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Die Legende vom Weitseher 03 - Die Magie des Assassinen

Die Legende vom Weitseher 03 - Die Magie des Assassinen

Titel: Die Legende vom Weitseher 03 - Die Magie des Assassinen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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Kinn brachte ihn zum Schweigen. Gut, daß ich wieder meine Stiefel angezogen hatte. Bevor er noch einen weiteren Laut ausstoßen konnte, hatte ich das Messer gezückt und ihm quer über den Hals gezogen. Gurgelnd verlieh er seiner Verwunderung Ausdruck und hob beide Hände in dem pathetischen Bemühen, den warmen Blutschwall aufzuhalten. Ich beugte mich tief hinab und sah ihm aus nächster Nähe ins Gesicht. »FitzChivalric«, sagte ich ruhig. »FitzChivalric.« Seine Augen weiteten sich in entsetztem Begreifen und wurden leer, als das Leben daraus floh. Plötzlich war er Schweigen, ein Nichts, so leblos wie ein Stein. Für die Alte Macht war er so wenig wahrzunehmen, als existierte er nicht.
    So schnell war es vollbracht. Vergeltung. Ich starrte auf ihn hinunter und erwartete, Triumph oder Erleichterung zu empfinden, oder Befriedigung – doch ich fühlte nichts, fühlte mich innerlich so tot, wie er es war. Er war nicht einmal Fleisch, das ich essen konnte. Zu spät fragte ich mich, ob es irgendwo eine Frau gab, die diesen stattlichen blonden Mann geliebt hatte, blonde Kinder, deren Brot mit seinem Lohn bezahlt wurde. Solche Gedanken sind nicht gut für einen Meuchelmörder. Als ich noch in König Listenreichs Auftrag auszog, um Gerechtigkeit zu üben, hatten sie mich nie belastet. Ich schüttelte sie ab.
    Mit Kopf und Oberkörper lag Verde in einer großen Blutlache. Ich hatte ihn mir vom Hals geschafft, aber auf wenig sachgerechte Art und alles andere als unauffällig. Er war ein großer Mann und hatte viel Blut in sich. In fieberhafter Eile überlegte ich, ob ich mir die Zeit nehmen sollte, die Leiche zu verstecken, oder va banque spielen: ihn hier liegenlassen, wo ihn seine Kameraden, die sich vielleicht schon über sein Ausbleiben wunderten, finden konnten und mir die entstehende Verwirrung zunutze machen.
    Schließlich nahm ich mein Hemd und tunkte soviel von dem Blut auf wie möglich, dann ließ ich es ihm auf die Brust fallen und wischte mir an seinem Wams die Hände ab, bevor ich ihn unter den Achseln packte und aus der Ahnengalerie in den Flur hinausschleifte. Ich schwitzte, so sehr strengte ich all meine Sinne an, um sofort gewarnt zu sein, falls sich jemand näherte.
    Meine Stiefelsohlen rutschten auf dem glatten Steinfußboden, und meine keuchenden Atemzüge tönten mir wie Brandungsrauschen in den Ohren. Trotz meiner Versuche, das Blut aufzuwischen, hinterließen wir eine verräterische rote Spur. Vor dem Gemach der Vögel und Fische überwand ich mich, erst zu lauschen. Stille, kein Geräusch, bis auf meinen dröhnenden Herzschlag. Ich drückte die Tür mit der Schulter auf und schleifte Verde hindurch, dann hievte ich ihn hoch und ließ ihn in eins der Bassins gleiten. Die Fische schossen aufgeregt hin und her, als die Blutfahnen sich im Wasser ausbreiteten. Ich wusch mir in einem anderen Teich hastig Hände und Brust ab und verließ den Raum durch eine zweite Tür. Man würde der Blutspur hierher folgen und vielleicht etwas Zeit damit vergeuden herumzurätseln, weshalb der Mörder sich die Mühe gemacht hatte, sein Opfer vom Tatort wegzuschleppen und in einen Fischteich zu werfen.
    Ich fand mich in einem Zimmer wieder, in dem ich noch nicht gewesen war. Gewölbedecke, Wandvertäfelung, ein prächtiger Sessel auf einer Empore am anderen Ende. Edels Thronsaal? Ich schaute mich um, wohin jetzt?, dann erstarrte ich. Die geschnitzte Flügeltür rechts von mir flog weit auf. Ich hörte Lachen, eine halblaute Frage, eine kichernde Antwort. Keine Zeit, sich zu verstecken, nichts, wohinter man Deckung suchen konnte. Ich drückte mich gegen einen Wandteppich und rührte mich nicht. Die Hereinkommenden schienen bester Laune zu sein. Ihr Gelächter klang ausgelassen, haltlos, als wären sie entweder betrunken oder von Glimmkraut berauscht. Sie gingen dicht an mir vorbei, zwei Männer im Wettstreit um die Aufmerksamkeit einer Frau, die kokett mit ihrem quastenbesetzten Fächer spielte. Alle drei trugen ausschließlich Rot in verschiedenen Nuancen; bei einem der Männer waren nicht nur die Spitzenmanschetten mit Charivaris besetzt, sondern die weitfallenden Ärmel seines Obergewands bis zu den Ellenbogen. Der andere trug, einem Zepter ähnlich, ein kleines Räuchergefäß auf einem Stock, das er beim Gehen vor ihnen hin und her schwenkte, so daß sie ständig von den süßlichen Schwaden eingehüllt waren. Wahrscheinlich wären sie nicht einmal auf mich aufmerksam geworden, wenn ich vor ihrer Nase Kobolz

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