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Die Legende vom Weitseher 02 - Des Königs Meuchelmörder

Die Legende vom Weitseher 02 - Des Königs Meuchelmörder

Titel: Die Legende vom Weitseher 02 - Des Königs Meuchelmörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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abgesetzt und waren weitergesegelt, um die Küste auszukundschaften?«
    »Das ist nicht ihre Art. Ich vermute ein großes Schiff, das außer der Besatzung noch ein erhebliches Kontingent von Bewaffneten aufnehmen kann.«
    »Wo?«
    »Mittlerweile verschwunden. Ich glaube, ich habe einen kurzen Blick darauf werfen können, als es in diese Nebelbank eintauchte.«
    Wir schwiegen. Burrich führte mich dorthin, wo er die Pferde angebunden hatte, und wir ritten nebeneinander nach Seewacht hinauf. Das große Burgtor stand weit offen, im Hof herrschte fröhliche Ausgelassenheit. Man empfing uns mit Willkommensrufen und reichte uns große Humpen Met, bevor wir auch nur abgestiegen waren. Halbwüchsige Burschen bettelten darum, unsere Pferde versorgen zu dürfen, und zu meiner Überraschung ließ Burrich sie gewähren. Im Bankettsaal feierte man auf eine Art, daß jedes von Edels Gelagen daneben verblaßt wäre. Man hatte die ganze Burg für uns geöffnet. Krüge und Schüsseln mit warmem, parfümiertem Wasser standen zum Waschen bereit, die Tische bogen sich unter der Last der Speisen. Hartbrot und gesalzenen Fisch suchte man vergebens.
    Wir blieben drei Tage. Die Soldaten aus Bocksburg und die Fähengarde halfen zusammen mit den Einwohnern von Guthaven dabei, die Befestigungsanlagen auszubessern und in der gebrandschatzten Stadt die Trümmer wegzuräumen. Ich nutzte die Zeit und hörte mich vorsichtig ein wenig um. Das Signalfeuer im Wachturm war entzündet worden, sobald die Roten Schiffe an der Kimm auftauchten, aber die erste Tat der Korsaren war gewesen, es auszulöschen. Und ihr Gabenkundiger? fragte ich. Kelvar schaute mich überrascht an. Burl war schon vor Wochen abberufen worden, zu einer wichtigen Mission im Binnenland. Kelvar glaubte, daß er nach Fierant gegangen war.
    Einen Tag zu spät traf Verstärkung aus Südbay ein. Das Signalfeuer hatte man nicht gesehen, aber der reitende Bote war zu ihnen durchgekommen. Ich war zugegen, als Kettricken Herzog Kelvar ihre Anerkennung aussprach für seine Umsicht, ein Relais für die Übermittlung eiliger Botschaften einzurichten. Herzog Shemshy von Shoaks ließ sie ihren Dank für seine nachbarschaftliche Hilfsbereitschaft übermitteln. Sie schlug vor, daß sich beide Provinzen die eroberten Schiffe teilten, damit sie nicht länger auf Bocksburg warten mußten, sondern selbst ihre Verteidigung in die Hand nehmen konnten. Das war ein mehr als großzügiges Geschenk und wurde in ehrfürchtigem Schweigen entgegengenommen. Als Herzog Kelvar sich gefaßt hatte, erhob er sich und erhob seinen Pokal zu einem Trinkspruch auf die Königin und den ungeborenen Erben des Hauses Weitseher. So geschwind war das Gerücht zum allgemeinen Wissen geworden. Königin Kettricken errötete, aber sie dankte sehr charmant für die guten Wünsche.
    Die kurzen Tage des Sieges waren Balsam für uns alle. Wir hatten gekämpft und gut gekämpft. Guthaven würde neu aufgebaut werden, und den Outislandern war es nicht gelungen, sich in Burg Seewacht festzusetzen. Fast schien es möglich, daß wir uns von dieser Heimsuchung gänzlich würden befreien können.
    Schon ehe wir Guthaven verließen, wurden die Lieder gesungen, über eine Königin mit geschürzten Röcken, die den Roten Schiffen eine bittere Niederlage bereitete, und von dem Kind unter ihrem Herzen, das, noch ungeboren, schon ein Krieger war. Daß die Königin nicht nur bereit gewesen war, ihr eigenes Leben für Rippon aufs Spiel zu setzen, sondern auch das des Thronerben, machte tiefen Eindruck auf die Menschen. Erst Herzog Brawndy von Bearns und nun Kelvar von Rippon, dachte ich bei mir. Kettricken hatte Erfolg darin, sich die Herzöge zu verpflichten.
    Für mich hielt Burg Seewacht sowohl herzerwärmende als auch bedrohliche Momente bereit. Lady Grazia erkannte mich im Bankettsaal und kam, um mit mir zu sprechen. »Wer hätte das gedacht«, meinte sie, nachdem wir uns begrüßt hatten, »mein Hundejunge aus der Küche hat königliches Blut in den Adern. Kein Wunder, daß du mir so gut geraten hast, damals.« Sie war bemerkenswert gut in ihre Rolle als Herzogin hineingewachsen. Immer noch begleitete ihr Schoßhund sie überallhin, doch nicht mehr auf dem Arm getragen, sondern er trippelte eifrig hinter ihr her, und diese Veränderung freute mich fast so sehr wie ihre aristokratische und doch liebenswürdige Haltung und die offensichtliche Zuneigung zwischen den Eheleuten.
    »Wir beide haben uns sehr verändert, Lady Grazia«, erwiderte ich,

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