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Die Legende vom Weitseher 03 - Die Magie des Assassinen

Die Legende vom Weitseher 03 - Die Magie des Assassinen

Titel: Die Legende vom Weitseher 03 - Die Magie des Assassinen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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Nacht. Licht vom Herd und einigen Kerzen. Chade und der Narr und eine Flasche Machander. Und ich. Mein Rücken fühlte sich keinen Deut besser an. Mein Fieber war keinen Deut gesunken. Bevor ich den Mund aufmachen konnte, um zu fragen, hielt der Narr mir eine Tasse an die Lippen. Abscheulicher Weidenrindentee, aber ich war so durstig, daß ich alles austrank. Der nächste Becher, den er mir anbot, enthielt Fleischbrühe, wunderbar salzig. »Ich habe solchen Durst«, sagte ich mühsam, als der Becher leer war. Mein Mund war klebrig und pappig.
    »Du hast viel Blut verloren«, erklärte Chade unnötigerweise.
    »Willst du noch etwas Brühe?« erkundigte sich der Narr.
    Ich brachte ein angedeutetes Kopfnicken zustande. Der Narr ging zum Herd, derweil beugte Chade sich vor und flüsterte drängend: »Fitz, sag mir eins – haßt du mich?«
    Im ersten Augenblick wußte ich es wahrhaftig nicht. Aber die Vorstellung, Chade zu hassen, bedeutete einen zu großen Verlust. Ich hatte zu wenig Freunde auf der Welt. Ich konnte es mir nicht leisten, einen davon zu hassen, deshalb schüttelte ich matt den Kopf. »Aber«, ich hatte Mühe, mit meinen aufgesprungenen Lippen die Worte zu formen, »nimm mir nicht mein Kind.«
    »Hab keine Angst.« Seine knochige Hand strich mir das Haar aus dem Gesicht. »Sofern Veritas lebt, besteht keine Notwendigkeit dazu. Vorläufig ist sie dort am sichersten, wo sie ist. Und wenn König Veritas zurückkehrt und den Thron besteigt, werden er und Kettricken eigene Kinder haben.«
    »Versprochen?«
    Er erwiderte meinen Blick. Der Narr kam mit dem Becher, und Chade trat zur Seite, um ihm Platz zu machen. Diesmal war die Brühe heißer, jeder Schluck ein Lebenselixier. Als ich ausgetrunken hatte, fühlte ich mich kräftiger. »Chade«, sagte ich. Er war zum Herd hinübergegangen und starrte ins Feuer. Jetzt drehte er sich wieder zu mir herum.
    »Du wolltest mir etwas versprechen«, erinnerte ich ihn.
    Ein harter Zug grub sich um seinen Mund. »Es wäre eine Lüge«, sagte er ernst. »Die Zeiten sind zu unsicher, als daß ich ein solches Versprechen geben könnte.«
    Lange Zeit schaute ich ihn schweigend an. Nach einer Weile schüttelte er leicht den Kopf und wandte den Blick zur Seite. Er konnte mir nicht in die Augen sehen. Doch er war aufrichtig gewesen, und nun lag es an mir.
    »Du kannst mich haben«, erklärte ich fest. »Und ich werde alles tun, was in meinen Kräften steht, um Veritas zu finden und ihm zu helfen, seinen Thron wiederzugewinnen. Du kannst meinen Tod haben, falls es nötig ist. Mehr als das, du kannst mein Leben haben, Chade. Aber nicht mein Kind. Nicht meine Tochter.«
    Er sah mir in die Augen und nickte bedächtig.
     
    Die Genesung war ein langsamer und mit Schmerzen verbundener Prozeß. Genaugenommen hätte ich es genießen müssen, das weiche Bett, reichliche Mahlzeiten, schlafen soviel ich wollte. Das Gegenteil war der Fall. Die erfrorene Haut an Fingern und Zehen begann sich abzulösen. An jedem Stück Stoff blieb ich damit hängen, und die neue Haut darunter war furchtbar empfindlich. Täglich erschien die Heilerin, um mich zu piesacken. Sie bestand darauf, die Wunde müsse offengehalten werden, damit das Sekret abfließen könne. Ihr Herumfuhrwerken mit den übelriechenden Verbänden und das Stochern in der Wunde, damit sie nicht zu schnell verheilte, zerrten an meiner Geduld. Sie erinnerte mich an eine Aaskrähe auf einem sterbenden Tier; als ich ihr das eines Tages wenig höflich an den Kopf warf, lachte sie.
    Nach einiger Zeit konnte ich aufstehen und umhergehen, aber nur vorsichtig. Jeder Schritt, jede Handbewegung wollte bedacht sein. Ich lernte, die Ellbogen eng am Leib zu halten, um die Rückenmuskulatur nicht unnötig zu beanspruchen, lernte zu gehen, als balancierte ich einen Korb mit rohen Eiern auf dem Kopf. Trotzdem ermüdete ich rasch, und wenn ich mich zu sehr anstrengte, kehrte nachts das Fieber zurück. Jeden Tag suchte ich die Bäder auf, doch während ich die Wohltat des heißen Wassers genoß, mußte ich daran denken, daß ich hier nach Edels Willen hätte ertrinken sollen, daß hier Burrich, der mir zur Hilfe eilen wollte, fast erschlagen worden war. Komm zu mir, komm zu mir, begann anschließend wieder der Reigen in meinem Kopf, und bald drehten meine Gedanken sich um nichts anderes mehr als um Veritas. All das half mir nicht, einen der Rekonvaleszenz förderlichen Zustand geistigen Gleichgewichts zu erreichen. Vielmehr ertappte ich mich dabei, wie ich

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