Die Legende vom Weitseher 02 - Des Königs Meuchelmörder
dieser ihn in frostigem Ton wissen. »Ich heiße Flink. In Abwesenheit von Burrich, der unseren König-zur-Rechten begleitet, habe ich das Amt des Stallmeisters inne. Er hat ebenfalls einen Namen – FitzChivalric. Er hilft mir gelegentlich. Er gehört in meinen Stall. Wie mein Stallbursche und mein Pferd. Was euch angeht, falls Ihr einen Namen habt, ist er mir nicht genannt worden. Ich wüßte nicht, was euch das Recht gäbe, herzukommen und Ansprüche zu stellen.«
Burrich war Flink ein guter Lehrmeister gewesen. Wir tauschten einen Blick, machten gleichzeitig kehrt und entfernten uns langsam.
»Ich bin Lance, die rechte Hand des Stallmeisters von Herzog Ram. Dieses Pferd wurde an meinen Herzog verkauft. Und nicht nur das eine, außerdem noch zwei gescheckte Stuten und ein Wallach. Ich habe die Papiere hier.«
Als wir uns wieder umdrehten, hatte Lance eine Schriftrolle zum Vorschein gebracht. Mir wurde bang beim Anblick des roten Wachsklumpens mit dem eingedrückten Bockssiegel. Es sah echt aus. Flink nahm die Rolle. Er warf mir aus den Augenwinkeln einen hilfeflehenden Blick zu, und ich trat neben ihn. Burrich hatte ihn im Lesen und Schreiben unterrichtet, doch er stand nach wie vor mit dem Alphabet auf Kriegsfuß, und ein Schriftstück zu entziffern war für ihn eine mühselige Angelegenheit. Ich blicke ihm über die Schulter, während er das Pergament aufrollte und mit gerunzelter Stirn betrachtete.
»Es ist ganz eindeutig.« Lance aus Tilth streckte die Hand aus. »Soll ich vorlesen?«
»Spart Euch die Mühe.« Flink rollte das Dokument wieder zusammen, ich übernahm es zu antworten. »Wie Ihr sagt, es ist ganz eindeutig, und es ist unterzeichnet von Prinz Edel. Aber Cliff ist nicht sein Pferd. Er und die Stuten und der Wallach gehören Bocksburg. Sie sind Eigentum des Königs, nur er hat das Recht, sie zu verkaufen.«
»König-zur-Rechten Veritas weilt nicht am Hof. Prinz Edel regiert an seiner Statt.«
Ich legte Flink, der aufbrausen wollte, beschwichtigend die Hand auf die Schulter. »König-zur-Rechten Veritas ist in der Tat auf Reisen, da habt Ihr recht. Aber Seine Majestät, der König, nicht. Und nicht Königin-zur-Rechten Kettricken. Nur die Signatur entweder des einen oder der anderen genehmigt den Verkauf eines Pferdes aus den Ställen von Bocksburg.«
Lance riß Flink die Rolle aus der Hand und warf selbst einen Blick auf den Schriftzug. »Nun, ich denke, Prinz Edels Unterschrift sollte Euch genügen, solange der Thronfolger nicht hier ist. Schließlich weiß alle Welt, daß der alte König die meiste Zeit nur noch vor sich hindämmert. Und Kettricken gehört nicht – nun, sie gehört nicht zur Familie. Nicht wirklich. In Veritas’ Abwesenheit ist folglich Edel…«
»Prinz.« Ich sprach das Wort mit scharfer Betonung. »Weniger von ihm zu sagen, wäre Hochverrat. Ebenso, ihm eine Würde zuzuerkennen, die ihm nicht gebührt.«
Ich ließ ihm Zeit, die versteckte Drohung zu verdauen. Hätte ich ihn ausdrücklich des Hochverrats beschuldigt, wäre es sein Todesurteil gewesen, aber nicht einmal ein aufgeblasener Gernegroß wie Lance verdiente es zu sterben, nur weil er nachplapperte, was am Hof von Tilth wahrscheinlich die gängige Meinung war. Seine Augen wurden groß.
»Ich wollte damit nicht sagen…«
»Und Ihr habt es nicht gesagt«, fiel ich ihm ins Wort. »Alles ist bestens, solange Ihr immer daran denkt, daß man ein Pferd nicht einem Mann abkaufen kann, dem es nicht gehört. Und dieses sind Bocksburgs Pferde, aus dem Besitz des Königs.«
»Gewiß doch.« Lance war bemüht, sich einen guten Abgang zu verschaffen. »Vielleicht ist dies das falsche Dokument. Ich bin sicher, es liegt irgendwie ein Mißverständnis vor. Ich werde zu meinem Herrn zurückgehen.«
»Ein weiser Entschluß.« Flink übernahm wieder das Ruder.
»Nun, dann komm.« Lance gab seinem Burschen einen Stoß. Der Junge warf uns über die Schulter einen bitterbösen Blick zu. Man konnte ihm keinen Vorwurf machen. Lance gehörte zu der Sorte, die jeden Tritt von oben nach unten weitergeben müssen.
»Wird er wiederkommen, was meinst du?« fragte Flink halblaut.
»Entweder das, oder Edel muß Ram sein Geld zurückgeben.«
Stumm überdachten wir die Wahrscheinlichkeit dessen.
»Nun gut. Was tue ich, wenn er wiederkommt?«
»Wenn er auch dann nur Edels Zeichen vorweisen kann, gar nichts. Zeigt er dir des Königs Signatur oder die der Königin-zur-Rechten, mußt du ihm die Pferde überlassen.«
»Eine der Stuten
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