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Die Legende vom Weitseher 03 - Die Magie des Assassinen

Die Legende vom Weitseher 03 - Die Magie des Assassinen

Titel: Die Legende vom Weitseher 03 - Die Magie des Assassinen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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wenn nicht der Vasall des Königs? Was bist du? Wohin würdest du gehen?«
    Wohin würde ich gehen, wäre ich frei? Zu Molly, schrie mein Herz. Ich schüttelte den Kopf und verdrängte den Gedanken, bevor er mir weh tun konnte. Nein. Schon bevor ich mein Leben verlor, hatte ich sie verloren. Ich bedachte meine sinnlose, bittere Freiheit. Es gab genaugenommen nur einen Ort, wohin ich gehen konnte. Ich bemühte mich, Burrichs zwingendem Blick standzuhalten. »Weg. Irgendwohin. Nach Chalced, nach Bingtown. Ich kann gut mit Tieren umgehen, ich bin auch ein recht guter Schreiber. Ich würde überleben.«
    »Mag sein. Aber überleben ist nicht dasselbe wie leben.«
    »So, und was braucht es dazu?« brauste ich auf. Weshalb mußten sie es mir so schwermachen? Worte und Gedanken brachen aus mir heraus wie Eiter aus einer schwärenden Wunde. »Du willst, daß ich mein Leben einem König weihe und auf alles andere verzichte, wie du es getan hast. Ich soll die Frau aufgeben, die ich liebe, um in hündischer Ergebenheit einem König zu folgen, wie du es getan hast. Und als dieser König dich im Stich ließ? Du hast es geschluckt, du hast seinen Bastard großgezogen. Dann hat man dir alles weggenommen, Ställe, Pferde, Hunde, Befehlsgewalt. Nichts haben sie dir gelassen, nicht einmal ein Dach über dem Kopf, diese Könige, denen du dein Leben zu Füßen gelegt hast. Und du? Weil dir nichts anderes geblieben war, hast du dich an mich gehängt, hast den Bastard aus dem Sarg gezerrt und ihn gezwungen, ins Leben zurückzukehren. In ein Leben, das ich hasse, ein Leben, das ich nicht will!« Ich starrte Burrich aus brennenden Augen an.
    Burrichs Gesicht war bleich wie das eines Todkranken. Die Bestürzung hatte ihn stumm gemacht. Ich wollte aufhören, aber etwas trieb mich weiter. Der Zorn fühlte sich gut an, wie ein reinigendes Feuer. Ich ballte die Fäuste und schleuderte ihm meine Vorwürfe entgegen. »Weshalb bist du immer da? Weshalb stellst du mich immer wieder auf die Füße, damit sie mich niederschlagen können? Für was? Damit ich mich in deiner Schuld fühle? Damit ich dir ein Recht auf mein Leben einräume, weil du es nicht fertiggebracht hast, dir ein eigenes aufzubauen? Du willst doch nichts anderes, als mich zu deinem Ebenbild machen, zu einem Mann ohne eigenes Leben, einem Mann, der alles aufgibt für seinen König. Begreifst du nicht, daß Leben mehr bedeutet, als der Schatten eines anderen Menschen zu sein?«
    Trotz der hitzigen Wut, in die ich mich hineingesteigert hatte, senkte ich den Blick vor dem schmerzlichen Erstaunen in Burrichs Augen. »Nein«, erklärte ich nach einem tiefen Atemzug dumpf, »du kannst es nicht verstehen, kannst es nicht wissen. Du kannst dir nicht im entferntesten vorstellen, was du mir genommen hast. Ich müßte tot sein, aber du wolltest mich nicht sterben lassen. Alles in der besten Absicht, immer in dem Glauben, du tust das Richtige, ungeachtet meiner Schmerzen. Aber wer hat dir dieses Recht über mich gegeben? Wer hat verfügt, daß du mir das antun darfst?«
    Totenstille, nur durchbrochen vom Klang meiner Stimme. Chade saß da wie aus Stein, und der Ausdruck auf Burrichs Gesicht machte mich nur noch zorniger. Ich sah, wie er um Beherrschung rang, sich unmerklich straffte. Mit ruhiger Würde sagte er: »Dein Vater hat mich mit dieser Aufgabe betraut, Fitz. Ich habe mein Möglichstes für dich getan, mein Junge. Der letzte Auftrag meines Königs. Chivalric sagte zu mir: ›Ich gebe meinen Sohn in deine Obhut, sieh zu, daß er mir Ehre macht.‹ Und ich...«
    »Und du hast die nächsten zehn Jahre deines Lebens damit vergeudet, den Bastard eines anderen Mannes aufzuziehen«, fiel ich ihm mit beißendem Sarkasmus ins Wort. »Hast dich um mich gekümmert, weil es das einzige ist, wovon du wirklich etwas verstehst. Dein ganzes Leben lang, Burrich, hast du dich um einen anderen gekümmert, hast einen anderen wichtiger genommen, hast auf ein Leben nach eigener Fasson verzichtet, zugunsten eines anderen. Treu wie ein Hund! Hast du je daran gedacht, dein eigener Herr zu sein, deine eigenen Entscheidungen zu treffen? Oder hängst du deshalb an der Flasche, aus Angst davor?« Meine Stimme, immer lauter geworden, überschlug sich. Ich verstummte und schaute Burrich schweratmend an. Als Kind, auch noch als Halbwüchsiger, hatte ich mir oft geschworen, daß Burrich eines Tages für jeden Knuff und Puff bezahlen würde, für jede Box, die er mir auszumisten befahl, wenn ich schon zum Umfallen müde

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