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Die Legende vom Weitseher 02 - Des Königs Meuchelmörder

Die Legende vom Weitseher 02 - Des Königs Meuchelmörder

Titel: Die Legende vom Weitseher 02 - Des Königs Meuchelmörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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angegriffen hatten, mit einer rücksichtslosen Brutalität, die ihrer gleichkam. Ich hatte den langen Winter auf meiner Seite, denn sie waren geschwächt von Frost und Entbehrungen. Ihre Hände waren kältesteif und gefühllos, und wenn uns auch allen der Wille zu überleben ungeahnte Kräfte verlieh, war meiner aber noch heiß und stark, der ihre hingegen untergraben von der gnadenlosen Härte ihres Daseins als Entfremdete. Es kostete mich Haut und Fleisch, doch ich riß mich von dem ersten Angreifer los. Daran kann ich mich entsinnen. Der Rest ist verworren, eine Folge unzusammenhängender Streiflichter. Zwischen den Rippen des jüngeren zerbrach mir das Messer. Ich erinnere mich an einen Daumen, der sich in mein Auge bohrte, und an das schnappende Geräusch, mit dem er aus dem Gelenk sprang. Während ich mit einem rang, drosch ein anderer mit dem Knüppel auf meinen Rücken, bis es mir gelang, seinen Kumpan herumzudrehen, so daß ihn die Schläge trafen. Irgendwie scheine ich den Schmerz der Hiebe nicht wahrgenommen zu haben, und die Fleischwunde an meinem Hals war nur eine warme Stelle, aus der Blut strömte. Meine Begierde, sie alle zu töten, war stärker als mein Selbsterhaltungstrieb. Ich konnte nicht siegen, drei Gegner waren zu viel. Der jüngere lag im Schnee und hustete Blut, doch von den beiden anderen hatte einer die Hände an meiner Kehle, während der andere sich bemühte, sein Schwert freizubekommen, das sich zwischen meinem Arm und Ärmel verfangen hatte. Ich trat und schlug um mich, ohne irgendwelche Wirkung zu erzielen, während die Welt sich langsam in Schwärze hüllte und der Himmel sich zu drehen begann.
    Bruder!
    Er kam. Schnappende Kiefer und sein Gewicht trafen unser verschlungenes Knäuel wie ein Rammbock. Wir stürzten alle zusammen in den Schnee, und der Würgegriff um meinen Hals lockerte sich so weit, daß ich einen dünnen Luftstrom in meinen Brustkorb saugen konnte. Mein Kopf wurde klar, und plötzlich hatte ich wieder das Herz zu kämpfen, ohne Rücksicht auf Schmerzen und Wunden, zu kämpfen! Ich schwöre, ich habe mich selbst gesehen, das Gesicht blau angelaufen, Blut, das quillt und strömt, und der Geruch so erregend, daß ich die Zähne fletschte. Dann riß Cub meinen Gegner zu Boden und von mir los und attackierte ihn mit einer Behendigkeit, der ein Mensch nichts entgegenzusetzen hatte, schnappte zu und sprang zurück, bevor die greifenden Hände sich in sein Fell krallen konnten.
    Ich weiß, ich spürte, wie Cubs Zähne sich in den Hals des Mannes gruben. Ich spürte das Todesröcheln zwischen meinen eigenen Kiefern und den sprudelnden Blutquell, der mein Maul füllte und über meine Lefzen rann. Ich schüttelte den Kopf hin und her, meine Zähne zerfetzten Fleisch, bis der volle Strom seines Lebens sich ungehemmt über seine stinkenden Kleider ergoß.
    Dann nichts.
    Dann saß ich im Schnee, mit dem Rücken an einen Baum gelehnt. Cub hatte sich nicht weit von mir niedergelassen. Er leckte sich das Blut von den Vorderläufen und Pfoten, eine sorgfältige, langsame, methodische Säuberung. Ich wischte mir mit dem Ärmel über Mund und Kinn, und was ich abwischte, war Blut. Nicht mein Blut. Rasch beugte ich mich vor, und auf den Knien liegend spuckte ich erst Barthaare aus, um mich gleich darauf zu übergeben. Doch nicht einmal der saure Geschmack von Galle vermochte den Geschmack von Fleisch und Blut des toten Mannes aus meinem Mund zu ätzen. Ich warf einen kurzen Blick auf den Leichnam, schaute zur Seite. Seine Kehle war aufgerissen. Für einen gräßlichen Moment überfiel mich die Erinnerung, wie ich mich in sein Fleisch verbissen hatte und die straffen Halssehnen zwischen meinen Zähnen knirschten. Ich kniff die Augen zu. Ich saß ganz still.
    Kalte Nase an meiner Wange. Ich hob die Lider. Er saß neben mir und sah mich an. Cub.
    Nachtauge, berichtigte er mich. Meine Mutter nannte mich Nachtauge. Ich war der letzte des Wurfs, der die Augen öffnete. Er schniefte und mußte niesen, dann schaute er zu den Toten hin. Ich folgte widerwillig seinem Blick. Der jüngere war an dem Messerstich gestorben, aber nicht schnell. Die anderen beiden…
    Ich habe schneller getötet, bestätigte Nachtauge. Aber ich habe nicht die Zähne einer Kuh. Du hast dich gut gehalten für einen deiner Art. Er stand auf und schüttelte sich. Blut, kalt und warm, spritzte auf mein Gesicht. Mit einem angeekelten Laut wischte ich es ab, erst dann begriff ich.
    Du blutest.
    Du auch. Er zog die Klinge aus

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