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Die Legende vom Weitseher 03 - Die Magie des Assassinen

Die Legende vom Weitseher 03 - Die Magie des Assassinen

Titel: Die Legende vom Weitseher 03 - Die Magie des Assassinen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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für mich sah es aus wie das Lächeln eines Bären. Auch Rolf hatte die Haltung eines Bären: den schaukelnden Gang, die Art, bedächtig den Kopf von einer Seite zur anderen zu wiegen. Seine Gefährtin hinter ihm nickte nur. Sie hob den Kopf, und ich folgte ihrem Blick zu einem kleinen Falken, der auf einem der Balken unter dem Dach saß. Sein starres Auge durchbohrte mich. Die Balken trugen weiße Streifen von seinem Kot.
    »Du meinst die Alte Macht, die Tiermagie?«
    »Nein. So wird sie nur von denen genannt, die nichts davon verstehen, die sie fürchten. Jene von uns, die vom Alten Blut sind, nennen sie nicht so.« Er trat an einen aus dicken Brettern gezimmerten Schrank und nahm heraus, was zu einer reichhaltigen Mahlzeit gehörte. Geräucherte Lachshälften und einen Laib Brot mit eingebackenen Nüssen und Früchten. Die Bärin stellte sich auf die Hintertatzen, dann ließ sie sich wieder auf alle viere fallen und schnüffelte erwartungsvoll. Flugs hatte sie sich eine Fischhälfte vom Tisch stibitzt, die zwischen ihren Kiefern jämmerlich klein aussah, watschelte damit in ihre Ecke und machte sich mit dem Rücken zu uns darüber her. Die Frau hatte schweigend auf einem Stuhl Platz genommen, von dem aus sie den ganzen Raum überblicken konnte. Als ich sie anschaute, lächelte sie und deutete ihrerseits einladend auf den gedeckten Tisch. Dann verfiel sie wieder in die Rolle der schweigenden Beobachterin.
    Mir lief beim Anblick des Essens das Wasser im Mund zusammen. Ich konnte mich kaum erinnern, wann ich zum letztenmal richtig satt gewesen war, und seit vorgestern hatte ich kaum etwas zwischen die Zähne bekommen. Ein leises Winseln von draußen gemahnte mich daran, daß es Nachtauge nicht besser ging. »Kein Käse, keine Butter«, warnte Rolf mich ernsthaft. »Die Stadtsoldaten haben mich ausgeplündert, bevor ich etwas einkaufen konnte. Aber wir haben Fisch und Brot zu Genüge und Honig als Brotaufstrich. Greif zu.«
    Unwillkürlich huschte mein Blick zur Tür.
    »Ihr beide seid eingeladen«, betonte er nochmals. »Bei denen vom Alten Blut gelten zwei als einer. So ist es Brauch.«
    Nachtauge?
    Ich werde bis zur Tür kommen.
    Einen Augenblick später strich ein grauer Schatten an der Türöffnung vorüber. Ich spürte, wie er die Umgebung der Hütte auskundschaftete und die Gerüche in sich aufnahm, die von der Witterung der Bärin überlagert wurden. Einmal spähte er kurz zu uns herein, dann unternahm er einen zweiten Erkundungsgang. Nicht weit von der Hütte entdeckte er unter Laub und Erde die Reste eines Rehkadavers. Unverkennbar das Vorratslager eines Bären. Ich mußte ihn nicht erst warnen, sich davon fernzuhalten. Endlich kam er zur Tür zurück und setzte sich davor nieder.
    »Bring ihm Futter, wenn er nicht hereinkommen mag«, forderte Rolf mich auf. »Wir halten nichts davon, einen Gefährten zu zwingen, wider seine natürlichen Instinkte zu handeln.«
    »Ich danke dir«, sagte ich. Es klang steif, aber ich wußte nicht, welches Benehmen hier angebracht war. Ich nahm eine Lachshälfte vom Tisch und warf sie Nachtauge zu, der sie geschickt aus der Luft schnappte. Einen Augenblick saß er da, den Fisch zwischen den Zähnen, und wußte offenbar nicht, was tun. Er konnte nicht fressen und gleichzeitig seine Wachsamkeit aufrechterhalten. Lange Speichelfäden troffen ihm von den Lefzen, während er wie gelähmt in seinem Dilemma verharrte. Iß, ermutigte ich ihn. Ich glaube nicht, daß man Böses gegen uns im Schilde führt.
    Mehr brauchte er nicht. Er ließ den Fisch zu Boden fallen, stellte die Pfote darauf und riß einen großen Fetzen ab, den er mit einem Happ hinunterschlang. Sein Beispiel schärfte meinen eigenen Hunger. Ich schaute zum Tisch und stellte fest, daß Rolf der Schwarze mir eine dicke Scheibe Brot abgeschnitten und mit Honig bestrichen hatte. Er schenkte sich Met ein. Mein Humpen stand bereits gefüllt neben meinem Teller.
    »Fang an, warte nicht auf mich«, forderte er mich erneut auf, und als ich aus den Augenwinkeln zu der Frau schaute, lächelte sie.
    »Seid willkommen in unserem Haus, und teilt mit uns, was wir haben«, sagte sie freundlich, stand auf, kam zum Tisch und tat sich ein wenig Fisch auf den Teller und ein kleines Stück Brot. Ich ahnte, daß sie mir damit die Befangenheit nehmen wollte. »Greif zu«, bat sie und fügte hinzu: »Wir können deinen Hunger wahrnehmen, mußt du wissen.« Statt sich zu uns zu setzen, kehrte sie mit dem Teller zu ihrem Platz neben dem Kamin

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