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Die Legende vom Weitseher 02 - Des Königs Meuchelmörder

Die Legende vom Weitseher 02 - Des Königs Meuchelmörder

Titel: Die Legende vom Weitseher 02 - Des Königs Meuchelmörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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Augenblick für ein Gespräch.« Prinzessin Philia zögerte, und zum erstenmal schaute sie mich mit Bewußtsein an. Ehrliche Besorgnis zeigte sich in ihren Augen. »Vielleicht«, meinte sie nach einer Weile leise, »kenne ich nicht die ganze Geschichte deiner Abenteuer.«
    Ich senkte den Blick auf meine gefütterten Bergstiefel. Einen Moment lang spielte ich mit dem Gedanken, ihr die Wahrheit zu erzählen, aber dann machte ich mir bewußt, welche Gefahr dieses Wissen für sie bedeutete. »Ein langer Ritt. Schlechtes Essen. Schmutzige Wirtshäuser mit stinkenden Betten und klebrigen Tischen. Damit ist so gut wie alles gesagt. Ich glaube nicht, daß Ihr noch mehr hören möchtet.«
    Etwas Merkwürdiges geschah. Unsere Blicke trafen sich, und ich spürte, sie erkannte meine Lüge. Sie nickte langsam, nahm die Lüge als notwendig hin und schaute zur Seite. Ich fragte mich, wie oft mein Vater ihr ähnliche Lügen erzählt haben mochte. Was kostete sie dieses Nicken?
    Lacey drückte mir den Weinbecher in die Hand. Nach dem ersten Schluck fühlte ich mich etwas besser und lächelte Philia über den Rand hinweg zu. »Nun sagt mir«, fing ich an, aber trotz aller Mühe zitterte meine Stimme wie die eines alten Mannes. Ich mußte mich räuspern. »Wie ist es Euch ergangen? Ich kann mir vorstellen, daß mit einer Königin hier in Bocksburg Euer Leben um vieles abwechslungsreicher geworden ist. Erzählt mir, was mir alles entgangen ist.«
    »Oh«, sagte sie, als hätte sie sich an einer Nadel gestochen, und diesmal war sie es, die den Blick senkte. »Du weißt, was für eine Einsiedlerin ich bin. Meine Gesundheit ist nicht die beste. Einen Abend mit Tanz und Geselligkeit muß ich mit zwei Tagen Bettruhe büßen. Nein. Ich habe der Königin meine Aufwartung gemacht und ein-, zweimal mit ihr zu Tisch gesessen. Aber sie ist jung und voller Tatendrang und mit ihrem neuen Leben beschäftigt. Und ich bin alt und seltsam und habe den Kopf voll mit meinen eigenen Interessen…«
    »Kettricken teilt Eure Liebe zu grünenden und wachsenden Dingen«, meinte ich, »sie wäre wahrscheinlich sehr interessiert…« Ein plötzlicher Tremor lief durch meinen Körper, und meine Zähne schlugen so heftig aufeinander, daß ich nicht weitersprechen konnte. »Ich… ich friere nur etwas«, entschuldigte ich mich und hob den Becher an die Lippen. Meine Hände zitterten, und während ich einen Schluck nahm, schwappte der dunkelrote Wein über mein Kinn und auf das Hemd. Bestürzt sprang ich auf, der Becher entglitt mir, rollte über den Teppich und hinterließ eine Spur wie von Blut. Ich fiel auf den Stuhl zurück und schlang die Arme um den Leib. »Ich bin sehr müde«, versuchte ich mich herauszureden.
    Lacey kam mit einem Tuch und tupfte an mir herum, bis ich es ihr aus der Hand nahm. Ich wischte mir das Kinn ab und über das Hemd, doch als ich mich hinhockte, um notdürftig den Teppich zu säubern, wäre ich beinahe vornüber aufs Gesicht gefallen.
    »Nein, Fitz, laß es sein. Wir können Ordnung machen. Du bist müde und immer noch nicht ganz gesund. Geh in dein Zimmer und komm wieder, wenn du dich erholt hast. Ich habe etwas Wichtiges mit dir zu besprechen, aber das kann noch eine Nacht warten. Nun zu Bett mit dir, Junge. Zu Bett.«
    Dankbar für die Erlösung, stand ich auf und verbeugte mich zum Abschied nur gerade soviel wie nötig. Lacey begleitete mich zur Tür, wo sie stehenblieb und mir besorgt nachschaute. Ich versuchte zu gehen, als ob Wände und Boden keine Wellen schlügen. An der Treppe blieb ich stehen und winkte ihr beruhigend zu, doch drei Stufen höher und außer Sicht mußte ich stehenbleiben und rang nach Atem. Das Kerzenlicht war viel zu grell, ich kniff die Augen zu und preßte die Hände davor. Alles drehte sich.
    Leichte Schritte kamen die Treppe hinunter, hielten zwei Stufen über mir inne. »Ist Euch nicht wohl, Herr?« erkundigte sich eine weibliche Stimme unsicher.
    »Ein Glas zuviel«, log ich. Mit meinem vom Wein durchtränkten Hemd roch ich jedenfalls wie ein Trunkenbold. »Gleich geht es mir wieder besser.«
    »Ich werde Euch die Treppe hinaufhelfen. Hier zu stürzen wäre gefährlich.« Die Stimme drückte jetzt eisige Mißbilligung aus. Ich machte die Augen auf und lugte zwischen den Fingern hindurch. Blaue Röcke aus dem haltbaren Stoff, den alle Dienstboten trugen. Ohne Zweifel hatte sie schon oft mit Betrunkenen zu tun gehabt.
    Ich schüttelte abwehrend den Kopf, aber sie nahm keine Notiz davon, wie ich es an

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