Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Legende vom Weitseher 03 - Die Magie des Assassinen

Die Legende vom Weitseher 03 - Die Magie des Assassinen

Titel: Die Legende vom Weitseher 03 - Die Magie des Assassinen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
Vom Netzwerk:
Maultiere am anderen Ufer zogen an, und mit einem Ruck setzten wir uns in Bewegung.
    Zwischen Zuschauen und Selbsterleben besteht ein himmelweiter Unterschied. Ich schnappte nach Luft, als der erste Wasserguß mich traf. Plötzlich waren wir nur noch Spielzeug in den Händen eines unberechenbaren Kindes. Der Fluß umtobte uns, rüttelte an dem Prahm und brüllte vor Zorn, weil er ihn nicht losreißen konnte. Das Tosen des Wassers machte mich fast taub. Der Prahm krängte plötzlich. Ich umklammerte die Reling, als eine Welle über das Deck flutete und meine Knöchel umfaßte. Als zum zweitenmal eine Welle am Bug zerstob und uns alle durchnäßte, wieherte die Stute schrill. Ich ließ die Reling los, um nach ihrem Halfter zu greifen. Die beiden Männer schienen die gleiche Absicht zu haben, denn sie hangelten sich an der Seitenwand des Karrens auf mich zu. Ich winkte ihnen, hinten zu bleiben und kümmerte mich um die Schecke.
    Ich werde nie erfahren, was der Mann vorhatte. Vielleicht wollte er mich mit dem Knauf seines Dolchs niederschlagen. Aus dem Augenwinkel nahm ich eine Bewegung wahr und fuhr herum, gerade als der Prahm sich erneut nach Steuerbord neigte. Er verfehlte mich und taumelte gegen die Stute, die in Panik geriet und wild bockte.
    Ihr Kopf traf mich, so daß ich zurücktaumelte. Ich hatte fast das Gleichgewicht wiedergefunden, als der Mann sich erneut auf mich stürzte. Am Heck rang Nik mit dessen Kameraden. Er brüllte mit zorniger Stimme etwas über sein Wort und seine Ehre. Ich duckte mich unter der Faust meines Angreifers hinweg, als eine Welle mich bis zur Mitte des Decks schwemmte. An das Karrenrad geklammert, hatte ich mein Schwert halb aus der Scheide gezogen, da packte mich jemand von hinten. Mein erster Angreifer kam grinsend auf mich zu, und diesmal hielt er den Dolch stoßbereit. Plötzlich flog ein triefender, pelziger Körper an mir vorbei. Nachtauge sprang dem Mann gegen die Brust und schleuderte ihn rücklings gegen die Reling.
    Ich hörte das Knacken des bereits gesplitterten Pfostens. Langsam, ganz langsam, neigten sich Wolf, Mann und Reling dem Wasser entgegen. Ich sprang hinterher. Meinen Gegner schleifte ich mit. Es gelang mir, den Stumpf des abgebrochenen Pfostens zu fassen, und mit der anderen Hand griff ich nach Nachtauges Schwanz. Ich mußte dafür das Schwert fahren lassen. Nachtauges Kopf tauchte auf. Seine Vorderpfoten scharrten verzweifelt am Rumpf der Fähre. Ich packte sein Nackenfell und zog ihn nach oben.
    Dann stampfte ein gestiefelter Fuß mit Wucht auf meine Schulter, und der darin schlummernde Schmerz flammte auf. Der nächste Tritt traf mich am Kopf. Ich sah, wie meine Finger sich öffneten, sah, wie Nachtauge zurück ins Wasser glitt, von der Strömung ergriffen und mitgerissen wurde.
    »Mein Bruder!« schrie ich. Das Rauschen des Flusses verschluckte meine Worte. Der nächste Wasserschwall brandete über mich hinweg und schlug mir ins Gesicht. Als es wieder möglich war, stemmte ich mich hoch, bis ich auf allen vieren an Deck kauerte. Der Mann, der mich getreten hatte, kniete neben mir nieder. Ich fühlte den Druck seines Messers an meinem Hals.
    »Bleib, wo du bist, und rühr dich nicht«, ermahnte er mich barsch, dann rief er Nik über die Schulter zu: »Halt dich raus! Ich erledige das auf meine Art!«
    Ich nahm ihn nur am Rande wahr. Jede Faser meines Bewußtseins war darauf ausgerichtet, Nachtauge zu erreichen. Das Deck schwankte unter mir. Der Fluß kochte, und ich wurde überschüttet von Gischt und Wellen. Kalt. Naß. Wasser in Mund und Nase, ich wußte nicht, wo ich aufhörte und Nachtauge begann. Falls es ihn noch gab.
    Unvermittelt prallte die Fähre gegen die Rampe. Sie waren zu unvorsichtig, als sie mich auf die Füße stellen wollten. Der eine nahm den Dolch von meinem Hals, bevor der andere die Hand in mein Haar gekrallt hatte. Kämpfend schnellte ich in die Höhe, ohne einen Gedanken daran zu verschwenden, was aus mir wurde. Ich verströmte Haß und Wut, und meine Gefühle übertrugen sich auf die verängstigte Schecke. Ein Mann stürzte dicht vor ihr nieder, und ein Hufschlag drückte ihm den Brustkorb ein. Damit blieben noch zwei nach meiner Rechnung. Einen beförderte ich mit einem Schulterstoß in den Fluß. Es gelang ihm, sich am Rand der Fähre festzuhalten, während ich seinen Kameraden würgte. Nik schrie etwas, das sich wie eine Warnung anhörte. Ich drückte dem Mann die Kehle zu und schmetterte seinen Kopf auf die Decksplanken, als die

Weitere Kostenlose Bücher