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Die Legende vom Weitseher 02 - Des Königs Meuchelmörder

Die Legende vom Weitseher 02 - Des Königs Meuchelmörder

Titel: Die Legende vom Weitseher 02 - Des Königs Meuchelmörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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ihrer Stelle auch nicht getan hätte. »Sehen wir zu, daß wir Euch die Treppe hinaufbringen«, ermunterte sie mich. Wohl oder übel ließ ich mich von ihr stützen und stolperte die Stufen zum nächsten Absatz hinauf.
    »Vielen Dank«, murmelte ich und dachte, sie würde jetzt gehen, aber sie hielt weiter meinen Arm fest.
    »Seid Ihr sicher, daß Ihr hier richtig seid? Die Dienstbotenunterkünfte befinden sich ein Stockwerk höher…«
    Ich brachte ein Nicken zustande. »Dritte Tür. Wenn es dir nichts ausmacht.«
    Sie schwieg ziemlich lange. »Das Zimmer des Bastards«, meinte sie schließlich kalt. Die Worte trafen mich nicht mehr wie früher, als Junge.
    »Allerdings. Du kannst jetzt gehen«, beschied ich sie im gleichen Ton.
    Statt dessen trat sie dicht an mich heran. Sie griff in mein Haar und riß meinen Kopf hoch, bis sie mir ins Gesicht sehen konnte. »Neuer!« zischte sie erbost. »Ich sollte dich einfach hier auf dem Flur liegen lassen!«
    Ich riß die Augen auf. Immer noch war mein Blick verschwommen, aber ich kannte sie, die Rundung ihrer Wangen, wie ihr das Haar über die Schultern fiel und ihren Duft, wie von einem Sommernachmittag. Eine ungeheure Last fiel von mir ab, mein Herz klopfte vor Freude wie wild. Ich nahm sie in die Arme und küßte sie.
    Oder versuchte sie zu küssen, aber sie hielt mich mit ausgestreckten Armen von sich ab. »Ich küsse keinen Betrunkenen. Das ist ein Versprechen, das ich mir selbst gegeben habe und niemals brechen werde. Und ich dulde auch nicht, daß mich einer küßt.« Ihr Ton verriet, daß sie es bitterernst meinte.
    »Ich bin nicht betrunken, ich bin – krank«, protestierte ich. Durch die Aufregung war mir noch schwindeliger geworden. »Aber das ist nicht wichtig. Du bist hier und in Sicherheit.«
    Ungeachtet ihrer Drohung machte sie keine Anstalten, mich meinem Schicksal zu überlassen. Die Geste der Fürsorglichkeit war ihr durch ihren Vater in Fleisch und Blut übergegangen. »Oh, ich verstehe. Du bist nicht betrunken.« Verachtung und Unglauben mischten sich in ihrer Stimme. »Du bist auch nicht der Gehilfe des Schreibers. Und nicht der Stallbursche. Fängst du Freundschaften immer mit Lügen an? Jedenfalls scheinst du sie damit zu beenden.«
    »Ich habe nicht gelogen«, verteidigte ich mich kläglich. »Ich habe dir nur nicht ganz – es ist zu kompliziert. Molly, ich bin so unglaublich froh, daß du unversehrt bist. Und hier in Bocksburg! Ich dachte, ich müßte dich suchen…« Der feste Griff ihrer Hand um meinen Arm veränderte sich nicht. »Ich bin nicht betrunken, glaub mir. Eben habe ich nur gelogen, weil ich mich geschämt habe zuzugeben, wie schwach ich bin.«
    »Also nimmst du Zuflucht zu einer Lüge.« Ihre Stimme durchschnitt die Luft wie ein Peitschenhieb. »Dessen solltest du dich schämen, nicht deiner Schwäche. Oder ist für den Sohn eines Prinzen Lügen keine Schande?«
    Sie ließ mich los, und ich sank gegen die Wand. Es fiel mir schwer, meine Gedanken zu ordnen und mich gleichzeitig auf den Beinen zu halten. »Ich bin nicht der Sohn eines Prinzen. Ich bin ein Bastard. Das eine ist mit dem anderen nicht zu vergleichen. Und ja, auch das habe ich mich geschämt, einzugestehen. Aber ich habe dich nie ausdrücklich angelogen und gesagt, ich wäre nicht der Bastard. Nur, wenn ich bei euch war, wollte ich Neuer sein. Es war schön, ein paar Freunde zu haben, die, wenn sie mich sahen, dachten: ›Da kommt Neuer‹, statt ›Da kommt der Bastard‹.«
    Molly sagte nichts dazu, faßte mich nur, erheblich gröber als zuvor, an der Hemdbrust und zerrte mich den Flur entlang zu meinem Zimmer. Es überraschte mich, welche Kräfte Frauen entwickeln konnten, wenn sie wütend waren. Sie rammte mit der Schulter gegen die Tür, als wäre diese ein persönlicher Feind, und stieß mich zu meinem Bett. Als sie losließ, knickten meine Beine ein. Ich setzte mich schwer auf den Rand und klemmte die zitternden Hände zwischen die Knie. Molly sah stumm auf mich hinunter. Ich konnte sie nur undeutlich erkennen, aber ihre Haltung verriet mir, daß sie inzwischen keineswegs versöhnlicher gestimmt war.
    Nach einem Moment beiderseitigen Schweigens wagte ich den Versuch, die unglückliche Mißstimmung zu beheben. »Ich habe von dir geträumt. Während ich weg war.«
    Sie blieb weiterhin stumm. Ich faßte Mut. »In meinem Traum warst du in Syltport. Als es überfallen wurde.« Meine Stimme klang gepreßt, weil ich mich bemühte, das Beben zu unterdrücken. »Ich träumte

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