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Die Legende der Wächter 2: Die Wanderschaft

Die Legende der Wächter 2: Die Wanderschaft

Titel: Die Legende der Wächter 2: Die Wanderschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathryn Lasky
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rundlicher Fleck, der einer vom Himmel gefallenen Wolke glich? Da war Morgengrau ja! Der Bartkauz hockte auf einem der seltener benutzten Abflugzweige. Soren flog zu ihm hinauf.
    „Was machst du hier, Morgengrau?“, sprach er seinen Freund behutsam an.
    „Ich denke nach.“
    Das beruhigte Soren ein bisschen, denn eigentlich war Morgengrau ein Eulerich der Tat und überlegte meist nicht lange, bevor er handelte. Nicht dass der Bartkauz dumm gewesen wäre. Er pflegte einfach seinen hervorragenden Instinkten zu folgen. „Ich denke drüber nach, ob ich hierbleiben soll“, setzte Morgengrau in bedrücktem Ton hinzu.
    Soren glaubte, sich verhört zu haben. „Du willst weg? Aber wir vier wollten doch zusammenbleiben!“
    „Das klappt sowieso nicht. Du hast doch gehört, was Boron und Barran gesagt haben.“
    „Sie haben nicht gesagt, dass wir vier uns trennen müssen.“
    „Aber darauf läuft es hinaus. Sie haben gesagt, es ist äußerst unwahrscheinlich, dass wir in dieselbe Brigade kommen. Das ist hier nicht üblich, haben sie gesagt. Das bedeutet doch nichts anderes, als dass sie uns trennen wollen.“
    „Es geht doch nur um die Einteilung in die Brigaden. Wir sollen unterschiedliche Dinge lernen. Wir vier gehören trotzdem zusammen. Deswegen müssen wir ja nicht die ganze Zeit auf demselben Ast sitzen oder Seite an Seite fliegen.“
    „Was bedeutet Zusammengehören denn dann?“
    Das war eine knifflige Frage und Soren musste eine Weile überlegen. Doch sein Magen verriet ihm die richtige Antwort. „Wir vier gehören zusammen, ganz gleich was andere Eulen sagen oder tun. Dass wir zusammengehören, spüren wir nämlich in unseren Mägen, und diese Gewissheit kann uns nichts und niemand nehmen. Wir sind einander unverbrüchlich verbunde n … ich weiß das, du weißt das, wir alle vier wissen da s … und auch die Eulen hier wissen das.“
    Morgengrau senkte die Lider, bis seine Augen goldfarbenen Schlitzen glichen.
    Oj e … jetzt fängt er bestimmt wieder mit der harten Schule eines echten Waisenkindes an, dachte Soren.
    Irrtum. „In den Augen der Welt tauge ich nicht viel“, begann der Bartkauz, „denn ich habe nun mal keine gute Erziehung genossen.“ Von seinem üblichen prahlerischen Gehabe war nichts mehr zu spüren. Sogar sein Gefieder machte einen kraftlosen Eindruck, er wirkte viel kleiner als sonst. „Für mich gab’s keine Feiern, kein Erstes Insekt , kein Erstes Fell am Fleisch . Mit all diesen Dingen kenne ich mich gar nicht aus.“
    Soren war ehrlich verblüfft. Morgengrau hielt sich doch sonst so viel auf seine Erfahrung zugute!
    „Dafür verstehe ich viel von anderen Dingen. Von Licht und Dunkelheit und dem, was dazwischen ist. Ich weiß, wie man einem Luchs die Kehle aufschlitzt, sodass der Blutstrom aus seinem Herzen abreißt und das Leben aus ihm herausfließt. Ich kenne mich mit Bergen und Wüsten aus, mit ihren fliegenden, krabbelnden, laufenden und springenden Bewohnern. Ich habe mit allen Arten von Krallen Bekanntschaft gemacht, auch mit Stacheln und Giften, von denen Füße und Flügel starr und steif werden. Ich kenne den trügerischen Horizont, den man im heißesten Sommer zu sehen glaubt, wenn die Luft feucht und drückend ist, und der selbst erfahrene Eulen in die Irre führt, bis sie Flügelstarre bekommen und abstürzen. Und das alles kenne ich nicht deswegen, weil ich in einer mit Mutterflaum gepolsterten Höhle aufgezogen wurd e – im Gegenteil. Ich war kaum geschlüpft, da musste ich schon allein klarkommen. Ich kann gut allein sein. Das ist auch eine Begabung. Und ich komme auch damit klar, in Zukunft wieder allein zu sein.“
    Soren drehte sich der Magen um, als er das hörte. Morgengrau wandte blinzelnd den Kopf. „Ich weiß aber auch, dass ich eine bessere Eule bin, wenn ich mit dir, Gylfie und Digger zusammen bin. Ich habe begriffen, dass ich zu euch gehöre. Und das verdanke ich dir, Sore n … dir ganz allein.“ Der Bartkauz schaute versonnen drein. Der goldene Glanz seiner Augen wurde weicher, ähnelte immer mehr dem warmen Leuchten, das kurz vor Sonnenuntergang den Himmel färbt.
    „Vielleicht bist du ja die Lebensader unserer Gruppe, Soren, und ich bringe es nicht über mich, meine Verbindung zu ihr zu kappen.“ Soren lauschte gebannt. „Du hast Recht, Sore n – wir vier gehören zusammen, daran kann nichts und niemand etwas ändern. Wir sind unsere eigenen Wächter.“
    Soren ergänzte leise: „Und vielleicht gehören wir irgendwann zum Wächterbund von

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