Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Legende vom Weitseher 03 - Die Magie des Assassinen

Die Legende vom Weitseher 03 - Die Magie des Assassinen

Titel: Die Legende vom Weitseher 03 - Die Magie des Assassinen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
Vom Netzwerk:
verharren. Ich stand knöcheltief in losem Schutt.
    »FitzChivalric?«
    Ich wandte langsam den Kopf. Kettricken und Krähe hatten uns eingeholt. Sie schauten zu mir hinunter. Beiden stand die Erschütterung über meine Lage ins Gesicht geschrieben. Kettricken besann sich als erste.
    »Krähe und ich gehen jetzt weiter. Bleib, wo du bist, rühr dich nicht. Sind Merle und die Jeppas drüben?«
    Ich brachte ein kleines Nicken zustande. Sprechen konnte ich nicht; mein Mund war zu trocken.
    »Ich hole ein Seil und komme zurück, so schnell es geht.«
    Wieder antwortete ich mit einem Nicken. Ich hätte mich halb umdrehen müssen, um ihnen nachzuschauen; deshalb ließ ich es bleiben. Auch einen Blick in die Tiefe ersparte ich mir. Der Wind streifte an mir vorbei; die Steine klickerten um meine Füße, und ich betrachtete das Gesicht des Narren.
    Er wog nicht viel für einen erwachsenen Mann. Immer schon war er schmächtig und zartgliedrig gewesen. Seine Zunge hatte ihm zur Verteidigung gedient, nicht seine Fäuste. Doch während ich dort stand und ihn auf den Armen hielt, wurde er schwerer und schwerer. Der Kreis aus Schmerz in meinem Rücken weitete sich langsam aus und legte sich wie eine Klammer um meinen Brustkasten, bis ich Mühe hatte zu atmen.
    Der Narr regte sich schwach. »Still«, flüsterte ich.
    Er hob müde die Lider und schaute zu mir auf. Seine Zunge versuchte die aufgesprungenen Lippen zu befeuchten. »Was tun wir?« fragte er krächzend.
    »Wir stehen stocksteif in der Mitte eines Bergrutsches.« Meine Kehle war so ausgedörrt, daß ich keine Stimme hatte.
    »Stell mich hin. Du brauchst mich nicht zu tragen«, sagte er matt.
    »Das weiß ich besser. Rühr dich nicht!«
    Ich konnte fühlen, wie er vorsichtig tief einatmete. »Weshalb bist du immer in der Nähe, wenn mir solche Dinge zustoßen?«
    »Ich könnte dich dasselbe fragen«, antwortete ich niederträchtig.
    »Fitz?«
    Dem Aufbegehren in meinem Rücken zum Trotz, drehte ich den Oberkörper, um nach oben zu schauen. Kettrickens Gestalt zeichnete sich als Silhouette vor dem Himmel ab. Sie hatte ein Jeppa bei sich, das Leittier; an dem leeren Packsattel war ein Seil festgebunden.
    »Ich werde dir das Seil zuwerfen. Nicht auffangen. Laß es hinfallen; dann heb es auf und binde es dir um. Verstanden?«
    »Ja.«
    Sie konnte meine Antwort nicht gehört haben, doch sie nickte mir ermutigend zu. Im nächsten Augenblick flog das Seil durch die Luft und schlängelte sich zu mir herunter. Weniger als eine Armeslänge neben mir fiel es zu Boden und störte eine Handvoll Grus auf, der als Rinnsal ein, zwei Meter weit strömte und versickerte. Ich schloß für einen Augenblick die Augen. Dann richtete ich den Blick auf das Seil und stählte meinen Willen.
    »Narr, kannst du dich an mir festhalten? Ich muß versuchen, das Seil aufzuheben.«
    »Ich kann stehen«, wiederholte er sein Angebot.
    »Vielleicht wirst du es müssen«, gab ich widerwillig zu. »Sei auf alles vorbereitet. Aber was auch geschieht, halte dich an mir fest.«
    »Nur wenn du versprichst, das Seil festzuhalten.«
    »Ich werde mein Bestes tun.«
    Mein Bruder, sie haben an unserem Lagerplatz haltgemacht. Von den sechs Männern...
    Nicht jetzt, Nachtauge!
    Drei sind nach unten gegangen, wie du es getan hast, drei sind bei den Pferden geblieben.
    Nicht jetzt!
    Der Narr hob die Arme, um sich an meinen Schultern festzuhalten. Die vermaledeiten Decken, in denen er steckte, waren überall, wo ich sie nicht brauchen konnte. Ich drückte ihn mit einem Arm an mich und brachte es irgendwie fertig, den rechten zu befreien und gleichzeitig das Gewicht meines Gefährten damit zu stützen. Ein vollkommen unangebrachtes Lachen kitzelte mich in der Kehle. Diese ganze Situation war so hoffnungslos grotesk und lebensgefährlich. Von allen möglichen Arten zu sterben, die ich mir für mich ausgemalt hatte – ein Szenario wie dies hier wäre mir nie eingefallen. Ich begegnete dem Blick des Narren und entdeckte darin die gleiche panikerfüllte Heiterkeit.
    »Sei bereit«, sagte ich zu ihm und ging in die Hocke, um nach dem Seil zu greifen. Jeder angespannte Muskel in meinem Körper schrie auf und verkrampfte sich.
    Eine Handbreit. Eine Handbreit Abstand zwischen meinen Fingerspitzen und dem Seil. Ich schaute in die Höhe, wo Kettricken und das Jeppa warteten. Mir kam zu Bewußtsein, daß ich gar nicht wußte, wie es weitergehen sollte, sobald ich das Seil ergriffen hatte. Zu spät, um innezuhalten und sich Gedanken zu

Weitere Kostenlose Bücher