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Die Legende Der Wächter 07: Der Verrat

Die Legende Der Wächter 07: Der Verrat

Titel: Die Legende Der Wächter 07: Der Verrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathryn Lasky
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kannst deinen Magen befragen, du kannst tun, was du selbst für richtig hältst. Du kannst der sein, der du sein möchtest.“
    Ich kann der sein, der ich sein möchte  … Nyrocs Magen wurde auf einmal ganz ruhig.
    „Ich will einfach nur der vortrefflichste Reine aller Zeiten sein!“, sagte er nachdrücklich. „Ich will in die Kampfkrallen meines Vaters hineinwachsen und ihnen Ehre machen.“
    Seine Worte verhallten in der Höhle. Nyroc versuchte sich den Anblick der begehrten Kampfkrallen ins Gedächtnis zu rufen, doch das Bild war verschwommen wie in dichtem Nebel. Nyroc wandte sich um und schaute wieder ins Feuer. Plötzlich legte er die Federn an und schrumpfte auf die Hälfte seines Umfangs.
    „Was siehst du, Kleiner, was siehst du?“, raunte Gwyndor gespannt.
    Nyroc wandte sich vom Feuer ab. „Nichts.“
    Gwyndor spürte, dass der junge Eulerich ihm auswich. Nyroc hatte sehr wohl etwas gesehen, aber etwas so Furchtbares, dass er es wahrscheinlich selbst nicht glauben konnte. Es war zum Verzweifeln!
    „Du musst es mir sagen, Nyroc! Noch sind wir allein!“
    Doch Nyroc hüpfte wortlos zum Eingang der Höhle, breitete die Flügel aus und stieß sich ab. Er kreiste noch einmal über der Höhle, dann flog er zu seiner Mutter zurück und ließ den Schmied einfach sitzen.
    Nyra und Nyroc unternahmen ihren üblichen Abendflug. Nyra fiel auf, dass ihr Sohn ungewöhnlich schweigsam war.
    „Sag mal, macht dir irgendetwas Kummer, mein kleiner Schatz?“
    „Nein, nein, Mama. Es ist alles in Ordnung.“
    Sie flogen über das ehemalige Revier der Sankt-Ägolius-Eulen. „War hier das Glaucidium, Mama?“
    „Ja, schon … aber wie kommst du darauf?“
    „Nur so. Irgendwer hat mir davon erzählt.“
    Nyras Magen zog sich flüchtig zusammen. „Was hat dir der Betreffende denn darüber erzählt?“
    „Dass die verwaisten Eulenkinder dort dem Mondlicht ausgesetzt waren, damit sie ganz wirr im Kopf wurden oder so.“
    „Wer dort hinkam, hatte sowieso nicht viel im Kopf“, sagte Nyra geringschätzig. „In Sankt Ägolius gab es nur ganz wenige Schleiereulen.“
    „Ach so“, sagte Nyroc.
    Nyra musterte ihren Sohn argwöhnisch.
    „Erzähl mir doch noch mal von der Nacht, in der mein Vater getötet wurde, Mama.“
    „Aber gern, mein Schatz. Dein Vater starb in der Großen Brandschlacht. Die Wächter von Ga’Hoole waren in der Überzahl und hatten mehr Waffen als wir. Da half es auch nichts, dass wir wesentlich geschickter im Fackelkampf waren als sie. Dein Vater kämpfte furchtlos und kühn. Er und eine kleine Schar Getreuer verfolgten die berüchtigtsten Ga’Hoole-Krieger. Doch plötzlich mussten sie sich vor einer Rauchgasexplosion in eine Höhle flüchten. Sie konnten nicht ahnen, dass die Höhle schon von einer Truppe Wächter besetzt war. Dein Onkel Soren nutzte die Verblüffung der Gegner aus, flog auf deinen Vater zu und hieb ihm mit seinem Eisschwert das Rückgrat durch. Das Ganze ging so schnell, dass keiner von den Unseren überhaupt dazu kam … sie kamen nicht zum …“ Nyra suchte nach dem passenden Wort.
    „Zum Nachdenken?“
    Nyra warf ihrem Sohn einen ärgerlichen Blick zu. Diese Unterhaltung gefiel ihr ganz und gar nicht.
    „Die Unseren kamen nicht dazu, Befehle zu erteilen und zu befolgen“, sagte sie barsch.
    Können Krieger denn nur kämpfen, wenn ihnen jemand Befehle erteilt? Können sie keine selbstständigen Entscheidungen treffen? , dachte Nyroc, aber er fragte seine Mutter natürlich nicht danach. Das war auch nicht nötig. Die Flammen hatten ihm eine ganz andere Geschichte erzählt als Nyra. Entweder log das Feuer oder seine Mutter. Nyroc war entschlossen, die Wahrheit herauszufinden.

Als Nyroc zurückkehrte, lag schon Frühnebel über dem Gebirge. Er setzte sich auf den Felsvorsprung draußen vor seiner Schlafhöhle. Im Feuer hatte er so Unvorstellbares erblickt, dass er sich beim besten Willen keinen Reim darauf machen konnte. Was hatte das alles bloß zu bedeuten? Aber das musste er selbst herausfinden, da hatte Gwyndor ganz Recht.
    Nyroc schlüpfte nach drinnen. Seine Mutter hatte die Flechten aufgeschüttelt, mit denen sein Lager gepolstert war. Neue Dunen hatte sie sich auch ausgezupft. Sie saß schon in ihrem Winkel und schlief. Als Nyroc das erste Mal mitbekommen hatte, wie sie sich die weichen Brustfedern auszupfte, hatte er große Augen gemacht.
    „Tut das nicht weh?“, hatte er gefragt.
    „Eine Mutter spürt keine Schmerzen, wenn es um ihr Küken geht, mein kleiner

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