Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Legende der Wächter 4: Die Belagerung

Die Legende der Wächter 4: Die Belagerung

Titel: Die Legende der Wächter 4: Die Belagerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathryn Lasky
Vom Netzwerk:
leises Ächzen von sich, die Seiten lösten sich und fielen in den Sand. Im selben Augenblick brandete das aufgewühlte Wasser heran und Ezylryb konnte nur noch zusehen, wie die Blätter ins Meer hinausgetragen wurden. Eigentlich bin ich ja Wissenschaftler, dachte er, und glaube nicht an böse Vorzeichen oder derlei Hokuspokus. Aber ich spüre, dass sich etwas zusammenbraut. Die Winterwinde bringen nichts Gutes.
    Ihm war, als hätte ihm das Meer die Buchseiten entrissen, weil schon sehr bald eine neue Geschichte ihren Anfang nehmen sollte. Mir ist bang um den Großen Baum!, dachte Ezylryb.
    Auf Kap Glaux thronte Kludd in der Krone des höchsten Baums. Neben ihm saß das Schleiereulenweibchen Nyra. Aus dem Augenwinkel beobachtete sie den Hohen Tyto. Endlich gehörte er ihr! Als Herrscherpaar würden sie sich alle Eulenvölker untertan mache n – und zwar nicht nur die im Süden, sondern auch jene in den Nordlanden. Als Nyra Kludd auserwählt hatte, lebte er noch im elterlichen Nest. Sie war älter als e r – na und? Als Gefährtin des vorigen Hohen Tyto war sie selbst noch blutjung gewesen. Auf einem Kükenraubzug im Wald von Tyto war Kludd ihr aufgefallen. Er hatte so einen Blic k … Sie hatte gleich gewusst, dass er der Richtige war. Der Hohe Tyto war schon alt und außer Nyra selbst eignete sich keiner von den anderen Reinen zum Anführer. Doch sie musste an die Zukunft denke n – ihr Nest durfte nicht leer bleiben. Die Tytos, die Reinen, mussten sich in allen Eulenvölkern vermehren und die anderen Arten verdrängen. Darum mussten sie ja auch die Insel Hoole erobern. Dort im Großen Baum würden Kludd und Nyra ihr erstes Nest beziehen und ihr erstes Gelege bebrüten. Im Frühling würden die Kleinen schlüpfen! Nyra wurde es ganz schwindlig vor lauter Vorfreude.
    Kludd wandte den Kopf und Nyra sah seine schwarzen Augen hinter der Maske funkeln. Er war unruhig. „Hab Geduld, mein Lieber. Gewiss legen sich die Winterwinde bald“, beschwichtigte sie ihn.
    Kludd hörte gar nicht richtig zu. Er war mit seinen eigenen Gedanken beschäftigt. Eie r – schön und gut. Aber vorher musste jemand sterbe n – Kludds Bruder Soren. Kludd würde den Mord zusammen mit Nyra so sorgfältig planen wie vor über einem Jahr die Beseitigung des alten Hohen Tyto. Das waren tolle Zeiten gewesen, als er endlich seiner grässlichen Familie entkommen war! Kludd hatte schon nach dem Schlüpfen gemerkt, dass er nicht dazugehörte, dass er anders war. Seine Eltern und Geschwister waren dumm und schwach. Er, Kludd, war stark. Er machte sich nichts aus den kindischen alten Legenden, die den anderen so viel bedeuteten.
    Kludds Vater kannte sich hervorragend in der Geschichte der Eulenkönigreiche aus, das musste man ihm lassen. Kludds Urgroßvater hatte sogar in der Schlacht vom Kleinen Hoole mitgekämpft und ein Auge verloren. Aber Kludds Vater sprach immer nur vom Frieden. Er verbot seinen Kindern sogar, über Kampfkrallen zu reden. Das hatte zum ersten großen Streit zwischen Kludd und seinem Vater geführt.
    Kurz bevor Soren geschlüpft war, hatte Kludd eine Schleiereule mit Kampfkrallen an den Füßen vorbeifliegen sehen. Die scharfen Klingen hatten wunderschön in der Sommersonne geblitzt. Kludd hatte es vor Begeisterung im Magen gekribbelt wie noch nie. Tagelang konnte er über nichts anderes sprechen. Er wollte unbedingt den Schmied aufsuchen, der die Waffen angefertigt hatte, und begriff nicht, weshalb sein Vater dagegen war. Dann hatten die Häscher von Sankt Ägolius die ersten Küken entführt und die Gerüchte über die Nestraubzüge erreichten auch den Wald von Tyto. Die anderen Eulenfamilien in Tyto besorgten sich Kampfkrallen zu ihrer Verteidigung. Jetzt würde sich Kludds Papa doch bestimmt auch welche anschaffen! Doch der Vater weigerte sich standhaft und das Thema war weiterhin verboten.
    Als Kludds Eltern eines Tages zum Jagen waren und auch Mr s Plithiver das Nest verlassen hatte, waren wieder ein paar bewaffnete Schleiereulen vorbeigeflogen. Eine von ihnen war Nyra. Die Eulen hatten sich auf dem Ast vor der Baumhöhle niedergelassen und ein Schwätzchen mit Kludd gehalten. Der junge Schleiereulerich konnte den Blick nicht von ihren funkelnden Kampfkrallen wenden. Die fremden Eulen erzählten keine alten Legende n – sie erzählten von ihren Eroberungen, davon, wie sie die Oberhäupter kleinerer Eulenvölker vertrieben und manche auch getötet hatten. Nyra war das größte und schönste Schleiereulenweibchen, das

Weitere Kostenlose Bücher