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Die Legende vom Weitseher 03 - Die Magie des Assassinen

Die Legende vom Weitseher 03 - Die Magie des Assassinen

Titel: Die Legende vom Weitseher 03 - Die Magie des Assassinen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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war. Mit meinen letzten Worten hatte ich diesen Racheschwur eines trotzigen Knaben zehnfältig eingelöst. Ich sah, wie Burrichs Brust sich mühsam hob, als versuche er, nach einem lähmenden Faustschlag tief Atem zu schöpfen. Der Ausdruck schmerzlicher Fassungslosigkeit, mit dem er mich anschaute, war derselbe, als hätte ich ihm ein Messer in den Leib gestoßen.
    Meine Wut war verraucht. Ich wußte nicht genau, woher dieser Schwall von Vorwürfen und Anklagen stammte, aber keine Macht der Welt konnte die Worte zurückholen, keine Entschuldigung machte sie ungesagt oder änderte etwas an ihrem Gift. Plötzlich hoffte ich, er würde mich schlagen, den Bann brechen, uns beide erlösen.
    Fahrig stand Burrich auf. Der Stuhl scharrte über den Boden, wackelte und kippte um. Burrich, den kein noch so großes Quantum Branntwein in die Knie zu zwingen vermochte, torkelte wie ein Betrunkener zur Tür und hinaus in die Dunkelheit. Ich saß still und spürte, wie etwas in mir stille schwieg. Ich hoffte, es wäre mein Herz.
    Schweigen, eine Ewigkeit, dann seufzte Chade tief auf. »Warum?« fragte er leise.
    »Ich weiß nicht.« Das Lügen war so leicht. Chade selbst hatte es mich gelehrt. Beinahe hätte ich versucht, es ihm zu erklären, aber nein. Ich hörte mich selbst um die Wahrheit herumreden. »Vielleicht mußte ich mich von ihm frei machen, von allem, was er für mich getan hat, selbst wenn ich es nicht wollte. Er muß damit aufhören, mir Gutes zu tun, das ich ihm nie vergelten kann. Er muß damit aufhören, Opfer zu bringen, die mich auf ewig zu seinem Schuldner machen. Ich will nicht mehr in seiner Schuld stehen. Ich will keinem Menschen irgend etwas schulden.«
    Chade ließ sich Zeit mit einer Antwort; als er schließlich sprach, klang seine Stimme nüchtern. Die langen, schmalen Hände lagen auf seinen Oberschenkeln, ruhig, gelöst, aber seine grünen Augen glänzten kupfern und verrieten, wie es in ihm aussah. »Seit deiner Rückkehr aus dem Bergreich kam es mir vor, als hättest du einen Dämon im Leib, der dich zwingt, Händel anzufangen. Mit jedem x-beliebigen. Wenn du als Junge widerborstig oder mürrisch gewesen bist, konnte ich es damit entschuldigen, daß du ein Kind warst, mit dem Urteilsvermögen eines Kindes und dem Trieb, sich gegen die Bevormundung durch Erwachsene aufzulehnen. Aber nach deiner Rückkehr schwelte in dir ein... Groll. Wie eine Herausforderung an die ganze Welt, es doch zu versuchen und dich umzubringen. Nicht nur, daß du dich Edel in den Weg gestellt hast; wo immer die Gefahr für dich am größten war, bist du mit beiden Füßen hineingesprungen. Burrich war nicht der einzige, der es gemerkt hat. Denk nur an das vergangene Jahr: Wann immer ich mich umdrehte, hier war Fitz, allein gegen die Welt, mitten in einer Prügelei, im dichtesten Schlachtgetümmel, von Kopf bis Fuß in Verbände gewickelt, trunken wie tausend Mann oder schwach wie ein junges Kätzchen und nach Elfenrinde winselnd. Wann hast du je ruhig und überlegt gehandelt, wann warst du fröhlich mit deinen Freunden, wann warst du je eins mit dir selbst? Wenn du nicht auf deine Feinde losgegangen bist, dann auf deine Freunde. Was ist zwischen dir und dem Narren vorgefallen? Wo ist Molly jetzt? Eben hast du Burrich vertrieben. Wer kommt als nächstes an die Reihe?«
    »Du wahrscheinlich.« Ich wollte es nicht aussprechen, aber die Worte ließen sich nicht zurückhalten. Es war Zeit.
    »Wenn das dein Ziel ist, hast du es fast erreicht, nach der Art, wie du mit Burrich umgegangen bist.«
    »Dessen bin ich mir bewußt.« Ich hielt seinem Blick stand. »Seit langem habe ich dir nichts mehr recht machen können. Oder Burrich. Überhaupt scheine ich in letzter Zeit keine vernünftige Entscheidung treffen zu können.«
    »Da muß ich dir zustimmen«, pflichtete Chade mir schonungslos bei.
    Das genügte, um meinen Zorn neu zu entfachen. »Vielleicht liegt es daran, daß ich niemals Gelegenheit hatte, meine eigenen Entscheidungen zu treffen. Vielleicht war ich zu lange für jedermann das Kind. Burrichs Stallbursche, dein Schüler, Veritas’ kleiner Brudersohn, Philias Page. Wann durfte ich einfach nur ich selbst sein, eigene Wege gehen?«
    »Wann nicht?« erwiderte Chade ebenso hitzig. »Seit deiner Rückkehr aus den Bergen hast du nichts anderes getan, als deinen Dickkopf durchzusetzen. Du bist zu Veritas gegangen, um zu sagen, du willst nicht mehr Assassine sein – ausgerechnet als lautlose Arbeit dringend vonnöten war. Philia

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