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Die Legende vom Weitseher 02 - Des Königs Meuchelmörder

Die Legende vom Weitseher 02 - Des Königs Meuchelmörder

Titel: Die Legende vom Weitseher 02 - Des Königs Meuchelmörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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sein. Soweit, so gut. Die Frage ist, wer begleitet sie zurück nach Bocksburg?«
    »Ihre gesamte Leibgarde, selbstverständlich. Mit weniger Gefolge sollte eine Königin nicht reisen.«
    Plötzlich ein Aufschrei irgendwo in der Nacht. Ich sprang auf.
    »Bleib hier!« schnappte Burrich. »Warte ab, bis wir hören, was passiert ist. Man stürzt nicht einfach Hals über Kopf ins Ungewisse.«
    Er hatte kaum ausgesprochen, als Krakeel von der Garde der Königin herbeigelaufen kam und Fuchsrot Meldung machte. »Ein Angriff an zwei Stellen gleichzeitig. Bei der Bresche unterhalb des Südturms haben sie versucht, auszubrechen. Und einigen ist es gelungen bei…«
    Ein Pfeil durchschlug ihren Körper und trug für immer davon, was sie uns hatte sagen wollen. Outislander waren plötzlich über uns, in größerer Zahl, als mein Verstand fassen konnte, und alle schienen ein Ziel zu haben – Kettrickens Zelt. »Zur Königin!« rief ich und hatte den schwachen Trost zu hören, wie mein Ruf von anderen Stimmen aufgenommen wurde. Drei Frauen aus Kettrickens Leibgarde kamen aus dem Zelt gestürmt und deckten mit dem Rücken die kaum vor Regen und Wind Schutz bietenden Planen, während Burrich und ich vor dem Eingang standen. Ich hatte mein Schwert in der Hand, und aus den Augenwinkeln sah ich den roten Feuerschein an Burrichs Klinge entlanglaufen. Plötzlich erschien die Königin im Zelteingang.
    »Was steht ihr hier herum!« fuhr sie uns an. »Geht dorthin, wo gekämpft wird!«
    »Genau hier, Hoheit«, knurrte Burrich, sprang vor und schlug einem Mann, der sich zu weit vorgewagt hatte, den Arm von der Schulter.
    Ich entsinne mich an diese Worte und daß ich gesehen habe, wie Burrich diesen einen Schritt tat, aber das ist die letzte klare Erinnerung, die mir von dieser Nacht geblieben ist. Danach war alles Gebrüll und Blut, Stahl und Feuer. Ein Chaos von Gefühlen schlug über mir zusammen, als ringsum Soldaten und Korsaren auf Leben und Tod miteinander kämpften. Gleich zu Anfang geriet das Zelt in Brand, die hochzüngelnden Flammen erleuchteten das Kampfgetümmel wie auf einer Theaterbühne. Da war Kettricken, die Röcke geschürzt, barfuß, ihr überlanges Bergschwert führte sie mit beiden Händen, und ihre Anmut verwandelte den Kampf in einen todbringenden Tanz, der mich zu jeder anderen Zeit in seinen Bann gezogen hätte.
    Die Zahl der Outislander schien nicht geringer zu werden, wie viele wir auch erschlugen. Hin und wieder tauchte Nachtauge auf, in den unsteten Schatten zwischen Feuerschein und Dunkelheit führte er einen Kampf nach seiner Art und mit seinen Waffen. Burrich und Fuchsrot fochten Rücken an Rücken, als es eine Zeitlang schlecht für uns aussah. Ich war Teil des Kreises, der die Königin schützte; dachte ich wenigstens, bis ich merkte, daß sie genaugenommen neben mir kämpfte.
    Irgendwann ließ ich mein Schwert fallen, um die Axt eines gefallenen Korsaren aufzuheben. Am nächsten Tag suchte und fand ich die wertvolle Klinge, tief in den Boden getreten und von Schlamm und Blut überkrustet, doch in diesem Augenblick zögerte ich nicht, Veritas’ Geschenk gegen eine auf brutale Art wirkungsvollere Waffe einzutauschen. Als sich endlich das Schlachtenglück zu unseren Gunsten wendete, dachte ich nicht daran, ob es klug war, sondern verfolgte den flüchtenden Feind durch das aphotische Ruinenlabyrinth von Guthaven.
    Und es war eine gute Jagd für Nachtauge und mich. Ich stand Fuß bei Fuß mit meinem letzten Gegner, und wir kreuzten die Äxte, während Nachtauge schnappend und knurrend, mit kurzen Sprüngen vor und zurück, das Schwert eines kleineren Mannes überlistete. Er machte ihm den Garaus, nur Sekunden bevor ich meinen Kontrahenten vernichtete.
    Dieses letzte Töten erfüllte mich mit einer wilden, tierhaften Freude. Ich wußte nicht, wo Nachtauge aufhörte und ich begann, nur, daß wir gesiegt hatten und noch am Leben waren. Wir machten uns auf die Suche nach Wasser, tranken durstig aus dem Eimer des Brunnens auf dem Marktplatz, und ich wusch mir das Blut von Händen und Gesicht.
    Anschließend sanken wir erschöpft nieder. Ich lehnte den Rücken an die gemauerte Brunneneinfassung, und wir schauten zu, wie die Sonne über den dichten Bodennebel stieg. Ich spürte Nachtauge warm an meiner Seite, und er und ich waren es zufrieden, einfach nur zu sein.
    Wahrscheinlich döste ich ein, denn als er aufsprang und davonlief, schrak ich hoch. Verwirrt blickte ich auf, um zu sehen, was ihn erschreckt hatte,

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