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Die Legende vom Weitseher 03 - Die Magie des Assassinen

Die Legende vom Weitseher 03 - Die Magie des Assassinen

Titel: Die Legende vom Weitseher 03 - Die Magie des Assassinen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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für ihn gewesen, ein Rivale um die Liebe seines Vaters und im Besitz dieser unheimlichen Alten Macht, die er weder verstehen noch vernichten konnte. Für Edel war jeder andere Mensch auf der Welt entweder ein Werkzeug oder eine Bedrohung. Alle Bedrohungen pflegte er zu beseitigen.
    Wahrscheinlich war ihm nie in den Sinn gekommen, daß ich von ihm nichts anderes wollte, als in Ruhe gelassen zu werden.

Kapitel 35
Krähes Geheimnis
     
    Nirgends findet sich ein Hinweis darauf, wer die Zeugensteine aufrichtete, die sich auf einem Hügel in der Nähe von Bocksburg erheben. Wer sie betrachtet, gewinnt schnell den Eindruck, daß sie bereits dort standen, bevor jemand an die Gründung der Burg dachte. Ihre angeblichen Kräfte haben wenig mit Eda und El zu tun, aber die Menschen der Umgebung glauben dennoch mit einer unbeirrbaren religiösen Überzeugung an ihre Macht. Auch solche, die verkünden, es gäbe keine Götter, würden zögern, vor den Zeugensteinen einen falschen Eid zu schwören. Schwarz und verwittert ragen die pfeilerartigen Steine empor, falls sie je eine Inschrift irgendwelcher Art getragen haben, wurde sie von Wind und Wetter ausgelöscht.
     
    Veritas war der erste, der an diesem Morgen erwachte. Kaum daß das erste Tageslicht der Welt die Farbe wiedergab, taumelte er aus dem Zelt. »Mein Drache!« rief er und blinzelte schlaftrunken. »Mein Drache!« Als könnte er ohne ihn davongeflogen sein.
    Auch nachdem ich Veritas versichert hatte, seinem Drachen wäre keine Unbill zugestoßen, führte er sich auf wie ein verzogenes Kind. Er wollte augenblicklich wieder an die Arbeit gehen. Nur mit größter Mühe konnte ich ihn überreden, einen Becher Tee zu trinken und ein Stück von dem haltbar gemachten Fleisch zu essen. Auf den Haferbrei wollte er nicht warten; statt dessen machte er sich, das Fleisch in der einen, das Schwert in der anderen Hand, auf den Weg. Über Kettricken verlor er kein Wort. Wenig später tönte das Scharren von Metall auf Stein wieder ins Lager. Der Schatten des früheren Veritas, den ich am Abend zuvor gesehen hatte, war im Licht des Morgens verschwunden.
    Es war merkwürdig, einen neuen Tag zu beginnen und nicht sofort das Zelt abzubauen und die Jeppas zu beladen. Alle waren gedrückter Stimmung. Kettricken hatte verweinte Augen und sprach kein Wort; Krähe war mürrisch und wortkarg. Der Wolf verdaute noch die Unmengen Fleisch, die er tags zuvor verschlungen hatte, und wollte nichts anderes als schlafen. Merle schien uns allen zu grollen, als hätten wir Schuld, daß bei unserer Suche kein Heldenepos herausgekommen war. Nach dem Frühstück verkündete sie, sie werde sich um die Jeppas kümmern und anschließend in dem Bach, den der Narr gefunden hatte, einen Waschtag veranstalten. Krähe erklärte sich verdrossen bereit, um der Sicherheit willen mitzugehen, obwohl ihr Blick immer wieder zu Veritas’ Drachen schweifte. Kettricken war hinaufgestiegen und schaute trübsinnig zu, wie ihr Gemahl und König den schwarzen Stein bearbeitete. Ich beschäftigte mich derweil damit, das gedörrte Fleisch einzusammeln und zu verpacken, legte neues Holz auf das Feuer und verteilte das restliche Fleisch darüber.
    »Gehen wir«, forderte der Narr mich auf, sobald ich fertig war.
    »Wohin?« Ich sehnte mich nach einem Nickerchen.
    »Mädchen-auf-einem-Drachen«, erinnerte er mich und war schon auf dem Weg, ohne sich auch nur durch einen Blick über die Schulter zu vergewissern, daß ich ihm folgte. Er wußte, ich konnte nicht anders.
    »Ich halte das für einen närrischen Einfall«, rief ich ihm hinterher.
    »Genau«, antwortete er grinsend und sprach kein Wort mehr, bis wir bei dem gigantischen Steinbildnis anlangten.
    Die Drachenreiterin schien heute morgen stiller zu sein, oder vielleicht gewöhnte ich mich allmählich an das unstete Flackern Alter Macht in dem schwarzen Stein. Der Narr zögerte nicht, sondern kletterte sofort auf den Sockel hinauf. Ich folgte ihm.
    »Für mich sieht sie heute anders aus«, meinte ich.
    »Inwiefern?«
    »Kann ich nicht sagen.« Ich musterte den geneigten Kopf und die auf ihren Wangen erstarrten steinernen Tränen. »Fällt dir keine Veränderung auf?«
    »So genau habe ich sie mir gestern nicht angesehen.«
    Nun, wo es ernst wurde, schien der Übermut des Narren verpufft zu sein. Sehr behutsam legte ich eine Hand auf den Rücken des Drachen. Die einzelnen Schuppen waren so kunstvoll gearbeitet, die Linien des mächtigen Körpers so natürlich, daß ich fast

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