.«
    »Da bin ich anderer Ansicht!«, fuhr Nelum ihn an. »Das ist abscheulich, wenn Ihr mich fragt. Es liegt keine Würde darin, keine Ehre.«
    »Solche Dinge können wir später bewerten«, unterbrach Brynd die beiden und bemerkte Nelums Miene. »Jetzt an die Front.«
    Als die Nachtgardisten die Front erreichten, erging Befehl, das legendäre Regiment passieren zu lassen. Männer in Jamur-Uniform wurden tot oder sterbend Richtung Etappe geschafft, und Brynd ermahnte sich, nicht hinzusehen.
    Sie bezogen hinter den Sechsten Dragonern Posten, die mit knapp hundert Mann den Hauptzubringer nach Narbenhaus blockierten. Gesichtslose Sandsteinbauten ragten links und rechts auf; die Straße war hier etwa sechzig Schritte breit.
    Während der Lärmpegel stieg, erreichten Brynd Berichte: Neun- bis zehntausend Soldaten waren bisher umgekommen, eine schockierende Zahl, da es seit Menschengedenken keine derart hohen Verluste gegeben hatte, erst recht nicht zu einem so frühen Zeitpunkt eines Konflikts. Die Stadt war zur Trauma-Fabrik geworden.
    Auf den Dächern hockten Langbogen-Schützen, die ihre Pfeile zum Hafen und nach Narbenhaus sandten, während an vorderster Front Männer mit kürzeren Bögen im Einsatz waren, Heckenschützentrupps, die Einzelne aus der Menge pickten. Viele blickten herunter und salutierten den Nachtgardisten, die nun zum Einsatz kamen. Brynd war klar, dass schon die bloße Anwesenheit seiner Krieger den Soldaten ringsum kurzfristig Hoffnung gab.
    Eine Reihe Soldaten trat vor, und die Rüstungen rasselten, als sie sich ausrichteten. Zeit, den Realitäten ins Auge zu sehen! Nur noch eine Infanterie-Einheit stand vor den Sechsten Dragonern, in vorderster Linie. Links und rechts lagen alle Gebäude drei Straßen weit in Trümmern. So konzentrierten sich nun die Aggressionen beider Seiten auf diese breite Chaussee.
    Brynd befahl seiner Einheit, Helm und Rüstung festzuzurren, und beobachtete durch die Schlitze seines Visiers, wie die Männer ganz vorn sich in Bewegung setzten.
    Beami blickte auf die leere Straße hinab. Ihr stand noch vor Augen, wie sie Lupus zuletzt gesehen hatte. Im vertäfelten Zimmer hinter ihr sichteten drei andere Ordensmitglieder die versammelten Relikte und überlegten, wie sie am besten zu nutzen waren. In der Ecke prasselte ein Feuer, und einer der drei sagte, sie solle das Fenster schließen, damit die Wärme drinbleibe. Widerwillig folgte sie seiner Bitte.
    Was wird aus Lupus? , überlegte sie. Ob er schon tot ist?
    Der Gedanke, dass er in den Krieg gezogen war, hatte sie nahezu empfindungslos gemacht, obwohl sie anfangs ja an den Kämpfen teilgenommen hatte. Nun war Lupus an der Reihe, sich zu beweisen. Beami war unendlich froh darüber, dass sie ihre Liebe – wenn auch nur für kurze Zeit – neu entdeckt hatten. Sie hatten sich am Tor der Zitadelle nur knapp verabschiedet und die Anwesenheit der anderen Soldaten dabei deutlich gespürt, doch sie hatte geglaubt,

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