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Die Legende vom Weitseher 02 - Des Königs Meuchelmörder

Die Legende vom Weitseher 02 - Des Königs Meuchelmörder

Titel: Die Legende vom Weitseher 02 - Des Königs Meuchelmörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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und sie akzeptierte schweigend das indirekte Kompliment. Zu unserem bisher einzigen Zusammentreffen war es gekommen, als ich im Gefolge von Prinz Veritas nach Guthaven reiste. Zu der Zeit hatte sie sich als frischgebackene Herzogin weniger behaglich gefühlt. Ich traf sie in der Küche, als ihr kleiner Hund an einer Fischgräte zu ersticken drohte. Es war mir gelungen, ihn zu retten und sie zu überzeugen, daß das Geld des Herzogs besser für den Unterhalt der Wachtürme ausgegeben werden sollte als für Schmuck und Tand. Damals war sie erst im Begriff, eine Herzogin zu werden. Wie sie jetzt vor mir stand, schien sie nie etwas anderes gewesen zu sein.
    »Inzwischen kein Hundejunge mehr?« fragte sie mit gutmütigem Spott.
    »Hundejunge? Wolfsmann!« bemerkte jemand. Ich schaute mich nach dem Sprecher um, aber der Saal war voller Menschen, und kein Gesicht schien uns zugewandt zu sein. Ich zuckte die Schultern, als wäre die Bemerkung unwichtig, und Lady Grazia schien sie gar nicht gehört zu haben. Bevor sie ging, machte sie mir zum Zeichen ihrer Gunst ein Geschenk. Ich muß auch heute noch lächeln, wenn ich daran denke; eine winzige Anstecknadel in Form von Fischgräten. »Ich habe sie mir als Erinnerung machen lassen. Jetzt möchte ich, daß du sie hast.« Sie selbst trug nur noch selten Schmuck, erzählte sie mir. Wir standen auf einem Söller, als sie mir das Geschenk überreichte; es war Nacht, und die Lichter von Herzog Kelvars Wachtürmen glitzerten wie Diamanten am nachtschwarzen Himmel.

KAPITEL 25
BOCKSBURG
     
    Burg Fierant am Vinfluß war eine der traditionellen Residenzen der herrschenden Familie von Farrow. Dort wuchs Königin Desideria auf, dorthin kehrte sie in den Sommern seiner Kindheit mit ihrem Sohn Edel zurück. Die Stadt Fierant am Fuß der Burg ist ein lebhafter Ort, ein Mittelpunkt des Handels in einer fruchtbaren Region der Obsthaine und Getreidefelder. Waren werden auf dem Wasserweg transportiert; der Vin ist ein behäbiger Strom, der flache Lastkähne und kleine Vergnügungsschiffe geduldig auf seinem breiten Rücken trägt. Königin Desideria war zu Lebzeiten niemals müde geworden zu behaupten, ihr Zuhause wäre Bocksburg in jeder Hinsicht überlegen und weit besser geeignet als Sitz der königlichen Familie.
     
    Die Rückreise nach Bocksburg war nur im Hinblick auf kleine Dinge bemerkenswert. Als für uns der Zeitpunkt kam, Abschied zu nehmen, war Kettricken müde und erschöpft. Auch wenn sie versuchte, sich nichts anmerken zu lassen, man sah es an den Ringen unter ihren Augen und dem blassen Mund. Herzog Kelvar stellte ihr eine Sänfte zur Verfügung, aber schon bald erwies sich, daß das Schaukeln ihre Unpäßlichkeit noch verschlimmerte. Sie schickte sie mit Dank zurück und ritt im Sattel von Federleicht nach Hause.
    Am zweiten Abend kam Fuchsrot an unser Feuer und sagte Burrich, sie hätte mehrmals an diesem Tag einen Wolf gesehen, der uns folgte. Burrich zuckte gleichmütig die Schultern und meinte, das Tier wäre vermutlich bloß neugierig und keine Gefahr für uns. Nachdem sie gegangen war, sagte er zu mir gewandt: »Das wird einmal zu oft passieren.«
    »Was?«
    »Ein Wolf, den man in deiner Nähe sieht. Fitz, sei vorsichtig. Schon seinerzeit wurde geredet, als du diese Entfremdeten getötet hattest. Auf dem Boden fand man eindeutige Spuren, und die Wunden an jenen Männern stammten nicht von einer Klinge. Vor ein paar Tagen war unter den Soldaten die Rede davon, man habe in der Nacht des Kampfes einen Wolf durch die Straßen von Guthaven streifen gesehen. Ich hörte sogar eine phantastische Geschichte von einem Wolf, der sich nach dem Ende der Schlacht in einen Mann verwandelt haben soll. Im Morast vor dem Zelt der Königin gab es Pfotenabdrücke, und du kannst froh sein, daß alle so erschöpft waren und es eilig hatten, die Leichen wegzuschaffen. Es waren einige darunter, die nicht durch die Hand eines Menschen gestorben sind.«
    Einige? Pah!
    Burrichs Gesicht verzerrte sich vor Zorn. »Das hört auf. Ab sofort.«
    Du bist stark, Dem-wir-folgen, aber…
    Der Gedanke riß ab, und irgendwo aus dem Buschwerk ertönte ein überraschtes Aufjaulen. Einige der Pferde erschraken und schauten in diese Richtung.
    Ich starrte Burrich an. Er hatte gegen Nachtauge gestemmt, hart und aus der Entfernung.
    Zu deinem Glück aus der Entfernung, denn so ein Stoß… wollte ich ihn zur Vorsicht mahnen.
    Burrichs Blick flog zu mir. »Ich sagte, das hört auf! Sofort!« Er schaute angewidert

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