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Die Legende vom Weitseher 03 - Die Magie des Assassinen

Die Legende vom Weitseher 03 - Die Magie des Assassinen

Titel: Die Legende vom Weitseher 03 - Die Magie des Assassinen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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Wolf nicht erst hereinkommen, sondern drang mit gezückter Waffe auf ihn ein und zwang ihn, die Tür freizugeben. Nachtauge wich der Klinge mit Leichtigkeit aus, aber der Bann war gebrochen. Der Junge nutzte seinen Vorteil und folgte dem Wolf in die Dunkelheit hinaus. Kaum war die Tür frei, schlug der alte Mann sie zu.
    »Willst du hierbleiben und mit mir zusammen verbrennen?« fragte ich ihn unverbindlich.
    Im Bruchteil einer Sekunde hatte er sich entschieden. »Das Vergnügen überlasse ich dir gern allein!« schleuderte er mir entgegen. Er riß die Tür wieder auf und stürmte hinaus.
    Nachtauge! Er hat den Schlüssel! Der Alte, der eben weglauft.
    Ich hole ihn.
    Nun war ich allein in meinem Gefängnis. Halb rechnete ich damit, daß der Junge wiederkam, doch er blieb verschwunden. Ich umfaßte die Eisenstäbe und rüttelte an der Tür. Sie bewegte sich kaum. Ein Stab fühlte sich locker an. Ich zog daran, stemmte die Füße gegen die Tür und setzte meine ganze Kraft ein. Endlich, endlich brach ein Ende aus dem Holz, und ich bog den Stab nach unten und dann hin und her, bis ich ihn in der Hand hielt. Doch selbst wenn es mir gelingen sollte, alle Stäbe herauszureißen, war die Öffnung noch immer zu klein für mich. Und um als Brecheisen zu dienen, war der Stab zu dick. Er ließ sich nicht in die Ritzen zwischen Tür und Mauerwerk schieben. Der immer dicker werdende Rauch stieg mir beißend in die Nase. Das Feuer war bereits ganz nah. Ich warf mich mit der Schulter gegen die Tür, doch sie bebte nicht einmal. Ich streckte den Arm durch das Fensterchen und nach unten. Meine ausgestreckten Finger trafen auf einen schweren Metallriegel. Ich tastete daran entlang bis zu dem Schloß, das ihn festhielt. Wenn ich mich auf die Zehenspitzen stellte, konnte ich es berühren, aber das war auch alles. Wurde es tatsächlich wärmer in der Baracke, oder bildete ich mir das nur ein?
    Ich stieß blind mit meinem Eisenstab gegen das Schloß und die Klammern des Riegels, als die Außentür sich öffnete. Ein Soldat in Gold und Braun kam herein und rief: »Ich komme, um den Bastard zu holen!« Dann flog sein Blick durch den leeren Raum. Er warf die Kapuze zurück, und es war Merle. Ich starrte sie ungläubig an.
    »Das ist leichter, als ich zu hoffen gewagt hätte«, meinte sie mit einem breiten Grinsen, das auf ihrem zerschlagenen Gesicht erschreckend aussah, mehr wie ein Zähnefletschen.
    »Vielleicht auch nicht«, dämpfte ich ihre Zuversicht. »Die Tür ist verriegelt.«
    Das Grinsen erlosch. »Verflucht! Die Rückseite der Baracke schwelt bereits.«
    Mit der unverletzten Hand entriß sie mir den Stab. Gerade als sie ihn hob, um damit auf das Schloß einzuhämmern, erschien Nachtauge in der Tür. Er kam in den Raum getrabt und ließ die Gürteltasche des alten Mannes auf den Boden fallen. Blut färbte das Leder dunkel.
    Maßlos bestürzt schaute ich ihn an. »Du hast ihn getötet?«
    Ich habe von ihm genommen, was du brauchst. Eil dich. Die Rückseite dieses Käfigs brennt.
    Einen Augenblick lang fühlte ich mich wie gelähmt. Ich schaute Nachtauge an und konnte nicht fassen, was durch mich aus ihm geworden war. Er hatte etwas von der Unschuld des Tieres verloren. Merles Augen wanderten von ihm zu mir und zu dem Beutel auf dem Boden. Sie rührte sich nicht.
    Und du hast etwas von dem verloren, was dich zum Menschen macht. Wir haben keine Zeit für solche Gedanken, Bruder. Würdest du nicht einen Wolf töten, wenn es darum ginge, mein Leben zu retten?
    Diese Frage bedurfte keiner Antwort. »Der Schlüssel ist in dem Beutel da«, sagte ich zu Merle.
    Erst starrte sie nur darauf nieder, dann bückte sie sich und nestelte den schweren Eisenschlüssel aus der Ledertasche. Ich schaute zu, wie sie ihn ins Schlüsselloch steckte und betete nun, daß ich die Vorrichtung nicht zu arg beschädigt hatte. Sie drehte den Schlüssel, löste die Klammer und hob den Riegel von der Tür. »Nimm die Decken mit«, befahl sie, als ich herauskommen wollte. »Du wirst sie brauchen. Draußen ist es bitterkalt.«
    Die Rückwand meiner Zelle strahlte verräterische Hitze aus. Ich raffte die Decken von der Pritsche und griff nach meinem Umhang und den Handschuhen. Rauch quoll zwischen den Balken hervor. Wir flohen, begleitet von dem Wolf.
    In den Gassen nahm keiner von uns Notiz. Der Kampf gegen das Feuer war sinnlos geworden. Es hatte sich der ganzen Stadt bemächtigt und wütete nach Belieben. Die Menschen, die ich sah, waren damit beschäftigt, ihr

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