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Die Legende vom Weitseher 02 - Des Königs Meuchelmörder

Die Legende vom Weitseher 02 - Des Königs Meuchelmörder

Titel: Die Legende vom Weitseher 02 - Des Königs Meuchelmörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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vielen Fällen wurden sie nur von Dienstboten empfangen, und die Bewirtung war nicht anders, als man sie jedem gewöhnlichen Reisenden hätte angedeihen lassen. Verpflegung und Reittiere zum Wechseln, die sie an verabredeten Plätzen vorzufinden hofften, waren nicht da. Die Pferde hatten mehr gelitten als die Menschen, denn die Wege und das Wetter waren erbarmungslos schlecht gewesen.
    Ich konnte fühlen, wie beim Sprechen hin und wieder ein Beben seinen Körper durchlief. Der Mann war dem völligen Zusammenbruch nahe. Doch jedesmal holte er tief Atem, schöpfte aus irgendeiner geheimnisvollen Quelle neue Kraft und fuhr fort.
    Sein Stimme schwankte nur wenig, als er berichtete, wie sie in den Ebenen von Farrow aus dem Hinterhalt angegriffen wurden, gerade als sie nach jeder Meile damit rechneten, den Blauen See in der Ferne auftauchen zu sehen. Er zog keine eigenen Schlußfolgerungen, sondern äußerte lediglich, diese Straßenräuber hätten gekämpft wie Soldaten. Zwar trugen sie nicht die herzoglichen Farben, doch waren sie für Briganten auffallend gut gekleidet und bewaffnet. Und offensichtlich war es Veritas, auf den sie es abgesehen hatten. Als zwei der Packtiere sich losrissen und auf und davon gingen, unternahm keiner der Angreifer den Versuch, sie einzufangen. Echte Banditen zogen es gewöhnlich vor, auf dem Weg des geringsten Widerstandes zu ihrer Beute zu kommen. Veritas’ Männern war es schließlich gelungen, einen Platz zu finden, der ihnen erlaubte, standzuhalten und verbissen Gegenwehr zu leisten, und die Angreifer gaben auf, als sie einsehen mußten, daß die Soldaten eher bis zum letzten Mann kämpfen würden, als sich zu ergeben oder ihren Prinzen im Stich zu lassen. Sie waren davongeritten und hatten nicht einmal ihre Toten mitgenommen.
    »Sie hatten uns nicht besiegt, aber sehr geschadet. Ganz zu schweigen von den Vorräten auf dem Rücken der beiden geflohenen Packtiere, waren sieben Männer und neun Pferde getötet worden. Zwei von uns waren schwer verwundet, drei andere leicht. Prinz Veritas beschloß, die Verwundeten nach Bocksburg zurückzuschicken. Zwei unverletzte Männer sollten uns begleiten. Er selbst wollte seine Reise fortsetzen, erst bis Jhaampe im Bergreich, wo die Soldaten zurückbleiben sollten, während er sich auf die Suche nach den Uralten machte. Keen war der Anführer von uns, die wir umkehrten. Ihm vertraute Veritas etliche Schriftstücke an. Was sie enthielten, weiß ich nicht. Keen und alle anderen wurden vor fünf Tagen getötet. Kurz vor der Grenze zu unseren Marken, wir ritten am Ufer des Bocksflusses entlang, gerieten wir in einen Hinterhalt. Bogenschützen. Es ging sehr – schnell. Vier von uns erwischte es gleich. Mein Pferd wurde von einem Pfeil in die Flanke getroffen. Rötel ist ein junges Tier, er geriet in Panik und sprang von der steilen Böschung in den Fluß. Das Wasser war tief, die Strömung stark. Ich hielt mich an Rötel fest, aber wir wurden beide fortgerissen. Ich hörte, wie Keen den anderen zurief, sie sollten reiten und versuchen, nach Bocksburg durchzukommen. Keiner hat es geschafft. Rötel und ich konnten uns an einer seichten Stelle ans Ufer arbeiten, und ich bin noch einmal zurückgeritten. Ich habe die Leichen gefunden. Die Papiere, die Keen bei sich hatte, sind verschwunden.«
    Es war die nüchterne Schilderung der Ereignisse, wie sie sich zugetragen hatte. Burrich erwähnte mit keiner Silbe, wie es für ihn gewesen war, Veritas nicht weiter begleiten zu dürfen, oder was er dabei empfand, der einzige Überlebende der Rückkehrer zu sein. Wahrscheinlich würde er sich an diesem Abend sinnlos betrinken, und ich fragte mich, ob er dabei vielleicht Gesellschaft gebrauchen konnte. Vorläufig aber stand er schweigend da und wartete auf ein Wort seines Königs. Das Schweigen dauerte lange. »Majestät?« fragte er respektvoll.
    König Listenreich bewegte sich in den Schatten seines Bettes. »Ich fühle mich an die Tage meiner Jugend erinnert«, sagte er heiser. »Einst konnte ich im Sattel sitzen und ein Schwert halten. Wenn ein Mann das verliert – nun, wenn ihm das nicht mehr vergönnt ist, dann hat er so gut wie alles verloren. Aber dein Pferd hat überlebt?«
    Burrich runzelte die Stirn. »Ich habe für das Tier getan, was ich konnte, Majestät. Es wird keinen dauerhaften Schaden davontragen.«
    »Nun, wenigstens das. Wenigstens das.« König Listenreich verstummte. Eine Zeitlang lauschten wir seinen mühsamen Atemzügen. »Geh jetzt und ruh

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