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Die Legende vom Weitseher 02 - Des Königs Meuchelmörder

Die Legende vom Weitseher 02 - Des Königs Meuchelmörder

Titel: Die Legende vom Weitseher 02 - Des Königs Meuchelmörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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Irrtum. Keiner von ihnen fürchtete Edel. Sie sahen keine Gefahr, nur einen verwöhnten Gernegroß, der schöne Gewänder tragen wollte, einen Kronreif und sich mit einem Titel schmücken. Sie glaubten, er würde weggehen und sie könnten ihn vergessen. Ich wußte es besser.
    Ich wußte, wozu Edel fähig war, aus Machtgier, aus einer Laune heraus oder einfach, weil er glaubte, damit durchzukommen. Er verließ Bocksburg, er legte keinen Wert darauf. Doch wenn er glaubte, daß ich es haben wollte, würde er mit allen Mitteln dafür sorgen, daß ich es nicht bekam. Ich sollte hier wie ein streunender Köter ein jämmerliches Dasein fristen oder irgendwann den Korsaren zum Opfer fallen, nicht aber auf den Trümmern, die er hinterlassen hatte, zu einer Position der Macht hinaufsteigen. Wenn ich nicht sehr auf der Hut war, brachten meine neuen Freunde mir den Tod. Oder Schlimmeres, falls Edel etwas in den Sinn kam, das er für schlimmer hielt.
    Zweimal versuchte ich mich davonzustehlen. Beide Male wurde ich von jemandem abgefangen, der kurz unter vier Augen mit mir sprechen wollte. Endlich schützte ich Kopfschmerzen vor und gab bekannt, daß ich zu Bett gehen wollte, aber auch das bewahrte mich nicht davor, auf dem Weg zur Tür von mindestens zwölf Leuten angehalten zu werden, die das Bedürfnis verspürten, sich von mir zu verabschieden. Gerade als ich dachte, es sei vollbracht, berührte Zelerita schüchtern meine Hand und wünschte mir mit so trauriger Stimme gute Nacht, daß ich wußte, ich hatte ihr wehgetan. Das zu erkennen erschütterte mich mehr als alles andere an diesem Abend. Ich dankte ihr, und dann machte ich mich der verzeihlichen Feigheit schuldig, ihr die Fingerspitzen zu küssen. Das Leuchten, das über ihr Gesicht zog, erfüllte mich mit Scham, und ich ergriff die Flucht. Als ich die Treppe hinaufging, fragte ich mich, wie Veritas dieses Leben ausgehalten hatte – oder mein Vater. Falls ich je davon geträumt hatte, ein echter Prinz zu sein, statt eines Bastards, begrub ich den Traum in dieser Nacht. Es war mir ein entschieden zu öffentliches Dasein. Ernüchtert begriff ich, daß es für mich auf diese Art weitergehen würde, bis Veritas zurückkehrte. Der Talmiglanz der Macht umgab mich, und allzu viele würden sich davon blenden lassen.
    In meinem Zimmer schlüpfte ich mit großer Erleichterung wieder in vernünftige Kleider. Als ich mein Hemd zurechtzog, fühlte ich die kleine Wölbung des für Wallace zurechtgemachten Briefchens mit Gift, das ich immer noch in der Ärmelmanschette eingenäht trug. Vielleicht, überlegte ich bitter, brachte es mir Glück. Ich verließ mein Zimmer und tat dann das Dümmste, was ich tun konnte; ich stieg zu Mollys Kammer hinauf. Der Flur war leer, in den Wandhaltern brannten zwei Fackeln. Ich klopfte leise an. Nichts. Ich hob den Sperrhaken. Die Tür war nicht verschlossen und schwang bei meiner Berührung nach innen. Dunkelheit. Leere. Kein Feuer in dem kleinen Kamin. Ich fand den Stumpf einer Kerze und entzündete ihn an einer der Fackeln. Dann ging ich zurück in die Kammer und schloß die Tür hinter mir. Da stand ich nun, während die Katastrophe endlich in mein Bewußtsein drang. Es war ganz und gar Molly. Das abgezogene Bett, der ausgefegte Kamin, aber daneben ein kleiner Stapel Holz für den nächsten Bewohner – Kleinigkeiten, die mir verrieten, daß sie große Sorgfalt darauf verwendet hatte, sich aus diesem Raum zu tilgen. Nicht ein Band, nicht eine Kerze, nicht einmal ein Restchen Docht erinnerten an die Frau, die hier das Leben einer Dienstmagd geführt hatte. Die Kanne stand umgedreht im Waschbecken, damit kein Staub hineinfiel. Ich setzte mich auf ihren Stuhl vor dem kalten Kamin, klappte ihre Truhe auf und spähte hinein. Doch es waren nicht ihr Stuhl, ihr Kamin, ihre Truhe, es waren nur Gegenstände, die sie während ihres kurzen Aufenthalts benutzt hatte.
    Molly war fort.
    Sie kam nicht wieder.
    Ich hatte mich vor der Wahrheit geschützt, indem ich mich weigerte, an sie zu denken. Dieses leere Zimmer riß mir die Binde von den Augen.
    Ich schaute in mich hinein und verabscheute, was ich sah. Könnte ich den Kuß zurückholen, den ich auf Zeleritas Fingerspitzen gedrückt hatte! Balsam für den verwundeten Stolz eines jungen Mädchens oder Berechnung, um sie und ihren Vater an mich zu binden? Ich wußte nicht mehr, was mich dazu bewogen hatte. Weder das eine noch das andere war zu rechtfertigen, beides war falsch, wenn ich nicht gelogen hatte, als

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