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Die Legende der Wächter – Der Zauber

Die Legende der Wächter – Der Zauber

Titel: Die Legende der Wächter – Der Zauber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathryn Lasky
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Aschekrümel auf die Flügelspitzen der betreffenden Eulen gestreut wurden. Damit wurden sie zu Hohen Eulen der Glut.
    Otulissa konnte nicht nachvollziehen, wie sich eine vernünftige Eule so einen Schwachsinn ausdenken konnte. Aber irgendjemand hatte sich ihn ausgedacht, und zwar nicht eine einzelne Eule, sondern mehrere. Hatten die goldenen Zeiten, in denen die Bewohner des Baumes schwelgten, etwa solche Langeweile hervorgebracht, dass sie auf derart verrückte Ideen kamen? Dass sie ein Glutstück verehrten und dieser Kult immer sinnlosere Auswüchse hervorbrachte?
    Natürlich war auch Otulissa klar, dass es sich um kein gewöhnliches Glutstück handelte. Die Glut von Hoole besaß besondere Kräfte, das stand schon in den alten Legenden. Und sie musste tatsächlich bewacht werden, damit nicht jemand wie Nyra sie in die Fänge bekam. Aber die Legenden sprachen lediglich von Wachsamkeit, nicht von Verehrung. Wie war es bloß dazu gekommen? Und so rasch? Coryn und die Bande waren noch nicht mal einen Mondzyklus lang weg. Hoffentlich kehrten sie bald zurück. Dann würde alles wieder in Ordnung kommen.
    Oder nicht? Otulissas Magen erschauerte.

Coryn hatte Glück. Von der Höhle in der Tanne war es nicht mehr weit bis zum Schattenwald. Auch der Wind war abgeflaut. Coryn hoffte, dass die Sache schnell erledigt sein würde.
    Er wollte wieder an den See zurückkehren, an dessen Ufer er nach seiner Flucht vor Nyra fast einen ganzen Winter zugebracht hatte. Dort war er Karnickel begegnet.
    Inzwischen war es heller Tag. Coryn hielt immer wieder nach Krähen Ausschau, konnte aber keine entdecken. Als der hohle Baumstumpf in Sicht kam, in dem er damals gewohnt hatte, machte sein Magen einen Satz. Ob Karnickel überhaupt noch am Leben war? Oder war er einer der zahlreichen Eulen zum Opfer gefallen, die diesen Wald bevölkerten? Davor war auch ein außergewöhnliches Kaninchen wie Karnickel nicht gefeit.
    Coryn sah ihre erste Begegnung so lebhaft vor sich, als hätte sie eben erst stattgefunden. Der wohlgenährteNager hatte vor einem prachtvollen Spinnennetz auf den Hinterbeinen gestanden und es betrachtet. „An mir ist mehr dran als eine Portion Fleisch für dein Tagmahl“, hatte Karnickel verkündet. „Ich kann gewisse Dinge sehen, die andere Tiere nicht erkennen können.“
    „Und diese Dinge siehst du in Spinnennetzen?“
    „Richtig. Ich bin ein Netzleser.“
    Doch als Coryn nun über dem See kreiste, ließ sich weit und breit kein Kaninchen blicken. Stundenlang suchte Coryn die Umgebung ab. Die Zeit flog ihm davon. Auf dem Rückweg würde er gegen den wieder auffrischenden Wind ankämpfen müssen. Die anderen würden sich Sorgen machen, vielleicht auch sauer auf ihn sein. Die Sonne ging bereits unter. Coryn kreiste ein letztes Mal über dem See. Nirgends ein Kaninchen. Er schwang sich höher in die Lüfte und trat den Rückflug zum Silberschleier-Wald an.
    Da trug ihm der Wind lärmende Stimmen zu. Ein Met-Baum, beim Glaux! Nach der Großen Brandschlacht waren in den Südlanden nach und nach wieder Met-Bäume aufgetaucht. Das hatte Soren erzählt. Coryn hatte noch nie einen Met-Baum besucht. Warum die Gelegenheit nicht nutzen? In Met-Bäumen bekam man immer eine Menge Klatsch und Tratsch zu hören. Oder würde man ihn erkennen? Wahrscheinlich schon. Mit der Narbe quer über dem Gesicht war erein Spiegelbild seiner Mutter. Man würde ihn zwar nicht mit Nyra verwechseln, aber die Gäste im Met-Baum würden ihn sofort als König und Erben der Glut erkennen.
    Stromer! , schoss es ihm durch den Kopf. Hatte Soren nicht auch berichtet, dass die Stromer wieder durch die Lande zogen? Ich könnte mich doch kostümieren!
    Die Stromer waren nicht nur für ihren wunderschönen Gesang bekannt, sondern auch für ihre Gewohnheit, sich mit den ausgefallenen Federn anderer Vögel, mit Zweigen, Efeuranken und dergleichen zu schmücken. Und wenn mich jemand zum Singen auffordert? Coryn hatte keine Ahnung, ob er singen konnte. Er war weder eine Schnee-Eule noch ein Raufußkauz. Diese beiden Eulenarten waren für ihre melodischen Stimmen berühmt. Ich kann’s ja mal versuchen. Schon wurde ihm das Ganze ein bisschen zu viel. Doch da spürte er ein seltsames Flattern im Magen. Ihm war eingefallen, dass sich auch König Hoole einst als Stromer getarnt hatte.
    Coryn landete in einer Eiche, die von immergrünem Efeu überwuchert war. Wenn er sich eine Efeuranke geschickt um den Kopf schlang, konnte er seine Narbe verdecken. Er erspähte auch

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