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Die Legende der Wächter 4: Die Belagerung

Die Legende der Wächter 4: Die Belagerung

Titel: Die Legende der Wächter 4: Die Belagerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathryn Lasky
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sich dort versammelt. Sie wandten die herzförmigen Gesichter himmelwärts und schätzten die Wetterlage ab.
    Morgengrau blieb zum Glück unentdeckt, weil er mit seinem silbergrauen Gefieder bei diesem Wetter ideal getarnt war. Er flog in eine tiefer gelegene Nebelbank und spitzte die Ohren, aber leider konnte er die Gespräche der Schleiereulen nicht verstehen. Doch er gab die Hoffnung nicht auf und entdeckte zwei Schleiereulen, die ein wenig abseits saßen. Die beiden hielten offenbar Wache oder waren von einem Wetterflug über das Meer zurückgekehrt. Morgengrau verbarg sich in der allerdichtesten Nebelschwade und horchte.
    „Das Wetter ist zu schlecht, Wortmore. Wir müssen die Sache abblasen“, sagte die eine Schleiereule.
    „Hast Recht. Das wird auch dem Hohen Tyto zu riskant sein“, erwiderte die andere.
    „Aber bald legt sich der Sturm bestimmt.“
    „Das glaube ich auch. Oder er macht zumindest mal Pause.“
    Träumt weiter, ihr Dummköpfe!, dachte Morgengrau hämisch. Das war ihre Chance! Ein Sturm wie dieser konnte die Brigade der Besten nicht schrecken. Schließlich gehörten allein vier von ihnen zu Ezylrybs berühmten Wetterfliegerin, nämlich Ruby, Otulissa, Soren und Martin.
    Morgengraus Bericht fiel kurz und bündig aus. „Erst die schlechte Neuigkeit: Es sind mehrere Hundert, womöglich tausend Schleiereulen. Jetzt die gute: Sie haben Schiss, bei diesem Sturm loszufliegen.“
    „Tausend Schleiereulen, hast du gesagt?“ Diggers Stimme bebte.
    „Damit sind sie den Eulen im Großen Baum zahlenmäßig überlegen“, sagte Otulissa erschrocken. „Wie haben die Reinen es bloß geschafft, so viele Anhänger um sich zu versammeln?“
    Soren musterte seine Mitstreiter. Sie hatten Angst. Er hatte ja selbst Angst. Und Angst konnte genauso schlimm sein wie das Fieber, das er nur mit knapper Not überlebt hatte. Angst konnte ansteckend sein wie eine Krankheit und genauso zerstörerisch wirken. Soren musste etwas dagegen unternehmen.
    „Na hört ma l – wir sieben sind die Brigade der Besten! Wir haben den schurkischen Eisenschnabel schon einmal besiegt. Wir haben die Herren von Sankt Ägolius überlistet. Morgengrau hat eben gesagt, die Reinen trauen sich nicht, bei diesem Wetter loszufliegen. Uns aber kann der Sturm nicht aufhalte n – schließlich ist unsere Insel in Gefahr! Wir müssen unserem Ehrentitel ‚Wächter von Ga’Hoole‘ gerecht werden und unsere Kameraden warnen. Wir dürfen jetzt nicht zaudern, der Feind ist schon ganz nah. Darum breitet die Schwingen aus, meine Freunde, und zeigt den Winterwinden über dem Hoolemeer, wer hier der Stärkere ist. Lasst uns fliegen!“

Ein aufgeweichtes Buch

    An der Küste der Insel Hoole gab es einen halbmondförmigen Streifen Strand. Dort ließ sich Ezylryb auf einem Tanghaufen nieder und beobachtete die Gischt des Lobeliastroms, jener dunkelgrünen Meeresströmung, die von der Eisklamm herkam. Vor zwei Tagen hatte er sein Experiment vorbereitet und ein paar Strömungsanzeiger aufs Wasser gesetzt. Aha, dort im Seetang war ja schon einer! Die Strömung floss mit hoher Geschwindigkeit und brachte den ersten Winterwind mit.
    Humpelnd tappte der alte Kreischeulerich zu dem bunten Büschel hinüber. Er hatte die Federn gefärbt und zusammengebunden. Doch als er sich nun danach bückte, fiel sein Blick auf etwas andere s – ein gewelltes, aufgeweichtes Buch. Die Tintenschrift war zerlaufen und nicht mehr zu entziffern. Der Magen des alten Ryb hob sich jäh. Das war doch das Buch, das er erst kürzlich Otulissa überlassen hatte! Zerlaufene Tinte hin oder he r – dieses Buch erkannte er immer und überall. Wie war es ins Wasser gekommen?
    Der alte Eulerich war wie vor den Kopf geschlagen. Sein erster Gedanke war, zum Baum zurückzufliegen und seinen Fund dem Parlament zu melden. Doch er überlegte es sich anders. Er würde niemandem davon erzählen. Er wollte den Dingen ihren Lauf lassen. Trotzdem würde er Augen und Ohren offen halten, dann würde sich das Rätsel schon irgendwann aufklären. Nur eins stand für ihn fest: Es war ganz bestimmt nicht Otulissas Schuld, dass das Buch in diesem beklagenswerten Zustand war. Die junge Fleckenkäuzin liebte Bücher über alles. Ezylryb würde das Buch in seine Höhle mitnehmen. Bei den Glaux-Brüdern hatte er die Kunst der Buchrestaurierung erlernt. Er würde die Seiten behutsam am Kamin trocknen und den Ledereinband einfetten. Doch als er das geschundene Werk nun in den Schnabel nehmen wollte, gab es ein

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