Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Legende vom Weitseher 02 - Des Königs Meuchelmörder

Die Legende vom Weitseher 02 - Des Königs Meuchelmörder

Titel: Die Legende vom Weitseher 02 - Des Königs Meuchelmörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
Vom Netzwerk:
hatte.«
    »Aber auch nicht schlecht in Anbetracht der die zugeteilten Karten. Du hast überlebt.« Er schaute über mich hinweg ins Feuer. Eine Frage hing zwischen uns, fast greifbar. Weshalb hatte König Listenreich Prinz Edel anvertraut, daß ich sein bestallter Assassine war? Weshalb hatte er mich dem Befehl eines Mannes unterstellt, der mich tot sehen wollte? Hatte er mich an Edel verschachert, als eine Art Trostpflaster dafür, daß er hinter seinem älteren Bruder zurücktreten mußte? Und wenn ich ein Bauernopfer gewesen war, hielt man mich immer noch dem jungen Prinzen als Ablenkung und Spielzeug vor die Nase? Ich glaube, nicht einmal Chade hätte all meine Fragen beantworten können, und sie zu stellen wäre der schwärzeste Verrat daran gewesen, was wir geschworen hatten zu sein: des Königs Mannen. Wir beide hatten vor langer Zeit unser Leben in König Listenreichs Hand gegeben, als Werkzeuge zum Schutz der königlichen Familie. Wir hatten nicht das Recht, in Frage zu stellen, wie er sich unserer zu bedienen wünschte. Zweifel war der erste Schritt auf der Straße zum Hochverrat.
    Chade hob die Karaffe und füllte ein bereitstehendes Glas für mich. Eine müßige halbe Stunde plauderten wir über Dinge, die für niemanden außer uns von Bedeutung waren und deshalb um so kostbarer. Ich erkundigte mich nach Schleicher, dem Wiesel, und er bekundete zurückhaltend sein Mitgefühl zu Nosys Tod. Ein oder zwei Fragen, die er stellte, verrieten mir, daß er alles wußte, was ich Veritas berichtet hatte, und dazu genauestens über den Küchenklatsch unterrichtet war. Im Gegenzug erfuhr ich von dem Tun und Treiben der kleinen Leute, das mir wegen meiner Abwesenheit entgangen war. Doch als ich ihn nach seiner Meinung über Kettricken fragte, unsere Königin-zur-Rechten, verdüsterte sich sein Gesicht.
    »Sie wird es schwer haben, verpflanzt an einen vornehmlich von Männern geprägten Hof, wo sie Königin ist und doch nicht herrschen darf. Noch dazu kommt sie in einer schweren Zeit zu uns, wo das Königreich sich von Piratenüberfällen und Bürgerunruhen bedroht sieht. Doch am schwierigsten für sie ist, daß sie sich in einer Umgebung zurechtfinden muß, die ihr Konzept von Monarchie nicht begreift. Man hat sie mit Bällen und rauschenden Festen geehrt. Sie hingegen ist daran gewöhnt, als gleiche unter gleichen in ihrem Volk umherzugehen, im Garten, am Webrahmen, in der Schmiede zu werken, Streit zu schlichten und sich selbst zu opfern, um ihren Untertanen Leiden zu ersparen. Hier, stellt sie fest, besteht ihre Gesellschaft aus dem Adel, den Privilegierten, den Reichen.
    In ihren Augen ist es eitel, dieses Schwelgen in Wein und exotischen Speisen, das Zurschaustellen von kostbaren Gewändern und Geschmeide bei jeder sich bietenden Gelegenheit. Kein Wunder, daß sie sich nicht gut zu präsentieren versteht. Sie ist schön, auf ihre Art. Aber sie ist zu groß, zu kräftig, zu hell im Kreis der Frauen von Bocksburg. Eine junge Birke inmitten von süß duftenden Rosen. Rosen mit Dornen. Ihr Herz ist gut, aber ich weiß nicht, ob sie der Aufgabe gewachsen sein wird, Junge. Um die Wahrheit zu sagen, sie tut mir leid. Ihr kleines Gefolge ist längst wieder in die Berge zurückgekehrt und hat sie allein zurückgelassen. Man kann sich vorstellen, wie einsam sie sich fühlen muß, ungeachtet der Schranzen, die sich um ihre Gunst bemühen.«
    »Und Veritas?« fragte ich besorgt. »Er unternimmt nichts, um sie aufzuheitern, um sie in unserem Land heimisch zu machen?«
    »Veritas hat wenig Zeit für sie«, antwortete Chade trocken. »Er wollte diese Heirat nicht und versuchte, König Listenreich die Gründe zu erklären, aber wir hörten nicht zu. Der König und ich waren geblendet von den politischen Vorteilen dieser Verbindung. Ich dachte nicht daran, daß eine lebendige Frau hier sein würde, an diesem Hof, Tag für Tag. Veritas hat alle Hände voll zu tun. Wären sie nur ein Mann und eine Frau und ließe man ihnen etwas Zeit, glaube ich, daß sie wirklich lernen könnten, sich zu lieben. Doch hier und jetzt müssen sie alle Kraft darauf verwenden, den Schein zu wahren. Bald wird man einen Erben verlangen. Sie haben keine Gelegenheit, sich kennenzulernen, geschweige denn, Sympathien füreinander zu entwickeln.« Er schien die Betroffenheit in meinem Gesicht gesehen zu haben, denn er fügte hinzu: »Das ist das Schicksal aller mit königlichem Blut, Junge. Chivalric und Philia waren die Ausnahme, und sie erkauften ihr

Weitere Kostenlose Bücher