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Die Legende vom Weitseher 03 - Die Magie des Assassinen

Die Legende vom Weitseher 03 - Die Magie des Assassinen

Titel: Die Legende vom Weitseher 03 - Die Magie des Assassinen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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übel. Ich fragte mich, ob wohl jemand soviel Mitleid hatte, ihre Finger zu richten und zu schienen – vorausgesetzt natürlich: Burl gestattete es. Mich wunderte, wie oft ich an Krähe und die Kinder der Pilger denken mußte.
    Ich hatte Nachtauge. In meiner zweiten Nacht in Burls Gewahrsam überließ man mich nach einer hastigen Mahlzeit aus Käse und Brot in einer Ecke des Zeltes mir selbst. Meine Hände und Füße waren gefesselt, aber nicht schmerzhaft fest, und man hatte mir eine Decke übergeworfen. Die sechs Mann, die das Zelt mit mir teilten, waren bald in ein Würfelspiel vertieft. Das Zelt bestand aus gutem Ziegenleder, und die Männer hatten es zu ihrem eigenen Behagen mit Fichtenzweigen ausgelegt, deshalb brauchte ich nicht zu frieren. Von dem anstrengenden Fußmarsch war ich müde, und der volle Bauch machte mich schläfrig, trotzdem bemühte ich mich, wach zu bleiben. Ich spürte nach Nachtauge und fürchtete mich fast vor dem, was ich finden könnte. Seit ich ihn seinem Genesungsschlaf überlassen hatte, war seine Gegenwart nur sehr schwach zu spüren gewesen. Jetzt griff ich nach ihm und war überrascht, ihn ganz dicht bei mir zu finden. Er trat wie durch einen Vorhang in meine Wahrnehmung und schien belustigt über mein Erstaunen.
    Wann hast du gelernt, das zu tun?
    Vor einiger Zeit. Ich dachte über die Dinge nach, die der Bärenmann zu uns gesagt hat. Und während unserer Trennung entdeckte ich, daß ich ein eigenes Leben besitze. Ich fand einen Ort in meinem Bewußtsein, der nur mir gehört.
    Ich bemerkte ein Zaudern in seinen Gedanken, als fürchtete er, ich könnte gekränkt sein; doch ich umarmte ihn und hüllte ihn in die Wärme der Zuneigung, die ich für ihn empfand. Ich hatte Angst, du könntest sterben.
    Die gleiche Angst habe ich jetzt um dich. Beinahe demütig fügte er hinzu: Aber ich habe überlebt. Und nun ist wenigstens einer von uns frei, um dem anderen zu helfen.
    Ich bin froh, daß du in Sicherheit bist, doch ich fürchte, es gibt wenig, was du für mich tun kannst. Wenn sie dich entdecken, werden sie nicht ruhen, bis sie dich getötet haben.
    Dann werden sie mich nicht entdecken, behauptete er selbstbewußt. Er nahm mich mit auf die Jagd in jener Nacht.
    Am nächsten Tag mußte ich all meine Willenskraft aufbieten, um einen Fuß vor den anderen zu setzen. Ein Sturm kam auf. Trotz des verschneiten Pfades, dem wir folgten, und der Windböen, gegen die wir ankämpfen mußten, bemühten wir uns, ein militärisches Marschtempo beizubehalten. Je weiter wir uns vom Fluß entfernten und in die Berge hinaufstiegen, desto dichter wurden Wald und Unterholz. Wir hörten den Wind in den Wipfeln der Bäume, hatten aber weniger unter ihm zu leiden, dafür bekam die Kälte einen eisigen Biß. Die Rationen, die man mir zuteilte, reichten aus, um mich vom Morgen bis zum Abend auf den Beinen zu halten; zu mehr reichte die Kraft nicht.
    Burl ritt an der Spitze der Kolonne, gefolgt von seiner Leibwache zu Pferde. Dahinter ging ich inmitten meiner Bewacher, hinter uns kamen die Pilger, flankiert von regulären Soldaten. Der Troß bildete die Nachhut.
    Am Ende einer jeden Tagesetappe wurde ich in ein rasch errichtetes Zelt gebracht, erhielt zu essen und wurde bis zum nächsten Morgen nicht mehr beachtet. Unterhaltungen beschränkten sich auf den Dank für meine Mahlzeiten und auf den nächtlichen Gedankenaustausch mit Nachtauge. Die Jagd auf dieser Seite des Flusses war üppig, verglichen mit der Kargheit des Ufers, von dem wir kamen. Nachtauge hatte keine Mühe, mit uns Schritt zu halten und nebenbei noch reichlich Beute zu machen. In meiner vierten Nacht als Gefangener machte Nachtauge sich gerade über das Gekröse eines Kaninchens her, als er plötzlich den Kopf hob und prüfend die Luft einsog.
    Was ist?
    Jäger. Sie schleichen sich an. Er erhob sich von der Beute und schaute von seinem erhöhten Standort auf Burls Lager hinab und auf wenigstens ein Dutzend schattenhafter Gestalten, die sich im Schutz der Bäume näherten. Die Hälfte war mit Pfeil und Bogen bewaffnet. Nachtauge beobachtete, wie zwei von ihnen sich hinter einem Gebüsch niederkauerten, und gleich darauf nahm seine scharfe Nase Rauchgeruch wahr. Ein winziges Feuer glimmte dunkelrot zu ihren Füßen. Sie gaben den anderen Zeichen, die daraufhin ausschwärmten, lautlos wie Schemen. Einige liefen zu den angepflockten Pferden, und mit eigenen Ohren hörte ich verstohlene Schritte vor dem Zelt, in dem ich gefesselt lag. Die Fremden

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