Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Legende der Wächter 6: Die Feuerprobe

Die Legende der Wächter 6: Die Feuerprobe

Titel: Die Legende der Wächter 6: Die Feuerprobe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathryn Lasky
Vom Netzwerk:
war eindeutig nüchtern und obendrein ausgesprochen vernünftig, geradezu sympathisch.
    „Doch, das kann ich nachvollziehen, Grägg. Ich finde es sogar bewundernswert.“
    „Ich wusste doch, dass du uns verstehen würdest, Twilla. Wir kennen uns nun schon so lange.“
    Diese Unterhaltung lag ein paar Wochen zurück. Seither hatten Ifghar und Grägg schon etliche Ausflüge unternommen. Manchmal blieben sie sogar während der Andachten weg. Das kam Twilla verdächtig vor, weshalb sie eines Abends beschloss, den beiden zu folge n – trotz ihres lahmen Flügels. Zu ihrer Überraschung flogen die beiden jedoch nicht nach Süden, sondern nach Osten in die Richtung des Hrat’gar-Gletschers. Was hatten Grägg und Ifghar in dieser glauxvergessenen Gegend zu suchen? Dort lebten doch nur Söldner und Kraaler!
    Twillas Flügel tat scheußlich weh, aber in ihrer Jugend war sie eine großartige Fliegerin gewesen, die sich mit allen Windarten auskannte und jede Bö und jeden Wirbel auszunutzen verstand. Hier über der baumlosen Tundra jedoch musste sie gut aufpassen. So seltsam es klang, aber eine gewöhnliche Eule fiel unter den knallbunten Piraten, die in diesem Landstrich lebten, sofort auf.
    Zum Glück beherrschte Twilla den Niedrigflug und die verkrüppelten Büsche dienten ihr als Deckung. Es war zwar schon Tag, aber so hoch im Norden gab es keine Krähen, die einer Eule gefährlich werden konnten. Dafür waren bestimmt viele Jagdtrupps unterwegs, die Tundraratten und Lemminge als Vorrat für die langen Wintermonate erbeuteten. Twilla sah unter sich ein Färbebecken der Kraaler . In all dem Grau und Braun ringsum leuchtete das Wasser rosafarben und zinnoberrot. Wo bekamen die Piraten in dieser kargen Landschaft nur solche Farbtöne her? Doch Twilla wusste, dass man die hier wachsenden Beeren und Samen zerstampfen und daraus unter Beimischung anderer Zutaten die kräftigen Farben herstellen konnte, für die die Piraten schwärmten.
    Ihr Umgang mit den Farben war allerdings reichlich schlicht. Als Künstler waren ihnen die Glaux-Brüder weit überlegen. Sie benutzten die Farben nicht, um sich selbst damit zu schmücken, denn das galt als Verstoß gegen die ungeschriebenen Gesetze der Eulenheit. Nein, die Brüder verzierten damit nur ihre Texte und Bücher.
    Twilla erspähte eine Ansammlung von Felsbrocken, unter denen die Piraten gern ihre Bodennester bauten. Sogleich hielt sie nach einem besonders dichten Busch Ausschau, hinter dem sie sich auf die Lauer legen konnte. Sie würde so lange warten, bis Ifghar und Grägg auftauchten.
    Glaux! Twilla flüchtete sich hinter den nächstbesten Busch. Mehrere Eulen kamen zwischen den Felsen hervor. Vor Schreck legte die rundliche Twilla die Federn an, sodass der ziemlich kümmerliche Busch sie tatsächlich verdeckte. Und als sie nun sah, wie zwei Kraaler eine zierliche Eule an einem Strick ins Freie führten, duckte sie sich tief auf den Boden. Das war doch die liebe kleine Gylfie aus Ga’Hoole! Und wer kam da als Nächstes? Ifghar und Grägg! Was in Glaux’ Namen haben sie mit der armen Elfenkäuzin vor?
    Es dauerte nur noch ein paar Minuten, bis Twilla es herausfand. Sie wandte den Kopf und richtete ihre Ohrschlitze auf die Kraaler aus. Sumpfohreulen haben kein so überfeines Gehör wie Schleiereulen, aber Twilla saß in Windrichtung und die Stimmen der Piraten wurden zu ihr hinübergetragen.
    „Du hast die Wahl, Kleine“, sagte eine von oben bis unten knallbunt angemalte Schnee-Eule. Schnee-Eulen waren bei den Piraten oft die Anführer. „Entweder spuckst du endlich aus, was die beiden wissen wollen. Oder wir verschnüren dich zu einem hübschen Bündel und lassen dich hier liegen. Die Wölfe werden sich freuen.“
    Sie wollen die Elfenkäuzin den Wölfen zum Fraß vorwerfen! Angesichts solcher Grausamkeit bekam Twilla den Schnabel nicht mehr zu.
    „Aber es kommt noch besser“, setzte ein anderer Pirat hinzu. „Wenn wir dich den Wölfen ausliefern, zeigen sie uns nämlich zum Dank, wo man Goldgrassamen ernten kann.“
    Anscheinend wollen sie sich unbedingt auch noch golden anmale n – und dafür opfern sie bereitwillig eine Artgenossin! Das wurde ja immer unerhörter! Von den Glaux-Brüdern wusste Twilla, dass die Piraten keine Ahnung hatten, wo das Gras wuchs. Außerdem hatten sie völlig übertriebene Vorstellungen von dem Farbstoff, den man aus den Samen gewann. Die Brüder dagegen verwendeten den Goldfarbstoff schon lange, um ihre Texte zu verzieren. Sie wussten, wie

Weitere Kostenlose Bücher